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STANDPUNKT/012: Geldwäsche für religiöse Werke? (Gerhard Feldbauer)


Geldwäsche für religiöse Werke?

Neues Glied in der Kette der Skandale der Vatikanbank IOR

von Gerhard Feldbauer, 2. Juli 2013



Die Vatikanbank, die sich sinnigerweise Istituto per le Opere Religiose (Institut für Religiöse Werke) nennt, erlebt wieder einmal einen Finanzskandal in ihrer an diesen Ereignissen reich gesegneten Geschichte. Prälat Monsignore Nunzio Scarano aus Salerno, Finanzdienstleiter des IOR (der zunächst irrtümlich als Bischof bezeichnet wurde), des weiteren ein Finanzbroker mit Geschäftssitz auf den Kanaren, noch ein Geistlicher und ein Geheimdienstmitarbeiter sind wegen des Verdachts des illegalen Geldtransfers und der Bestechung von der italienischen Finanzpolizei festgenommen und in Handschellen abgeführt worden. U. a. sollen sie den Geheimdienstler mit 400.000 Euro bestochen haben, in seinem Privatjet 20 Millionen Euro cash aus der Schweiz nach Italien zu befördern. Gegen den ob zwielichtiger Affären bekannten Scarano, aus dessen Geldbörse immer genügend 500 Euro-Scheine schauten, und der deshalb "Monsignore 500" genannt wurde, laufen in Salerno bereits Ermittlungen wegen des Verdachts der Geldwäsche. Er wurde von Papst Franziskus deshalb von seinem Posten im IOR suspendiert. Wie die römische "Repubblica" schrieb, gebe sich der Prälat als Unschuldslamm. Er habe nur einem Freund helfen wollen, nach einem gescheiterten Anlagegeschäft seine 20 Millionen Euro nach Italien zurückzubringen. Bereits im Herbst 2010 waren der damalige Präsident des IOR, Ettore Gotti Tedeschi, und sein Generaldirektor, Paolo Cipriani, nach Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz entlassen worden. 23 Millionen Euro wurden beschlagnahmt. Neuer Chef der Vatikanbank wurde der deutsche Finanzmanager Ernst von Freyberg, der "Null Toleranz gegenüber Geldwäsche und Finanzkriminalität" verkündete und versprach, das IOR, das in Wirklichkeit eine Bank des Papstes ist, die auch die Geldspenden in Milliardenhöhe der katholischen Kirche verwaltet, endlich aus "den Negativschlagzeilen zu bringen". Wie es scheint, ohne Erfolg.


Ratzingerpapst vertuschte Zusammenwirken des IOR mit P2 und Mafia

In den Blickpunkt gerät auch der zurückgetretene deutsche Ratzinger-Papst, der vor seinem Amtsantritt mehrmals Ermittlungen gegen das IOR verhinderte. So 1981, als die faschistische Putschloge Propaganda due (P2), ein Verbindungszentrum zwischen der Vatikan-Finanz und der sizilianisch-amerikanischen Mafia aufflog. Schlüsselfiguren waren der "Bankier Gottes" genannte Präsident der Ambrosianobank, Roberto Calvi, und der US-Amerikaner und damalige IOR-Chef, Erzbischof Casimir Marcinkus. An der Ambrosianobank, die mit drei Mrd. Dollar bankrott machte, war die Vatikanbank entscheidender Teilhaber. Marcinkus hatte u. a. versucht, gefälschte Aktien im Wert von 500 Millionen Dollar zu verkaufen. Unter 33 Finanziers und Managern, gegen die die Staatsanwaltschaft ermittelte, befanden sich neben Marcinkus weitere hochrangige Würdenträger der Kurie. Um die Untersuchungen gegen sie abzuwenden, bildete Kardinal Ratzinger, der gerade Präfekt der Glaubenskongregation geworden war, eine päpstliche Untersuchungskommission. In ihr wirkte kein Geringerer als der Chef der Deutschen Bank, Hermann Josef Abs, mit. Ratzinger verweigerte der italienischen Justiz eine Auslieferung der Beschuldigten. Die "Untersuchungen" verliefen ergebnislos. Dem wichtigsten Drahtzieher Calvi wurde zur Flucht nach London verholfen, wo ihn, wie später bewiesen wurde, die Mafia am 18. Juni 1982 unter der Black Friars-Bridge aufhängte. Marcinkus wurde in die USA zurückgeschickt.

Immer mit dabei war das Machtzentrum im Vatikan Opus Dei (Werk Gottes). So auch mit seinem Mitglied Kardinal Ricardo Maria Carles bei einem 1996 aufgedeckten Skandal, den Ratzinger übrigens auch vertuschte. Neben Geldwäsche ging es um den Schmuggel von Nuklearmaterial, Waffen und Diamanten. Wie der "Spiegel" (Nr. 24/1996) berichtete, handelte es sich um einen internationalen Ring, gegen den die Staatsanwaltschaft mit einer "ganzen Serie von sich ergänzenden Zeugenaussagen" aufwartete. Trotzdem gelang es Ratzinger mit seinen bewährten "internen Untersuchungen" Schaden vom Vatikan abzuwenden. Auch dem 2010 abgelösten Tedeschi wurde nachgesagt, dem Gotteswerk anzugehören.


Berlusconi an die Macht verholfen

Als 1992/93 mit der Democrazia Cristiana an der Spitze das alte Parteiensystem im Korruptionssumpf zusammenbrach, wollte der Vatikan, wie der Insider Gianluigi Nuzzi in seinem Buch "Vatikan AG. Ein Geheimarchiv enthüllt die Wahrheit über die Finanz- und Politskandale der Kirche" nachwies, "eine sogenannte Große Partei der Mitte auf[...]bauen, die dann die Macht übernehmen sollte". Wenn auch nicht ganz wie geplant, entstand sie dann unter dem Namen "Forza Italia" als Partei Silvio Berlusconis, des Mitglieds des Dreierdirektoriums der P2, dem erwähnten Verbindungszentrum zwischen Vatikan-Finanz und Mafia, dessen Sturz als Regierungschef mehrmals mit direkter Unterstützung des Vatikans verhindert wurde. Insider in Rom vermuten, dass jetzt wieder einmal nur die Spitze eines Eisberges aus dem Meer der Skandale des IOR und seiner Beziehungen zur Mafia ans Licht kommt.

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Quelle:
© 2013 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juli 2013