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EDITORIAL/086: Die Grenzen meiner Sprache ... (SB)



Wochendruckausgabe 86 der Elektronischen Zeitung Schattenblick zum 19.05.2018


Aufgeschlagene Schattenblick-Zeitung in den Händen eines Lesers - Foto: © 2013 by Schattenblick

Foto: © 2013 by Schattenblick

Die Grenzen meiner Sprache ...

"Die Grenzen meiner Sprache
sind die Grenzen meiner Welt."
(Ludwig Wittgenstein)

Ein jeder ist der Sprache teilhaftig, soweit sie sich in den Archiven des täglichen und perspektivischen Gebrauchs sammelt, strukturiert und ablagert. Dennoch besteht ihre vorrangigste Eigenschaft und Funktion wohl eher darin, niemals Besitz, Eigentum oder Vermögen werden zu können.

Der Wunsch des Menschen nach wechselseitiger oder einseitiger Verfügungsgewalt als Hilfsmittel oder Werkzeug in seinen Händen oder gar in seinem Munde, um damit seine Interessen zu verfolgen, ist so alt wie die doch äußerst beschränkte Reichweite eben dieses Ansinnens. Nicht grundlos ist die Kultur der Werkzeuge und Hilfsmittel, also auch die der Sprache, hoch innovativ und wird bestimmt durch ihre fortschreitende Entwicklung. Soviel zu Ludwig Wittgenstein und seinem Bekenntnis zur Unzulänglichkeit seines sprachlichen Vermögens als Einsicht in die Grenzen ihrer Fassungs- und Entfaltungsmöglichkeiten.

Wenn also der Knüppel, wie uns die Volksweisheit verrät, beim Hund liegt, warum sollte ich gerade auf diesen fixiert bleiben, um ihn im Zweifelsfalle zu bezwingen? Die Grenzen der Sprache, also der Kehrwert ihres Besitzes, bleiben am Ende dieser Betrachtungen deshalb ebenso ungeklärt wie die Chance, sie zu besitzen oder sich ihrer unabweislich zu bedienen. Auch die Fragefertigkeit, als ein Bestandteil sprachlichen Vermögens erwiesen, wird in Anbetracht entgrenzender Unwahrscheinlichkeiten dann auf ihre Gegenstandslosigkeit reduziert.

Jedes jedoch von Besitz- und Verfügungsstreben emanzipierte Verständnis und der Folge ungetriebener Mühe nicht im Wege stehen zu müssen, hebt die Beseitigung solcher Hindernisse in den Horizont der Erreichbarkeit.

Fraglos allerdings müssen gerade diese Hindernisse zum Zwecke ihrer Überwindung zuvor in ihrer ganzen Vollständigkeit und Widersprüchlichkeit aufgerichtet und bis zur Erschöpfung verbraucht werden. Nicht erst nach Wittgenstein muß dieser Preis sich überstülpender Erkenntnisse neben den Schleifen andauernder Wiederholung dennoch vollständig entrichtet werden, wollte man sich denn ihrer Fesselgewalt endlich und gültig wirksam entledigen können.

Ihre Schattenblick-Redaktion


18. Mai 2018


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