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MELDUNG/615: Chile - Protest gegen stockende Aufarbeitung der Verbrechen der Colonia Dignidad (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Chile / Deutschland

Wir dokumentieren:
Protest gegen stockende Aufarbeitung der Verbrechen der Colonia Dignidad



Protestierende mit Banner 'Keinen Schutz mehr für deutsche Kriminelle von Colonia Dignidad in Deutschland' vor dem Botschaftsschild - Foto: AFDD Talca

Angehörige von Verschwundenen protestieren vor der deutschen Botschaft in Santiago de Chile.
Foto: AFDD Talca

(Santiago de Chile, 15. Juni 2019, fdcl).- Etwa fünfzig Angehörige von mutmaßlich in der Colonia Dignidad ermordeten und bis heute "verschwundenen" Personen haben am Mittag des 15. Juni vor der Deutschen Botschaft in Santiago de Chile und dem Regierungspalast La Moneda protestiert und einen offenen Brief an die Regierungen Deutschlands und Chiles übergeben. Der Protest richtete sich in erster Linie gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen Hartmut Hopp seitens der Staatsanwaltschaft Krefeld. Hopp war Leiter des Krankenhauses der Colonia Dignidad und Vertrauter des Sektenchefs Paul Schäfer. Das Verfahren war das letzte in Deutschland gegen mutmaßliche Täter*innen der Colonia Dignidad, von denen viele in den letzten Jahren aus Chile nach Deutschland zurückgekehrt sind und hierzulande von der Justiz unbehelligt bleiben.

Die Sprecherin des Verbandes der Angehörigen der Verschwundenen der Maule-Region, Myrna Troncoso, bezeichnete die Verfahrenseinstellung als "skandalöse Kapitulation vor der Verbrechensgeschichte der Colonia Dignidad, mit der Deutschland der Straflosigkeit die Türen öffnet". Während es seitens der Bundesregierung und des Bundestags seit 2016 auf diskursiver Ebene Fortschritte gegeben habe, sei nichts Konkretes geschehen, um die Aufarbeitung voranzubringen. Der versprochenen Förderung der Justizkooperation zwischen Deutschland und Chile sei durch die ergebnislose Einstellung der letzten strafrechtlichen Ermittlungen jede Grundlage entzogen worden und auch in Chile seien die Ausgrabungen in der Colonia Dignidad eingestellt worden.

Eine 2017 aus deutschen und chilenischen Regierungsvertreter*innen gegründete Gemischte Kommission sollte die Einrichtung einer Gedenkstätte auf dem Gelände der Colonia Dignidad voranbringen und das Vermögen der kriminellen Sekte untersuchen. Beide Vorhaben wurden jedoch bislang nicht umgesetzt. "Wir fordern, den Tourismus in der Colonia Dignidad zu beenden und dort eine Gedenkstätte einzurichten, die die kriminelle Geschichte des Ortes erzählt", so Troncoso. Die Angehörigen riefen beide Regierungen auf, ihre Mitveranwortung wahrzunehmen. "Wir prangern die komplizenhafte und fahrlässige Haltung beider Regierungen an, die die Täter*innen schützt und die Opfer alleine läßt", so Troncoso.


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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juni 2019

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