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STELLUNGNAHME/111: Zum Referentenentwurf von Justizminister Buschmann zur Ersatzfreiheitsstrafe (Grundrechtekomitee)


Komitee für Grundrechte und Demokratie - 7. Oktober 2022

Gemeinsame Stellungnahme zum Referentenentwurf von Justizminister Buschmann zur ERSATZFREIHEITSSTRAFE

Oktober 2022


Justizminister Marco Buschmann hat einen Referentenentwurf für Paragraf 43 des Strafgesetzbuches vorgelegt [i]. Dieser besagt, dass Menschen, die Geldstrafen in Strafverfahren nicht bezahlen können, in Haft genommen werden sollen (die sogenannte "Ersatzfreiheitsstrafe") [ii]. Dadurch werden etwa 56.000 Menschen jedes Jahr inhaftiert [iii]. Der zentrale Reformvorschlag im Referentenentwurf sieht vor, dass die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe um die Hälfte gekürzt werden soll.

Das Bündnis für die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe lehnt den Vorschlag von Justizminister Buschmann ab. Sein Vorschlag ändert substanziell kaum etwas an der jetzigen Gesetzeslage. Wir fordern stattdessen die sofortige Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe.

Die Ersatzfreiheitsstrafe ist die letzte und härteste Folge eines Strafrechtssystems, das Armut bestraft, Menschen mit hohen Schulden belastet, und das viel zu oft zu Inhaftierungen führt.

In den letzten Jahren haben viele Wissenschaftler:innen, Sozialarbeitende, Aktivist:innen und Betroffene die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe gefordert oder Forschungsarbeiten veröffentlicht, die diese Forderung untermauern, und andere wichtige Änderungen eingebracht [iv]. Der Vorschlag von Justizminister Buschmann lehnt diese Expertise ab und gibt sich stattdessen mit geringfügigen Änderungen zufrieden. Die Vorschläge des Justizministeriums befassen sich nur mit dem "hinteren Ende" des Prozesses, wenn einer Person eine Haftstrafe droht oder diese bereits bevorsteht, anstatt die strukturellen Probleme der Überkriminalisierung und der hohen Geldstrafen anzugehen. Die Vorschläge bleiben auch hinter einer substanziellen Reform dieses "hinteren Endes" zurück, da sie lediglich die Dauer der Haftstrafe verkürzen, anstatt die Ersatzfreiheitsstrafe ganz abzuschaffen.

Unsere Auffassung unterscheidet sich von dem Referentenentwurf in einem wesentlichen Punkt: Die Bundesregierung scheint der Auffassung zu sein, dass Ersatzfreiheitsstrafen keine Folge von Armut und Rassismus seien. Das entspricht jedoch nicht der Realität. Die Auffassung der Bundesregierung demonstriert vielmehr eine Entfremdung zwischen dem Staat und den Menschen - eine Entfremdung, die in der gegenwärtigen Inflationskrise nur noch deutlicher zutage tritt.

In diesem Briefing legen wir unsere Einschätzung des Vorschlags vor und skizzieren unsere Forderungen. Wir hängen zudem ein FAQ an, das Hintergrundinformationen zu den Themen Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe liefert und unsere Position zu anderen Reformvorschlägen (einschließlich unbezahlte Arbeit und Zahlungsplänen) erläutert.

Was sieht der Vorschlag vor?

Der zentrale Vorschlag von Justizminister Buschmanns Reform sieht vor, dass Personen, die wegen Ersatzfreiheitsstrafen inhaftiert sind, nur halb so viele Tage im Gefängnis verbrächten wie nach geltendem Recht. Die Zahl der unbezahlten Arbeitsstunden, die eine Person ableisten muss, um eine Haftstrafe zu vermeiden (eine im Gesetz vorgesehene Möglichkeit), würde ebenfalls verringert. Die Reformen sehen zudem vor, dass die Betroffenen vor der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe besser darüber informiert werden, dass sie unbezahlte Arbeit leisten oder einen Zahlungsplan aufstellen können [v].

Welche Schwachstellen hat der Vorschlag?

Der Vorschlag wird das erklärte Ziel des Ministeriums, die Zahl der Personen zu verringern, die wegen Ersatzfreiheitsstrafen inhaftiert werden, nicht erreichen: Der Vorschlag wird lediglich die Dauer der Haft verkürzen. Das bedeutet, dass auch nach der lang erwarteten Änderung des derzeitigen Systems weiterhin über 50.000 Menschen in Deutschland im Jahr inhaftiert werden, weil sie ihre Geldstrafen nicht bezahlen können. Das ist inakzeptabel: Zeit im Gefängnis ist schädlich und selbst kurze Haftstrafen bringen das Leben eines Menschen aus dem Gleichgewicht [vi]. Der Vorschlag von Justizminister Buschmann setzt dieser Ungerechtigkeit kein Ende - er reduziert diese nicht einmal substanziell.

