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STANDPUNKT/078: Keine Mietkündigungen in der Corona-Krise (RAV)


Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V. - 20.03.2020

Keine Kündigungen in der Corona-Krise!


In Folge der Corona-Krise verlieren derzeit viele Menschen ihre Arbeit und damit ihr Einkommen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie ihre Mieten nicht mehr zahlen können. Es drohen massenhaft Kündigungen von Mietverhältnissen und der Verlust von Wohnraum.
Das muss verhindert werden!
Daher ist es nötig, den Kündigungsschutz für diese Fälle zu verbessern und Menschen vor einer Zwangsräumung zu schützen.

1. Kündigung wegen Zahlungsverzug

Nach aktueller Rechtslage verlieren Mieter*innen ihre Wohnung, wenn sie ihre Miete nicht mehr zahlen können. Eine Nachzahlung der Rückstände (Schonfristzahlung) kann zwar eine fristlose Kündigung heilen, die gleichzeitige fristgerechte Kündigung wird aber hierdurch nicht abgewendet. Zudem übernehmen die Sozialleistungsbehörden die Mietrückstände nur dann, wenn die Vermietenden im Falle der Nachzahlung ausdrücklich auf die Rechte aus der Kündigung verzichten. Diese Erklärung wurde in der Vergangenheit in vielen Fällen nicht abgegeben, so dass die Mieter*innen ihre Wohnung verloren haben. Damit laufen die Schutzsysteme letztlich leer. Dies wird noch dadurch verschärft, dass für eine ordentliche Kündigung schon Mietrückstände von wenig mehr als einer Monatsmiete reichen und auch eine nicht gezahlte Mieterhöhung selbst dann zur Kündigung führen kann, wenn sich die Vertragsparteien noch darüber streiten.

Wir fordern daher:

  • Die Schonfristzahlung muss jede Kündigung wegen Zahlungsverzuges heilen, auch die fristgerechte.
  • Jede Kündigung wegen Zahlungsrückständen aus einer Mieterhöhung ist unzulässig, solange die Rechtmäßigkeit der Mieterhöhung nicht gerichtlich geklärt ist.
  • Eine Kündigung wegen Mietrückständen ist erst zulässig, wen diese zwei Monatsmieten übersteigen. Für die Dauer von mindestens zwei Jahren sollten Mietrückstände nur dann für eine Kündigung herangezogen werden können, wenn sie vier Monatsmieten übersteigen.

»Zugleich müssen die Sozialleistungsbehörden verpflichtet werden, im Falle der Bedürftigkeit Mietrückstände zur Vermeidung von Obdachlosigkeit immer zu übernehmen. Derzeit steht dies noch im Ermessen von Jobcentern und Grundsicherungsämtern«, so Rechtsanwalt und RAV-Mitglied Henrik Solf.

Die Ermessensvorschriften in Paragraf 22 SGB II und Paragra 36 SGB XII sind insofern abzuändern. Es muss ein Anspruch auf Übernahme der Zahlungsrückstände normiert werden.

2. Zwangsräumung

Gleichzeitig ist es wichtig, Menschen vor drohender Obdachlosigkeit zu schützen. Die Länder sollten ihre Polizeigesetze so ändern, dass die Ordnungsbehörden Menschen in akuten Fällen in die Wohnung (wieder-)einweisen können, die aufgrund eines Räumungsurteils von Zwangsräumung und Obdachlosigkeit bedroht sind.

»Außerdem sollten Räumungen während der Corona-Krise schlicht untersagt werden. Nehmen wir uns ein Beispiel an unserem Nachbarland: In Frankreich gilt seit langem ein Verbot einer Zwangsräumung in den Wintermonaten, um Mieterinnen und Mieter vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen«, so Rechtsanwalt Benjamin Raabe vom AK Mietrecht im RAV.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 20. März 2020
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e. V.
Haus der Demokratie und Menschenrechte
Greifswalder Straße 4 | 10405 Berlin
Telefon +49 (0)30 417 235 55 | Fax +49 (0)30 417 235 57
E-Mail: kontakt@rav.de
Internet: www.rav.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. März 2020

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