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KIRCHE/573: Catholica-Beauftragter würdigt Karl Kardinal Lehmann (VELKD)


Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) - 08.02.2008

"Hervorragender Einsatz für die Einheit der Christen"

Catholica-Beauftragter der VELKD würdigt den scheidenden Vorsitzenden der römisch-katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann


Vom 11. bis 14. Februar tagt die römisch-katholische Deutsche Bischofskonferenz letztmals unter dem Vorsitz von Karl Kardinal Lehmann. Die Würdigung des Kardinals durch den Catholica-Beauftragten der VELKD, Landesbischof Dr. Friedrich Weber (Wolfenbüttel), im Wortlaut:

Die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) hat die Mitteilung, dass der Bischof von Mainz, Karl Kardinal Lehmann, vom Amt des Vorsitzenden der römisch-katholischen Deutschen Bischofskonferenz zurücktritt, mit Bedauern, Verständnis und in großer Dankbarkeit für seinen Dienst zur Kenntnis genommen. Das Bedauern ist zum einen in der Sorge um seine Gesundheit begründet, zum anderen ist es ein Ausdruck der großen Wertschätzung, die Kardinal Lehmann in unseren Kirchen genießt.

In den deutschen lutherischen Kirchen und darüber hinaus im Lutherischen Weltbund wird besonders sein hervorragender Einsatz für die Einheit der Christen, für das gemeinsame Zeugnis des Evangeliums und den gemeinsamen Dienst in der Welt geschätzt. Dieser Aufgabe hat er sich seit dem II. Vatikanischen Konzil gewidmet. Und bis jetzt ist in seinem Wirken zu spüren, wie er den aufbrechenden Geist dieses Konzils lebendig erhalten hat und ihn an die Gesprächspartner und an die nachfolgende Generation zu vermitteln bemüht ist. In diesem Geist hat er die ökumenische Verständigung mit den anderen Kirchen gesucht. Er hat dabei vieles auf den Weg gebracht, was gegenwärtig als selbstverständlich im Miteinander der Kirchen gilt und praktiziert wird und was in Zeiten größerer Probleme nicht vergessen werden darf. Dankbar nehmen wir auf, in welcher Zuversicht er die ökumenische Bewegung vorangebracht hat und weiter bringen will. Dies ist erneut zum Ausdruck gekommen bei der kürzlich stattgefundenen Eröffnung der diesjährigen Gebetswoche für die Einheit der Christen, die er gemeinsam mit mir als Catholica-Beauftragten der VELKD und Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland im Mainzer Dom vorgenommen hat. Er machte einmal mehr bewusst, "die ökumenische Bewegung und die Gebetswoche für die Einheit der Christen sind wichtige Zeichen für die wachsende Gemeinschaft der Christen".

Kardinal Lehmann ist von Anbeginn ein Mann des Dialogs. Er weiß, dass die Verständigung in Lehrfragen allein nicht ausreicht, um die Kirchen zu vertiefter Gemeinschaft zusammen zu führen. Aber er kennt auch den Stellenwert, den Differenzen in der Lehre für die Trennung der Kirchen haben. Und er weiß, das Instrument des Dialogs trefflich zu handhaben. Im Unterschied zu manchen Stimmen, die heute dem Bemühen um einen differenzierten Konsens in Fragen der Lehrunterschiede skeptisch bis ablehnend gegenüber stehen, hält er daran fest, in den grundsätzlichen theologischen Fragen zu einer Annäherung zu kommen, die dem Wachsen der Gemeinschaft der Kirchen dient. Deshalb hat er sich nun schon seit nahezu 40 Jahren dem theologischen Lehrgespräch verpflichtet gefühlt, wie es vom Ökumenischen Arbeitskreis evangelischer und katholischer Theologen ertragreich praktiziert wird. In diesem Arbeitskreis hat er seit 1969 als Mitglied, seit 1976 als katholischer wissenschaftlicher Leiter und seit 1988 als katholischer Vorsitzender mitgearbeitet. Daneben war er am internationalen Dialog des Lutherischen Weltbundes und des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen beteiligt. Als besondere ökumenische Höhepunkte können die Dialoge gelten, die in Deutschland zwischen der römisch-katholischen Kirche und den evangelischen Kirchen in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts geführt worden sind. Die Arbeit des Ökumenischen Arbeitskreises zur Frage "Lehrverurteilungen - kirchentrennend?" ist wesentlich von seinem wissenschaftlichen Leiter Prof. Dr. Karl Lehmann, ab 1983 Bischof von Mainz, geprägt. Unter den Ergebnissen ragt eindeutig der Abschnitt zum Thema Rechtfertigung (Glaube - Taufe - Buße) hervor; erarbeitet wurde er von der Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Karl Lehmann. Er hat sich auch in der Folge immer wieder als Kenner der für die lutherischen Kirchen so zentralen Lehre erwiesen; dazu hat er für seine Kirche manche Lese- und Verstehenshilfe gegeben.

Der von ihm und Wolfhart Pannenberg herausgegebene Abschlussbericht macht schließlich die Methode dieses Dialogs deutlich, wie sie noch immer von Kardinal Lehman vertreten und praktiziert wird: Klar werden die Unterschiede, hier zu den Themen Rechtfertigung, Sakramente und Amt, untersucht und in ihrer Auswirkung auf die Kirchen heute gewichtet. Kein Problem wird verschwiegen, keines aber auch überbewertet. Die Arbeit zu "Lehrverurteilungen - kirchentrennend?" hat zu grundsätzlichen Annäherungen geführt, die durch die Synodenbeschlüsse der evangelischen Kirchen und die Deutsche Bischofskonferenz auch Anerkennung gefunden haben und sich auf die Gemeinschaft unserer Kirchen auswirkten. Es ist die Auffassung in der VELKD, dass in dieser Arbeit und den nachfolgenden Arbeiten des Ökumenischen Arbeitskreises unter dem Co-Vorsitz des Mainzer Bischofs ein ökumenisches Potenzial liegt, das neue Beachtung verdient.