Der Reformvorschlag argumentiert, dass die Zahl der Ersatzfreiheitsstrafen sinken wird, weil mehr Menschen in der Lage sein werden, unbezahlte Arbeit zu leisten, da weniger Stunden erforderlich sind. Das ist allerdings unwahrscheinlich. Die Verringerung der geforderten Stundenzahl kann dazu beitragen, dass Menschen, die bereits in der Lage sind, unbezahlte Arbeit zu leisten, diese leichter absolvieren können. Viele Menschen können aber aufgrund ihrer anderen Verpflichtungen, ihrer psychischen Gesundheit, ihres Drogenkonsums usw. schlicht keine unbezahlte Arbeit ableisten. In den letzten Jahren ist der Prozentsatz der Personen, die sogenannte "Sozialstunden" ableisten, deutlich zurückgegangen, obwohl die Zahl der vom Staat geforderten Stunden nicht gestiegen ist [vii].

Die vorgeschlagenen Änderungen an der Benachrichtigungsfrist setzen außerdem zu spät an, nämlich nach der Verurteilung, und gehen nicht auf das größere Problem ein, dass Betroffene nicht immer rechtzeitig von den gegen sie erhobenen Anschuldigungen und der Strafe erfahren, um ihre Verurteilung oder die Höhe der Geldstrafe anzufechten [viii]. Daher würden diese Menschen durch jene Verbesserungen bestenfalls mehr Zeit erhalten, um zu zahlen, oder sie würden auf die Alternative der unbezahlten Arbeit aufmerksam gemacht. Beides wird aber für viele, die mit hohen Geldstrafen konfrontiert sind, nicht machbar sein.

Wie rechtfertigt der Staat, dass er nicht mehr tut? Er leugnet schlicht die Tatsache, dass Menschen die Strafe nicht zahlen, weil sie es sich nicht leisten können [ix]. Gleichzeitig erwähnt der Vorschlag ausdrücklich, dass die Öffentlichkeit Reformen unterstützt, weil das derzeitige System offensichtlich arme Menschen schädigt werden [x]. Warum also nicht mehr tun, um sich dieser Realität anzunehmen? Der Staat hat trotz der gegenwärtigen Situation kaum politischen Willen gezeigt, unsere Systeme zu verändern, um Armut und Ungleichheit zu bekämpfen. Das haben die jüngsten Vorschläge für das Bürgergeld und das Entlastungspaket gezeigt, die beide dafür kritisiert wurden, dass sie die Belastung durch steigende Energiekosten für Menschen mit geringem Einkommen nicht ausreichend verringern.


UNSERE FORDERUNGEN

Wir fordern:

  • Die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe.
    Einfach gesagt: Das Gefängnis löst keine Probleme und richtet Schaden an. Dennoch werden jedes Jahr rund 56.000 Menschen ins Gefängnis gesteckt, weil sie eine Geldstrafe nicht bezahlt haben. Schon eine Nacht im Gefängnis bringt Menschen in Gefahr, ihre Wohnung und ihren Arbeitsplatz zu verlieren, und verursacht emotionale und psychologische Schäden. Viele Suizide in Gefängnissen ereignen sich in den ersten Tagen und Wochen nach der Inhaftierung [xi]. Die Menschen kehren zudem in schlechterer gesundheitlicher Verfassung aus dem Gefängnis nach Hause zurück, sind zusätzlich traumatisiert und müssen einen Neuanfang machen.
  • Die Ersatzfreiheitsstrafe sorgt dafür, dass Menschen ohne finanzielle Mittel mit höherer Wahrscheinlichkeit inhaftiert werden. Wer Geld hat, zahlt einfach und lebt weiter, während diejenigen, die nicht zahlen können, ins Gefängnis kommen. Es ist daher kaum überraschend, dass Armutsdelikte häufiger zu Ersatzfreiheitsstrafen führen: Einer Studie zufolge wurden etwa 25 Prozent der Ersatzfreiheitsstrafen aufgrund von Fahren ohne Fahrschein verhängt und etwa 33 Prozent wegen kleinerer Eigentumsdelikte [xii].
  • Die Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe ist kein abwegiger Vorschlag: Überall auf der Welt gibt es Modelle für die Lösung sozialer Fragen durch die Sozialpolitik; Deutschland hat während der Pandemie keine Ersatzfreiheitsstrafen vollstreckt, ohne dass dies negative Folgen gehabt hätte [xiii]; und in anderen Justizsystemen auf der ganzen Welt werden Menschen wegen unbezahlter Geldstrafen nicht inhaftiert [xiv]. Deutschland hat angeblich immer das Ziel verfolgt, Gefängnisstrafen für geringfügige Fälle abzuschaffen [xv]: Dieses politische Ziel muss der Staat nun auch verwirklichen.
  • Die vollständige Entkriminalisierung von Bagatelldelikten:
    Wir fordern die vollständige Entkriminalisierung von Bagatelldelikten, beginnend mit den am häufigsten vorkommenden, einschließlich der Kriminalisierung von Fahren ohne Fahrschein, Bagatelldiebstahl, Betrugsdelikte, Drogendelikten und Straftaten im Zusammenhang mit dem Migrationsstatus. Wir sind der Meinung, dass alle geringfügigen Straftaten besser durch Legalisierung oder andere sozialpolitische Maßnahmen angegangen werden können, als durch Kriminalisierung. Diese Straftaten sollten nicht zu Ordnungswidrigkeiten werden, weil Ordnungswidrigkeiten immer noch eine Form von Bestrafung darstellen und weil die Polizei, solange diese Verhaltensweisen immer noch als Straftaten verfolgt werden, sie weiterhin als Vorwand für Überwachungen und Kontrollen einsetzen kann, wodurch Racial Profiling perpetuiert wird.

