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INTERNATIONAL/123: US-Gericht stellt sich weitgehend hinter Gesetz gegen Verwendung von Blutmineralien (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. April 2014

Menschenrechte: US-Gericht stellt sich weitgehend hinter Gesetz gegen die Verwendung von Blutmineralien

von Carey L. Biron



Washington, 17. April (IPS) - Das zweithöchste Gericht der USA hat sich weitgehend hinter ein bahnbrechendes Gesetz aus dem Jahre 2010 gestellt, das dem Einkauf von 'Blutmineralien' vorbeugen soll. Es verpflicht börsennotierte US-Unternehmen dazu, Vorkehrungen zu treffen, damit die von ihnen verwendeten Rohstoffe nicht den bewaffneten Gruppen Zentralafrikas in die Hände spielen.

Für die Unternehmen bedeutet das am 14. April gefällte Urteil, dass sie bis Ende Mai ihre entsprechenden Berichte für 2013 bei der US-Börsenaufsicht einreichen müssen. Die als Paragraph 1502 bekannte Regelung ist zwar schon vor vier Jahren in Kraft getreten, hing aber aufgrund rechtlicher Unsicherheiten in der Schwebe.

"Die richterliche Entscheidung beinhaltet einige ermutigende Aspekte", meinte Corinna Gilfillan, Leiterin der Transparenz-Initiative 'Global Witness' mit Sitz in Washington. "Als Quintessenz lässt sich sagen, dass das Gesetz nicht rückgängig gemacht wurde und die Unternehmen nun in die Gänge kommen müssen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen."

Die Konfliktmineralien-Regelung war 2010 als Teil eines umfangreichen Finanzindustriegesetzes ('Dodd-Frank Act') in geltendes Recht überführt worden. Zwei Jahre später, im August 2012, legten die US-Verordnungsgeber die letzten Details fest, an die sich die börsennotierten US-Unternehmen bereits seit Anfang 2013 halten müssen.


Vorsorgenachweispflicht

Die Vorschriften gelten insbesondere für Unternehmen, die Mineralien aus zentralafrikanischen Ländern wie Gold, Zinn, Wolfram und Tantal zur Herstellung elektronischer Geräte verwenden. Die Firmen müssen nachweisen, dass sie die nötige Vorsorge getroffen haben, um auszuschließen, dass bewaffnete Gruppen von den von ihnen eingekauften Bodenschätzen profitieren.

Doch einflussreiche Handelsorganisationen, die die Interessen von US-Geschäftsleuten und Herstellern vertreten, legten unverzüglich Rechtsmittel gegen Paragraph 1502 ein. Sie argumentierten unter anderem, dass die Konfliktmineralien-Regelung den US-Konzernen erhebliche Zusatzkosten verursachen würde, die die US-Regulatoren der 'Securities and Exchange Commission' (SEC) nicht berücksichtigt hätten.

Eine weitere Vorschrift im Dodd-Frank-Gesetz sieht vor, dass große Bergbaukonzerne alle Zahlungen von Seiten ausländischer Regierungen offenlegen müssen. Diese Regelung war zunächst von einem Gericht ausgehebelt worden, dann aber im Juli 2013 von einem Richter mit der Begründung bestätigt worden, dass die in Paragraph 1502 enthaltenen Vorschriften sehr wohl mit den Zielvorstellungen des US-Kongresses zusammenpassten.

Der US-Kongress hatte Paragraph 1502 in der Hoffnung gebilligt, auf diese Weise dazu beizutragen, die Gewalt in Afrikas Region der Großen Seen und insbesondere in der DRC zu verringern. Untersuchungen der Vereinten Nationen und anderen Organisationen zufolge finanzieren die Rebellen in der Region ihre Aktivitäten vor allem mit Mineralien, die in der Elektronikindustrie gefragt sind.

Die insgesamt drei vorangegangenen Urteile wurden nun von dem dreiköpfigen Gericht bestätigt. Allerdings kam es den Unternehmen in einem Punkt entgegen, sodass alle an dem Verfahren beteiligten Parteien Anspruch auf einen juristischen Sieg erhoben. So sollen sie dazu genötigt werden, sich auf ihren Verpackungen als 'konfliktfrei' oder nicht zu outen.