Die bilateralen Lehrgespräche zwischen seiner Bischofskonferenz und der Kirchenleitung der VELKD zu den Themen "Kirchengemeinschaft in Wort und Sakrament" und "Communio sanctorum - Die Kirche als Gemeinschaft der Glaubenden" hat der Vorsitzende der DBK, Karl Lehmann, mit Interesse begleitet, gefördert und vertreten. Dabei war es ihm ein dringliches Anliegen, nicht nur in den berufenen Kommissionen die Lehrfragen zu behandeln, sondern deren Ertrag auch an die jüngere Generation im Amt der Kirchen zu vermitteln. Der alle zwei Jahre durchgeführte, vom Theologischen Studienseminar der VELKD und dem Johann-Adam-Möhler-Institut verantwortete Ökumenische Studienkurs kann seit über 10 Jahren allein deshalb weitergeführt werden, weil ihn der Vorsitzende der DBK persönlich gefördert hat. Und gerade dieser Kurs gehört inzwischen zu den ökumenischen Zeichen, die immer wieder Hoffnung auf die gelebte Einheit unserer Kirchen wecken und stärken.

Dankbar erinnert die VELKD nicht zuletzt, in welcher Weise der Vorsitzende der DBK, der zugleich Mitglied der römischen Glaubenskongregation war, um das Gelingen und die Akzeptanz der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre bemüht war. Seine Beiträge haben in den aufgeregten Auseinandersetzungen wesentlich dazu beigetragen, die Diskussionen zu versachlichen, aber ebenso auch die Erwartungen, die von vielen Christen auf beiden Seiten mit der Bestätigung dieser Erklärung am 31. Oktober 1997 in Augsburg verbunden worden sind.

In dem Brief, in dem der Vorsitzende den Mitgliedern der DBK seinen Rücktritt von diesem Amt mitgeteilt hat, nimmt er in Aussicht, die ökumenischen Aufgaben weiter wahrzunehmen, weil ihm "die schwierige Situation der Ökumene am Herzen" liegt. Darüber freuen wir uns in der VELKD. Wissen wir ihn doch als einen aufrichtigen Partner, der sich dem Dialog gerade auch in Schwierigkeiten nicht versagt, sondern um Klärungen zu ringen vermag, wenn andere meinen, es gebe nur geringe Chancen auf einen Erfolg. Es sieht nun im Nachhinein aus, als hätte er den evangelischen Kirchen mit dem Eröffnungsreferat zur Herbst-Vollversammlung 2007 der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda unter dem Titel "Zum Selbstverständnis des Katholischen. Zur theologischen Rede von Kirche" nicht nur eine Lesehilfe und seinen Brüdern im Bischofsamt nicht nur eine aufgeschlossene Positionsbeschreibung geboten, sondern auch für beide Seiten den Weg angezeigt, auf dem es nun voran gehen kann. Dies wollen wir in der VELKD gern aufnehmen. Es ist ein wichtiger Impuls für die jetzt anstehende Fortführung der bilateralen Lehrgespräche.

Ich danke dem scheidenden Vorsitzenden der Bischofskonferenz ganz persönlich für geschwisterliches Miteinander in sich überschneidenden gemeinsamen Dienstjahren in Rheinhessen. Ökumenische Gottesdienste in St. Katharinen und St. Bartholomäus zu Oppenheim, Gespräche im dortigen katholischen Pfarrhaus, sich anschließende Begegnungen im Arbeitskreis Kirche und Wirtschaft in Süd-Hessen und die gemeinsame Arbeit an der Frage nach dem evangelischen und katholischen Profil in der Akademie Arnoldshain haben ihm die Ökumene nahe gebracht.

Die VELKD wünscht Karl Kardinal Lehmann neue Kraft für die Aufgaben, auf die er sich nun konzentriert. Sie ist froh, dass die Ökumene im Land und weltweit dazu gehört. Sie lässt sich gern von der froh machenden Zuversicht des scheidenden Vorsitzenden der DBK anstecken und freut sich auf die weitere Zusammenarbeit mit ihm.

Für die Wahl seines Nachfolgers im Amt des Vorsitzenden bitten wir den Herrn der Kirche um seinen Beistand und Segen.


Die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) ist ein Zusammenschluss von acht Landeskirchen. Ihr gehören an: Bayern, Braunschweig, Hannover, Mecklenburg, Nordelbien, Sachsen, Schaumburg-Lippe und Thüringen. Die VELKD repräsentiert rund 10,0 Millionen Gemeindeglieder. Leitender Bischof ist Landesbischof Dr. Johannes Friedrich (München), Landesbischof Jochen Bohl (Dresden) sein Stellvertreter. Das Amt der VELKD in Hannover wird von Dr. Friedrich Hauschildt geleitet.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 8. Februar 2008
Udo Hahn, Pressesprecher der VELKD
Amt der VELKD
Postfach 21 02 20, 30402 Hannover
Tel.: 0511- 27 96 272, Fax: 0511- 27 96 777
E-Mail udo.hahn@ekd.de
Internet: www.velkd.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Februar 2008