Bloße verfahrenstechnische Änderungen (frühere Benachrichtigung, zusätzliche Anhörungen, Unterlagen in anderen Sprachen) werden wenig verändern, da die Probleme grundlegender sind. Die Ergebnisse des Systems sind nicht nur das Ergebnis von Gesetzen, sondern auch der Praxis und der Gerichtskultur [xvi]. Daher führen schrittweise und kleine Gesetzesänderungen oft nicht zu wirklichen Veränderungen, weil die Gerichte immer einen Ermessensspielraum behalten, um zu ihren früheren Verhaltensweisen zurückzukehren, die oft vom sozioökonomischen Status und anderen Lebenserfahrungen der Entscheidungsträger:innen geprägt sind [xvii]. Untersuchungen in Deutschland zeigen, dass Geldstrafen oft zu hoch angesetzt werden, weil die Richter:innen die Lebensrealität der Person, die sie verurteilen, nicht vollständig verstehen [xviii].

Daher würden wir neben unseren Kernforderungen nach Abschaffung und Entkriminalisierung folgende Reformen priorisieren:

  • Änderungen bei der Berechnung des Tagessatzes mit klaren Richtlinien zur Zahlungsfähigkeit: Bei der Berechnung der Tagessätze sollten die Lebenshaltungskosten der Betroffenen berücksichtigt werden, im Einklang mit geltendem Recht, das ein Existenzminimum vorschreibt [xix]. Da bekanntlich Menschen mit geringem Einkommen am häufigsten bestraft werden, sollte die widerlegbare Vermutung gelten, dass die zu einer Geldstrafe verurteilte Person am oder unter dem Existenzminimum lebt, es sei denn, eine Untersuchung ergibt eindeutige Hinweise auf ein höheres Einkommen. Dementsprechend sollten die Tagessätze bei etwa 0-3 Euro pro Einheit liegen, je nach Situation und solange die Person nach angemessenen Lebenshaltungskosten noch über ausreichend Geld verfügt. Alles, was über 0 Euro/Einheit liegt, würde für viele Menschen grundlegenden Reformen der derzeitigen Sozialleistungsbeträge erfordern [xx].
  • Die Möglichkeit der nachträglichen Änderung und Aufhebung von Geldstrafen, auch durch Rechtspfleger, sowie auf der Grundlage geänderter Umstände und/oder anderer Beweise: Die Gerichte und Verwaltungsbehörden sollten die Geldstrafen herabsetzen, wenn sie erfahren, dass sie zu hoch festgesetzt wurden oder dass sich die finanziellen Verhältnisse der Person nach der Verurteilung zum Schlechteren verändert haben, so dass eine niedrigere Geldstrafe erforderlich ist.
  • Abschaffung von Strafbefehlsverfahren: Menschen sollten nicht in Verfahren verurteilt werden, die per Post zu einer Strafe führen können. Strafbefehle sind in vielerlei Hinsichten problematisch: Die Betroffenen wissen häufig nichts von dem Verfahren, sind nicht in der Lage, den Ablauf zu bewältigen, haben keinen Anwalt usw. In einigen Fällen kann ein Strafbefehlsverfahren zwar im Interesse der beschuldigten Person sein, aber das ist die Ausnahme, und es müsste viel am Verfahren geändert werden, um es fair zu gestalten.

