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KIRCHE/1701: Polnische Delegation besucht das damalige KZ Dachau (DBK)


Pressemitteilungen der Deutschen Bischofskonferenz vom 29.04.2015

Kardinal Marx: Deutsch-polnische Versöhnung ist ein Geschenk

Polnische Delegation besucht das damalige KZ Dachau


Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, verbindet mit der deutsch-polnischen Versöhnung nach den Gräueln des Nazi-Regimes Dank und Aufgabe zugleich. "Wir danken Gott für das Geschenk der Versöhnung, das unsere Völker in den vergangenen Jahrzehnten empfangen haben", sagte der Erzbischof von München und Freising heute (29. April 2015), am Tag genau 70 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Dachau, bei einem Gottesdienst vor hunderten Pilgern aus Polen in der Todesangst-Christi-Kapelle: "Gerade wir als polnische und deutsche katholische Christen haben deshalb eine besondere Berufung, eine Sendung, diese Erfahrung des Leidens, des Schreckens und der Versöhnung in die gegenwärtige Geschichte Europas einzutragen."

Es erfülle ihn "mit tiefer Dankbarkeit", dass sich so viele Bischöfe und Priester aus Polen zum Gedenken eingefunden hätten, sagte Kardinal Marx bei einer Eucharistiefeier mit dem Vorsitzenden der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gadecki, weiter. Schließlich sei Dachau ein "besonderer Ort für die Kirche in Polen". Mit rund 40.000 Inhaftierten machten die Polen die größte Gruppe von Gefangenen in dem damaligen KZ aus. 8.332 von ihnen kamen zu Tode, darunter war rund jeder Zehnte ein Geistlicher. Dass die Opferzahlen höher sind als unter allen anderen Nationalitäten, liegt daran, dass die Nationalsozialisten gegen die polnische Geistlichkeit als einflussreiche Vertreter der Führungsschicht ihres Landes mit besonderer Härte vorgingen und internierte Geistliche ab Ende 1940 aus anderen Lagern nach Dachau deportierten.

Gemeinsam mit vielen anderen Konzentrationslagern sei Dachau "gleichsam das Konzentrat eines Menschen verachtenden, Menschen quälenden und Menschen ermordenden Regimes", so der Kardinal. "Hier wird man in ungeschminkter Form des Grauens ansichtig, das der Nationalsozialismus über Europa und die Welt gebracht hat." Und doch habe der Glaube auch an diesem "Ort des Schreckens und der Niedertracht" nicht ausgelöscht werden können. "Auch das Konzentrationslager war kein Ort, von dem der Teufel zur Gänze Besitz ergreifen konnte. Auch von diesem Ort hat sich Gott nicht abgewandt", erinnerte Marx an die vielen Christen, die trotz aller Schikanen am Wort Gottes festhielten und für ihren Glauben zum Teil zu Märtyrern wurden.

Zwar könne es auf die Frage, ob die Menschheit 70 Jahre danach klüger geworden sei, "wohl keine eindeutige Antwort geben", sagte Kardinal Marx. "Wer an den Mittleren Osten unserer Tage denkt, an die Gewaltorgien, von denen Teile Afrikas immer wieder heimgesucht werden, auch daran, dass selbst in Europa derzeit wieder Krieg geführt wird, der wird an der Lernfähigkeit der Menschheit zweifeln." Umgekehrt seien sich Deutsche und Polen "heute näher als wahrscheinlich je in ihrer gemeinsamen, so leidgetränkten Geschichte". Und so gebe die Geschichte der beiden Völker "Anlass zur Hoffnung, dass Hass, Gewalt und Unterdrückung nicht die ewigen Begleiter der Menschen bleiben müssen".

Am Nachmittag wollen Erzbischof Gadecki und Kardinal Marx zum Abschluss des Besuchs noch eine Andacht im Dom zu Freising feiern. Die Gottesdienste und Begegnungen in Dachau und Freising sind Teil einer intensiven Zusammenarbeit, die die Deutsche und die Polnische Bischofskonferenz pflegen. So kamen deutsche und polnische Bischöfe am 31. August 2014 in Gleiwitz zusammen, um gemeinsam des Beginns des Zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren zu gedenken. Der 50. Jahrestag des historischen Briefwechsels zwischen beiden Bischofskonferenzen, der einen wesentlichen Anstoß für die Aussöhnung der Völker gab, wird mit vielen Bischöfen am 22. November 2015 in Tschenstochau begangen. Im Herbst wird in beiden Ländern auch eine Ausstellung eröffnet, die den nachgeborenen Generationen die Geschichte des Briefwechsels und der Versöhnung zwischen den Nationen nahebringen soll.


Die Deutsche Bischofskonferenz ist ein Zusammenschluss der katholischen Bischöfe aller Diözesen in Deutschland. Derzeit gehören ihr 66 Mitglieder (Stand: April 2015) aus den 27 deutschen Diözesen an. Sie wurde eingerichtet zur Förderung gemeinsamer pastoraler Aufgaben, zu gegenseitiger Beratung, zur Koordinierung der kirchlichen Arbeit, zum gemeinsamen Erlass von Entscheidungen sowie zur Kontaktpflege zu anderen Bischofskonferenzen. Oberstes Gremium der Deutschen Bischofskonferenz ist die Vollversammlung aller Bischöfe, die regelmäßig im Frühjahr und Herbst für mehrere Tage zusammentrifft.

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 067 vom 29. April 2015
Herausgeber: P. Dr. Hans Langendörfer SJ,
Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz
Deutsche Bischofskonferenz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2015

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