Keine Auszeichnungspflicht

Das US-Recht sieht in gewissen Fällen eine Offenbarungspflicht vor. Sie gilt allerdings in der Regel für Fälle, in denen die Faktenlage klar ist. Im Zusammenhang mit den Konfliktmineralien sei diese Voraussetzung nicht gegeben, befanden die Richter. So könne nicht eindeutig geklärt werden, ob es sich bei der Zertifizierung eines Produkts als 'konfliktfrei' um eine Tatsache oder Ideologie handele.

Das Label 'konfliktfrei' impliziere eine moralische Verantwortlichkeit für den Krieg im Kongo, so das Gericht. Es verlange von den Herstellern, dass sie den Verbrauchern mitteilten, dass ihre Produkte ethnisch fragwürdig sein könnten, selbst wenn sie bewaffnete Gruppen nur indirekt finanzierten. "Indem das Gesetz Hersteller zu dem Zugeständnis zwingt, dass an ihren Händen Blut klebt, verstößt es gegen die Redefreiheit."

Noch ist unklar, ob die SEC diesen Teil des Urteils vor dem Obersten Gerichtshof der USA anfechten wird. Fest steht, dass den Menschenrechtsorganisationen ein Druckmittel genommen wurde, von dem sie sich erhofft hatten, Unternehmen auf Linie zu bringen. "Der Richterspruch ist ein Rückschritt für den Kampf, die Gräuel in der Region der Großen Seen zu verhindern", meinte deshalb Holly Dranginis vom 'Enough Project' in Washington.

Allerdings ist das gleiche Gericht mit einem Fall befasst, der das Urteil über die Redefreiheit wieder zu Fall bringen könnte. So haben einige Richter bereits dafür gestimmt, dass Fleischproduzenten die Herkunft ihrer Ware auf den Verpackungen angeben müssen. Bis Mitte Mai muss der Fall von allen Richtern gehört werden.

Paragraph 1502 stellt die Unternehmen vor die komplexe Aufgabe, die gesamte Lieferkette auf Konfliktmineralien hin zu untersuchen. Während einige Beobachter der Ansicht sind, dass dies nicht funktionieren werde, erklärten andere, dass sich die Regelung bereits als erfolgreich herausgestellt habe. So stammten mehr als zwei Drittel der Mineralien inzwischen aus Minen, die nicht von bewaffneten Gruppen kontrolliert würden.


6.000 Berichte bis Ende Mai

Das Urteil vom 14. April bedeutet für 6.000 US-Unternehmen, der SEC bis spätestens Mitte Mai ihre Berichte für 2013 einzureichen und diese auf ihren Webseiten zu veröffentlichen.

Die Klage gegen den Paragraph 1502 war von drei der größten Wirtschaftsverbände der Vereinigten Staaten, der 'National Association of Manufacturers' (NAM), der US-Handelskammer und dem 'Business Roundtable' eingereicht worden.

In einer gemeinsamen Erklärung gegenüber IPS begrüßten sie den jüngsten Richterspruch. "Wir sind sehr zufrieden mit der Entscheidung (...) wonach das Gesetz und die Regelung verfassungswidrig ist", heißt es in der Stellungnahme. "Wir verstehen den Ernst der menschenrechtlichen Lage in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) und verabscheuen die Gewalt in diesem Land, doch ist dieses Gesetz nicht das geeignete Mittel zur Lösung des Problems."

Es gibt allerdings eine Reihe von Unternehmen, die sich bereits an Paragraph 1502 halten. Dazu gehört auch die die NAM-Mitglied 'Intel'. Im Januar versprach das Unternehmen, alles zu tun, um zu verhindern, dass seine Produkte Blutmineralien enthielten. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/04/court-upholds-u-s-conflict-minerals-law/

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IPS-Tagesdienst vom 17. April 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. April 2014