SCHLUSSFOLGERUNG

Menschen zum Absitzen einer Geldstrafe ins Gefängnis zu stecken ist falsch. Und die Tatsache, dass diese Strafe Schuldner:innen vorbehalten ist, ist grausam. Anstatt zu bestrafen, sollten wir sozioökonomische Ungleichheiten beseitigen. Staatliche Mittel, die für das Straf- und Gefängnissystem ausgegeben werden, könnten dementsprechend für sinnvollere Maßnahmen wie die Bereitstellung öffentlicher Verkehrsmittel für alle verwendet werden.


Diese Stellungnahme und das zugehörige FAQ [Link zur PDF siehe unter diesem Absatz] wurde federführend erstellt von Mitali Nagrecha, mitali@justice-collective.org, justice-collective.org in Zusammenarbeit mit dem Bündnis zur Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe: ersatzfreiheitsstrafe.de

Das FAQ ist aufzurufen unter:
https://static1.squarespace.com/static/6124ccb23f114835709cc1d5/t/633f3b6789bceb07bc13e8ee/1665088378520/Buendnis+FAQ+Ersatzfreiheitsstrafe+5+10+22.pdf

Die Stellungnahme als PDF ist zu finden unter:
https://www.justice-collective.org/de/justice-collective-blog/efs-abschaffen-stellungnahme-06-10-22

Die Unterzeichner*innen der Stellungnahme im Einzelnen:

9 Euro Fonds | Berliner Obdachlosenhilfe e.V.| #BVGWeilWirUnsFürchten | CrimScapes Forschungsgruppe | Entknastung - Naturfreundejugend Berlin | EXIT-EnterLife e.V. | freiheitsfonds | Gefangenen Gewerkschaft / Bundesweite Organisation (GG/BO) | Ihr Seid Keine Sicherheit | Justice Collective, e.V. | Justizwatch | Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V. | Netzwerk Abolitionismus | Tatort Zukunft e. V. | Verein demokratischer Ärzt*innen


Anmerkungen:

[i] "An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt Freiheitsstrafe. Einem Tagessatz entspricht ein Tag Freiheitsstrafe. Das Mindestmaß der Ersatzfreiheitsstrafe ist ein Tag." StGB § 43.

[ii] Referentenentwurf des Bundesministerium der Justiz, Entwurf eines Gesetzes zur Überarbeitung des Sanktionenrechts - Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, available at
https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Ueberarbeitung_Sanktionsrecht.pdf?__blob=publicationFile&v=2#:~:text=Der%20Entwurf%20schlägt%20vor%3A,Tagessätze%20einem%20Tag%20Ersatzfreiheitsstrafe%20entsprechen
(im Folgenden"Referentenentwurf"). Der Vorschlag umfasst auch Vorschläge für die Strafprozessordnung, die wir ebenfalls hier diskutieren.

[iii] Diese Zahl stammt aus der letzten Volkszählung zu diesem Thema, die 2003 durchgeführt wurde. Weitere Einzelheiten zu den Ersatzfreiheitsstrafen nach Bundesländern findet man unter Bögelein, N., Glaubitz, C., Neumann, M., & Kamieth, J., Bestandsaufnahme der Ersatzfreiheitsstrafe in Mecklenburg-Vorpommern. Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform, 102(4), 282-296 (2019) (In Mecklenburg-Vorpommen liegt die Quote bei 10,2 % der Fälle, in Nordrhein-Westfalen bei etwa 8,3 %).

[iv] Siehe z.B., "Manifest zur Abschaffung von Strafanstalten und anderen Gefängnissen," Netzwerk Abolitionismus (2020), available at strafvollzugsarchiv.de/abolitionismus/manifest; Bögelein, N., Wilde, F., and Holmgren, A., Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe in Schweden - Ein Vergleich mit dem deutschen System. Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform (2022); Die Ersatzfreiheitsstrafe - Reform oder Abschaffung? Friedrich Ebert Stiftung, abrufbar unter
library.fes.de/pdf-files/a-p-b/19368-20220727.pdf;
Zur Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe Offener Brief an die Justizministerkonferenz, abrufbar unter
humanistisch.de/sites/humanistisch.de/files/drehscheibe-alter/docs/2019/06/offener-brief-zur-abschaffung-der-esf.pdf
(Offener Brief, der von über einem Dutzend von zivilgesellschaftlichen Organisationen unterzeichnet wurde, darunter Naturfreundejugend Berlin, Humanistische Union e.V., RAV e.V., Humanistischer Verbrand, GG-BO usw.

