Schattenblick →INFOPOOL →RECHT → FAKTEN

MELDUNG/064: Ermittlungen gegen Andrej Holm eingestellt (Bündnis für die Einstellung ...)


Bündnis für die Einstellung des Paragraph 129a-Verfahrens
Pressemitteilung vom 13. Juli 2010

Einstellung der §129-Ermittlungen gegen Andrej Holm


Mit einem auf den 5. Juli datierten Einstellungsvermerk hat die Bundesanwaltschaft (BAW) das Ermittlungsverfahren wegen Mitgliedschaft in der 'militanten gruppe (mg)' gegen den Berliner Sozialwissenschaftler Dr. Andrej Holm eingestellt.

Im Schreiben der zuständigen Staatsanwältin heißt es: "Die Ermittlungen haben den gegen den Beschuldigten bestehenden Anfangsverdacht der Mitgliedschaft einer kriminellen Vereinigung oder ihrer Unterstützung nicht erhärtet." Damit ist das letzte bekannt gewordene Ermittlungsverfahren gegen angebliche Mitglieder der 'militanten gruppe (mg)' eingestellt. In den letzten Jahren hat die BAW gegen über 40 Beschuldigte aus der linken Szene erfolglos ermittelt. Mehrfach rügte der Bundesgerichtshof (BGH) rechtswidrige Ermittlungsmethoden; so verfügte der BGH im Sommer 2007 auch die Entlassung Holms aus der Untersuchungshaft. Das Verfahren gegen ihn sowie drei seiner Kollegen und Freunde hatte zu internationalen Protesten geführt, da sie u.a. mit der beruflichen Praxis des Wissenschaftlers begründet worden waren.

Seine Verteidigerin Christina Clemm: "Dieser Schritt war längst überfällig. Man hätte dieses Ermittlungsverfahren nie eröffnen dürfen, geschweige denn Dr. Holm in Untersuchungshaft nehmen dürfen. Dass es - obwohl es niemals einen hinreichenden Tatverdacht gegen ihn gegeben hat - erst jetzt, 3 Jahre nach Aufhebung des Haftbefehls durch den BGH, eingestellt wurde, ist ein weiteres Beispiel dafür, dass man diese Verfahren sachfremd geführt hat. Verfahren gem. §§ 129 ff StGB werden dazu genutzt, linke Gruppen und Milieus zu überwachen. Das Interesse des einzelnen, vor staatlicher Überwachung und Willkür geschützt zu werden, berücksichtigt die Bundesanwaltschaft nicht."

Auch Anwalt Volker Ratzmann verweist auf die Dauer des Verfahrens: "Offenbar braucht die Bundesanwaltschaft länger, wenn es um die Einschätzung der Rechtmäßigkeit ihrer Ermittlungen geht. Eine Ermittlung, bei der ein Haftbefehl mit Bibliotheksbesuchen begründet wurde, konnte aber kein anderes Ende finden."

Arthur Schüler vom Berliner Bündnis für die Einstellung der §129(a)-Verfahren unterstreicht die negativen Folgen der hinausgezögerten Einstellung für die drei Berliner, die Mitte Oktober 2009 in erster Instanz wegen Mitgliedschaft in der "militanten gruppe" verurteilt wurden: "Die Verzögerungstaktik im gesonderten Verfahren gegen Andrej war offensichtlich von dem Interesse geleitet, das Urteil gegen Axel, Florian und Oliver nicht zu gefährden, und der Verteidigung keine zusätzlichen Argumente für die laufende Revision zu liefern."


*


Quelle:
Pressemitteilung vom 13. Juli 2010
Bündnis für die Einstellung der § 129(a)-Verfahren
c/o Haus der Demokratie und Menschenrechte e.V.
Greifswalder Straße 4, D-10405 Berlin
E-Mail: einstellung@so36.net
Internet: einstellung.so36.net


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juli 2010