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KIRCHE/1138: Bedrohte Schöpfung auf Friedenskonvokation thematisiert (ÖRK)


Ökumenischer Rat der Kirchen - Pressemitteilung vom 23. Mai 2011

Friedenskonvokation thematisiert Gefahren für die Schöpfung


Tuvalu, ein polynesischer Inselstaat im Pazifischen Ozean zwischen Hawaii und Australien, ist die Heimat von mehr als 11 000 Menschen, die einst vom Ozean und seinen Reichtümern lebten, heute aber durch den steigenden Meeresspiegel in ihrer Existenz bedroht sind.

Das mit 26 Quadratkilometern viertkleinste Land der Welt schrumpft und die Bevölkerung von Tuvalu sieht einer Zukunft als Umweltflüchtlinge entgegen. Die Ungerechtigkeit, die dieser Situation - wie vielen ähnlichen Situationen in aller Welt - innewohnt, stand am Freitag im Zentrum der Diskussionen der Internationalen ökumenischen Friedenskonvokation (IöFK). Das Thema lautete an diesem Tag "Friede mit der Erde".

Pastor Tafue M. Lusama, der Generalsekretär der Kongregationalistischen Christlichen Kirche von Tuvalu, erklärte, sein Land sei heute mit längeren Dürreperioden konfrontiert und Salzwasser sei ins Grundwasser eingedrungen. "Wir sind jetzt völlig vom Regenwasser abhängig und müssen mit unvorhersehbaren Wettermustern leben."

Die einst nachhaltigen Lebensbedingungen auf der Insel seien heute von Kräften bedroht, über die Tuvalu keine Kontrolle habe, sagte Lusama. "Die Menschen können ihre traditionellen Fertigkeiten und Kenntnisse nicht mehr einsetzen, um zu überleben."

Die Ursache für den steigenden Wasserspiegel in der Region von Tuvalu liegt weit entfernt von diesem südpazifischen Paradies. Sie hat ihre Wurzeln in den industriellen Kerngebieten der nördlichen Hemisphäre, die den größten Beitrag zum Klimawandel leisten. Die zentrale Herausforderung besteht darin, dessen negative Auswirkungen umzukehren.

Adrian Shaw, Projektbeauftragter des Teams "Kirche und Gesellschaft" der Kirche von Schottland, erklärte, die Kirchen müssten weltweit damit beginnen, den Kampf gegen den Klimawandel anzuführen.

"Der Klimawandel stellt eine ernsthafte und unmittelbare Bedrohung dar", sagte er. "Unsere Gewalt gegen die Erde ist auch Gewalt gegen Menschen."

Für Lusama bedeutet der steigende Meeresspiegel, der Tuvalu bedroht, den Verlust von Heimat, Kultur, Lebensstil und Würde. Es braucht keinen Krieg mehr, um diese hohe Gewaltniveau zu verursachen.

Shaw beschrieb die sog. "Ökogemeinde-Bewegung", die in Schottland ihren Ursprung hat und sich mittlerweile weltweit ausbreitet. Die beteiligten Gemeinden versprechen, ihren Kohlenstoff-Fußabdruck zu berechnen und Schritte zu ergreifen, um ihn zu senken.

In Schottland gebe es mehr als 270 Ökogemeinden, erklärte Shaw.


Nicht einfach menschliche Anliegen

Prof. Dr. Kondothra M. George ging ebenfalls auf die Beziehung zwischen Gerechtigkeit für die Menschheit und Gerechtigkeit für die Erde ein. "Friede und Gerechtigkeit sind nicht einfach menschliche Anliegen, die isoliert diskutiert und angegangen werden können", betonte er, sondern diese Anliegen müssten im Wissen darum diskutiert werden, dass es zusätzlich zu den Menschen Millionen von erschaffenen Lebensformen auf der Erde gebe.

"Was wir brauchen, ist ein Wandel unseres heutigen Fortschritts- und Entwicklungsparadigmas", erklärte George. "Ist Fortschritt wirklich die größte menschliche Leistung?"

Die Idee der menschlichen Leistung sei eng verbunden mit der Geißel menschlicher Habgier, unterstrich Elias Crisostomo Abramides, ein griechisch-orthodoxer Laie (Ökumenisches Patriarchat) aus Argentinien und ÖRK-Vertreter beim Sekretariat des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen.

"Eine andere Welt ist möglich", erklärte er. "Diese Welt der Habgier und der Hybris hat keine Zukunft. Wir benötigen einen Paradigmenwechsel, der Friede, Würde und Liebe ins Leben aller Menschen bringt. Um in Frieden mit der Erde zu leben, brauchen wir Frieden auf der Erde."

Weitere Redner und Rednerinnen beschrieben ihre Vision vom Frieden mit der Erde in poetischer Weise. Sr. Ernestina López Bac, Kaqchiquel-Indígena und Theologin aus Guatemala, gab Einblicke in eine Theologie, die aus der lebendigen Verbindung mit den Vorfahren lebt.

"Über die kosmische Vision und Weisheit der indigenen Völker zu sprechen, bedeutet, grundsätzlich über Werte zu sprechen", merkte sie an. "Wir verstehen Werte als innere Mitte und Energie, die unser Denken und unsere Weisheit leitet."

Je mehr das fragile Ökosystem Tuvalus der Erwärmung des Wassers und dem steigenden Meeresspiegel zum Opfer fällt, desto mehr sticht die brutale Realität der Länder des industrialisierten Nordens ins Auge. Reduzierung des Klimawandels und Erneuerung von Gottes Schöpfung sind nicht länger ein Luxus, sondern eine dringliche Aufgabe, wenn Orte wie Tuvalu überleben sollen.

In den folgenden Tagen beschäftigte die IöFK sich auch mit Frieden in der Wirtschaft und Frieden zwischen den Völkern. Zuvor stand bereits das Thema Friede in der Gemeinschaft auf der Tagesordnung. Die Konvokation, die vom Ökumenischen Rat der Kirchen, der Karibischen Kirchenkonferenz und dem Kirchenrat von Jamaika organisiert wurde, kommt am 24. Mai zum Abschluss.


Live-Übertragung der Plenarsitzungen per Video-Stream auf der IöFK-Website:
www.gewaltueberwinden.org
Link: http://www.oikoumene.org/index.php?RDCT=8b1c382e0916425fa4dd

Weitere Informationen über die ÖRK-Kampagne zum Klimawandel
Link: http://www.oikoumene.org/index.php?RDCT=b4a2e30f575debc68927


Der Ökumenische Rat der Kirchen fördert die Einheit der Christen im Glauben, Zeugnis und Dienst für eine gerechte und friedliche Welt. 1948 als ökumenische Gemeinschaft von Kirchen gegründet, gehören dem ÖRK heute mehr als 349 protestantische, orthodoxe, anglikanische und andere Kirchen an, die zusammen über 560 Millionen Christen in mehr als 110 Ländern repräsentieren. Es gibt eine enge Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche. Der Generalsekretär des ÖRK ist Pfarrer Dr. Olav Fykse Tveit, von der (lutherischen) Kirche von Norwegen. Hauptsitz: Genf, Schweiz.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 23. Mai 2011
Herausgeber: Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
150 rte de Ferney, Postfach 2100, 1211 Genf 2, Schweiz
E-Mail: ka@wcc-coe.org
Internet: www.wcc-coe.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2011