[v] Der geänderte Text lautet: "Vor der Anordnung ist der Verurteilte darauf hinzuweisen, dass ihm gemäß § 459a Zahlungserleichterungen bewilligt werden können und ihm gemäß Rechtsverordnung nach Artikel 293 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch gestattet werden kann, die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe durch unbezahlte Arbeit abzuwenden; besteht Anlass zu der Annahme, dass der Verurteilte der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig ist, soll der Hinweis in einer ihm verständlichen Sprache erfolgen." Referentenentwurf, S. 7.

[vi] Stellungnahme des Sozialdienstes katholischer Frauen e.V. zum Entwurf eines Gesetzes zur Überarbeitung des Sanktionenrechts - Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, Sozialdienst katholischer Frauen Gesamtverein e.V. (Aug. 22,2022), S. 3-4, abrufbar unter
https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Stellungnahmen/2022/Downloads/0822_Stellungsnahme_SKF_Ueberarbeitung_Sanktionsrecht.pdf?__blob=publicationFile&v=2.

[vii] Abschlussbericht: Prüfung alternativer Sanktionsmöglichkeiten - Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen gemäß, Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz (im Folgenden "JuMiKo Report").

[viii] Eine ausführliche Beschreibung der Probleme bei der Benachrichtigung über den Prozess findet sich unter, Stellungnahme der Strafverteidigervereinigungen zum Referentenentwurf der Justiz für ein Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts - Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, Organisationsbüro der Strafverteidigervereinigungen GbR (September 2022), abrufbar unter
https://strafverteidigertag.de/3d-flip-book/stellungnahme/.
(im Folgenden "Strafverteidigervereinigungen Report").

[ix] Im Referentenentwurf heißt es beispielsweise, "Daher sei auch echte Zahlungsunfähigkeit keineswegs regelmäßig ursächlich für die Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafe, zumal auch Transferleistungsempfänger in aller Regel Einkünfte oberhalb des Existenzminimums erhielten." S. 9.

[x] Referentenentwurf S. 43

[xi] Fakt 2: Suizide im Gefängnis, Tatort Zukunft,
https://tatort-zukunft.org/fakten/suizide-im-gefaengnis/.

[xii] Strafverteidigervereinigungen Report, zitiert Lobitz & Wirth, Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe in Nordrhein-Westfalen, Eine empirische Aktenanalyse, KrimD NRW (2018). Weitere 10 % wurden ursprünglich wegen Betäubungsmitteldelikten angeklagt und 2 % aufgrund von Gesetzen, die Menschen aufgrund ihres Migrationsstatus kriminalisieren.

[xiii] Weitere Hintergrundinformationen über die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen während der COVID-Pandemie finden sich unter
www.justice-collective.org/de/justice-collective-blog/berlin-clemency.

[xiv] Siehe z.B., Bögelein, N., Wilde, F., and Holmgren, A., Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe in Schweden-Ein Vergleich mit dem deutschen System. Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform (2022).

[xv] Siehe Nagrecha, M., The limits of fairer fines: lessons from Germany, Criminal Justice Policy Program, Harvard Law School (2020).

[xvi] Lautmann, R., Justiz die stille Gewalt: Teilnehmende Beobachtung und entscheidungs-soziologische Analyse (2011 [1972]).(2011 [1972]); Nagrecha, M. Brett S., and Doyle C., Court culture and criminal law reform, Duke LJ Online 69 (2019): 84.

[xvii] Nagrecha, M. Brett S., and Doyle C., Court culture and criminal law reform, Duke LJ Online 69 (2019): 84.

[xviii] Nagrecha, M., and Bögelein, N., Criminal-Legal System Actors' Practices and Views on Day Fines," Kriminologie-Das Online-Journal| Criminology-The Online Journal 2, 267-283(2019); Nagrecha, M., The limits of fairer fines: lessons from Germany, Criminal Justice Policy Program, Harvard Law School (2020).

[xix] Wilde, F., Die Geldstrafe - ein unsoziales Rechtsinstitut?, Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform, Band 98, S. 348 (2015).

[xx] Wilde, F., Reformen für eine gerechtere Sanktionspraxis im Bereiche Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe (October 2021). Siehe auch Wilde, F., Die Geldstrafe - ein unsoziales Rechtsinstitut?, Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform, Band 98, S. 348 (2015).

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Quelle:
Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
Aquinostraße 7-11 I 50670 Köln
Telefon 0221 / 972 69 -20 und -30
E-Mail: info(at)grundrechtekomitee.de
Internet: www.grundrechtekomitee.de

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 14. Oktober 2022

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