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KIRCHE/1004: Erklärung zur Aussetzung der Wehrpflicht und den Folgen (EKD)


Evangelische Kirche in Deutschland - Pressemitteilung vom 17.09.2010

"Die Stunde des Freiwilligendienstes"

EKD-Erklärung zur Aussetzung der Wehrpflicht und den Folgen


In einer gemeinsamen Erklärung haben der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präses Nikolaus Schneider, der evangelische Militärbischof, Martin Dutzmann, der Friedensbeauftragte des Rates der EKD, Renke Brahms, sowie der Präsident des Diakonischen Werkes der EKD, Klaus-Dieter Kottnik, zur aktuellen Debatte um die Aussetzung der Wehrpflicht Stellung bezogen.

In dem Papier, das am heutigen Freitag unter dem Titel "Freiheit und Dienst - Erwägungen zur Aussetzung der Wehrpflicht und zu den Konsequenzen aus evangelischer Sicht" veröffentlicht wurde, werden die Überlegungen der Politik zur Aussetzung der Wehrpflicht grundsätzlich begrüßt. Gleichzeitig fordert die EKD die Verantwortlichen in der Politik dazu auf, die politischen und gesellschaftlichen Konsequenzen dieser Entscheidung sorgfältig zu bedenken.

Bereits im Jahr 2007, so heißt es in dem Papier, habe die EKD in ihrer Friedensdenkschrift Kriterien formuliert, an deren Erfüllung sich die Notwendigkeit einer Beibehaltung der Wehrpflicht messen lassen müsse. Da das wichtigste Kriterium, die Wehrgerechtigkeit, in Deutschland seit einiger Zeit nicht mehr erfüllt sei, erscheine die Aussetzung der Wehrpflicht konsequent. Mit der Aussetzung der Wehrpflicht würde aber auch der Zivildienst wegfallen.

Die EKD sieht in dieser Situation große Herausforderungen und Chancen für die in unserer Gesellschaft bestehenden Freiwilligendienste. Grundsätzlich geht sie davon aus, dass zivile Freiwilligendienste einem allgemeinen Pflichtdienst vorzuziehen sind. Auch der von der Politik in Erwägung gezogene "freiwillige Zivildienst" sollte eine Übergangslösung bleiben. Vielmehr müssten die bestehenden freiwilligen sozialen und ökologischen Dienste sowie die freiwilligen Friedensdienste in ihrer Vielfalt und Eigenart erhalten bleiben und nach Möglichkeit gestärkt werden, so das Papier weiter. Die durch den Wegfall des Zivildienstes frei werdenden finanziellen Mittel sollten vorrangig dazu verwendet werden, die vorhandenen zivilen Freiwilligendienste zu unterstützen und finanziell besser auszustatten.

Auch die Entscheidung für einen Dienst in der Bundeswehr oder einen zivilen Freiwilligendienst sei eine Gewissensentscheidung. Dafür bräuchten junge Menschen sachgemäße Informationen und qualifizierte Beratung. Deshalb solle über zivile Freiwilligendienste und den freiwilligen Wehrdienst in der Öffentlichkeit, vor allem aber in Schulen, in gleicher Intensität informiert werden wie bisher.

Ebenso bedürfe es auch künftig der seelsorglichen Begleitung von Soldatinnen und Soldaten, insbesondere im Blick auf die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Auch in Zukunft unter möglicherweise neuen Bedingungen stehe die EKD daher zu dem seit 2004 für ganz Deutschland in Geltung stehenden Militärseelsorgevertrag.

Im Blick auf die mit der Aussetzung der Wehrpflicht verbundene Reform der Bundeswehr wünscht sich die EKD einen breiten gesellschaftlichen Diskurs über die neuen Aufgaben der Bundeswehr. Ziel müsse sein, zukunftsfähiges friedens- und sicherheitspolitischen Gesamtkonzept zu entwickeln. Besonders folgende Aspekte seien, so das Papier, auch in Zukunft für Bundeswehr und Freiwilligendienste besonders wichtig:

Die Bundeswehr muss insbesondere klare Kriterien zur Durchführung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr erhalten.
Die Bundeswehr muss in der Gesellschaft verankert bleiben.
Die Konzeption der Inneren Führung nach dem Leitbild des "Staatsbürgers in Uniform" muss auch für eine Freiwilligenarmee gelten und ist unter deren Bedingungen weiterzuentwickeln.
In dem neuen friedens- und sicherheitspolitischen Gesamtkonzept muss die zivile Konfliktbearbeitung eine wesentliche Rolle spielen.
Zivile Friedensfachkräfte, die zur Krisen- und Konfliktbearbeitung ins Ausland entsandt werden, sollten nach unserer festen Überzeugung ebenso wie die Soldatinnen und Soldaten eine verbindliche parlamentarische Mandatierung und seitens der Kirchen seelsorgliche Begleitung erhalten.

Hannover, 17. September 2010
Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick


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Quelle:
Pressemitteilung 214/2010 vom 17.09.2010
Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), Pressestelle
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. September 2010