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INTERNATIONAL/134: Breiter Rückenwind für internationales Korruptionsgericht (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. November 2014

Menschenrechte:
Breiter Rückenwind für internationales Korruptionsgericht

von Carey L. Biron



Washington, 21. November (IPS) - Der Vorschlag eines US-Bundesrichters, einen internationalen Gerichtshof einzurichten, um politische Korruption zu ahnden, findet unter Vertretern der Zivilgesellschaft, der Politik und der Wirtschaft immer mehr Zuspruch.

Die Idee für ein solches Tribunal stammt von dem Bundesrichter Mark L. Wolf. Wie er kürzlich vor dem US-Kongress erklärte, könnte der Internationale Gerichtshof gegen Korruption (IACC) seit Juli diesen Jahres mit einer beeindruckenden Unterstützung rechnen.

Wolf berichtete über fortlaufende Gespräche mit Vertretern der US-Regierung und der Weltbank. Außerdem hat der neue Menschenrechtshochkommissar Zeid Ra'ad Hussein den IACC-Vorschlag zu seiner Chefsache erklärt. Hussein war eine treibende Kraft hinter der Einrichtung des Internationalen Strafgerichtshofs, der dem IACC Modell stehen könnte.

In einem nächsten Schritt wird sich Wolf nun mit Vertretern großer transnationaler Konzerne beraten. "Generell ist amerikanischen Unternehmen daran gelegen, sich ethisch zu verhalten. Ihnen ist klar, dass sie von einem ebeneren Spielfeld profitieren würden, das der IACC bereitstellen würde", versicherte er.

Viele Beobachter hat überrascht, wie schnell der Kongress den US-Bundesrichter zu dem Briefing in diesem Monat einbestellt hatte. Das zeigt im Grunde, dass bei Demokraten und Republikanern gleichermaßen der Wunsch besteht, dem Missbrauch öffentlicher Ämter zur persönlichen Bereicherung einen Riegel vorzuschieben.

Korruption wird inzwischen mehr als ein Menschenrechtsverbrechen denn als Diebstahl betrachtet. Das hatte auch James McGovern, ein Kongressmitglied, der den Diskussionen des Kongressausschusses vorsitzt, bei dem Briefing betont. Angenommen wird, dass Korruption im großen Stil mehr als fünf Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts verschlingt.

Nach Schätzungen, die der Richter Wolf angeführt hatte, sind die illegalen Finanzabflüsse aus den Entwicklungsländern um das Zehnfache höher als die ausländische Entwicklungshilfe, die die gleichen Länder erhalten. Zudem haben die finanziellen Verluste schlimme direkte Folgen.


Korruption kostet Menschenleben

"In den Industriestaaten können wir leicht den Fehler begehen, Korruption als reine Geldhinterziehung zu betrachten. Doch tatsächlich tötet die politische Korruption mehr Menschen als Kriege und Hunger zusammengenommen - nach unseren Schätzungen sind es bei den Kindern 140.000 Opfer pro Jahr", rechnete Akaash Maharaj, Chef der Weltorganisation der Parlamentarier gegen Korruption (GOPAC), im IPS-Gespräch vor.

"Würde ein Politiker so viele Menschen umbringen, gäbe es wohl nur wenige, die sich keine Lösung des Problems wünschen würden", meinte Maharaj. "Und diejenigen, die durch politische Korruption so viel Leid verursachen, sind keineswegs weniger schuldig."

GOPAC, dem Parlamentarier aus fast allen Ländern der Erde angehören, setzt sich bereits seit drei Jahren für eine globale Antwort auf die Korruption im großen Stil ein. Maharaj zufolge haben die Mitglieder seiner Organisation den Glauben in die Fähigkeiten vieler Staaten, die politische Korruption auf nationaler Ebene anzugehen, verloren.

Während es internationale Mechanismen gibt, um Menschenrechtsverletzungen zu ahnden, fällt der Großteil der Korruption auch weiterhin in eine nebulös anmutende, nationale Verantwortung. Existierenden multilateralen Abkommen einschließlich der 2003 in Kraft getretenen UN-Konvention gegen Korruption fehlt es an substanziellen Umsetzungsmechanismen.

Während es in fast jedem Land der Welt Anti-Korruptionsgesetze gibt, sind oftmals die korruptesten Staatsvertreter in der Lage, ihren Reichtum und politischen Einfluss zu nutzen, um diese Gesetze zu unterlaufen. Diese Personen landen selten vor einem nationalen Gericht und dürfen sich in Sicherheit wiegen.

"Der Schaden, den die Korruption in großem Stil in vielen Entwicklungsländern anrichtet, ist in der Tat beträchtlich", versicherte Zorka Milin, Rechtsberater der Anti-Korruptions-Organisation 'Global Witness'. "Es ist wichtig, die Diskussion auf die Notwendigkeit zu lenken, die Straffreiheit zu beenden. Ein solcher Gerichtshof könnte hier zusammen mit anderen Anti-Korruptionsinstrumentarien auf nationaler Ebene ein wichtiger Baustein sein."


Starkes Mandat

Nach der Vorstellung von Wolf würde der IACC mit dem Mandat ausgestattet, Staatsbedienstete in Ländern, die wenig gegen Korruption unternehmen beziehungsweise unternehmen wollen, strafrechtlich zu verfolgen. Der US-Bundesrichter hat vorgeschlagen, die Akzeptanz einer solchen Gerichtsbarkeit zur Vorbedingung für die Mitgliedschaft in der Anti-Korruptionskonvention, der Welthandelsorganisation oder für die Bereitstellung von Krediten multilateraler Banken zu machen.

Es gibt eine Reihe von Optionen gegen die politische Korruption, die der anvisierte IACC ergänzen würde. Zudem gibt es Stimmen, die dafür plädieren, die Reichweite des Internationalen Strafgerichtshofs zu vergrößern oder die Jurisdiktion der nationalen Rechtssysteme auszuweiten, um gegen die Korruption in anderen Ländern vorzugehen.

Ebenso im Gespräch ist die Möglichkeit, die nationale Gesetzgebung und die Prioritäten der Industriestaaten zu koordinieren, um die Vermögen korrupter Beamten einfrieren zu können oder ihnen die Visa zu verweigern. Auch wenn damit keine Freiheitsstrafen verbunden wären, würde es korrupten Regierungsvertretern schwerer fallen, den illegal erworbenen Reichtum auszugeben.

Einige Staaten wie die Schweiz und die USA reagieren zunehmend aggressiv auf Kleptokraten, wie Arvind Ganesan, Leiter der Abteilung für Wirtschaft und Menschenrechte von 'Human Rights Watch', betonte. "Diesen Trend zu nutzen und andere Länder dazu zu bewegen, ihnen nachzueifern, könnte die Bemühungen, ein globales Anti-Korruptionsgericht aufzubauen, stärken." (Ende/IPS/kb/2014)


Link:
http://www.ipsnews.net/2014/11/proposal-for-international-anti-corruption-court-seeing-significant-momentum/

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IPS-Tagesdienst vom 21. November 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. November 2014