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STANDPUNKT/085: Opus Dei-Führer Javier Echevarria verstorben (Gerhard Feldbauer)


Opus Dei-Führer Javier Echevarria verstorben

Er führte das Gotteswerk in der klerikal-faschistischen Tradition des Gründers und Hitlerfreundes Balaguer

von Gerhard Feldbauer, 15. Dezember 2016


Wie das Opus Dei (Werk Gottes) mitteilte, ist der Leiter der größten klerikalen Bewegung der katholischen Kirche, Javier Echevarria, am 12. Dezember im Alter von 84 Jahren verstorben. Er war seit 1994 der dritte Chef der 1928 von dem faschistoiden Kleriker José Maria Escriva de Balaguer y Alba gegründeten elitären Organisation, die dieser bis zu seinem Tod 1975 leitete. Ihm folgte der spanische Bischof Álvaro del Portillo, unter dem Echevarria zum Prälaten (einem Bischof vergleichbaren Rang) aufstieg.

Balaguer hatte das Gotteswerk zu einem straff organisierten Geheimbund formiert, dessen Mitglieder sich "die Geheimagenten Gottes" nennen. Balaguer bekannte sich öffentlich zu Hitler und Franco und verkündete, "die wahren Gläubigen in den Kampf gegen die gottlosen Kommunisten" zu führen. Opus Dei unterstützte den blutigen Terror des Franco-Regimes gegen die Volksfront-Regierung. Acht Mitglieder traten in die Regierung des "Caudillo" ein, später ebenso mehrere in die des Pinochet-Regimes in Chile. Den Mord an sechs Millionen Juden, bezeichnete Balaguer als "völlig übertrieben". Echevarria unterstützte solche Positionen durch die Aussöhnung mit den klerikalfaschistischen Piusbrüdern, die mit dem Erzbischof Richard Williamson an der Spitze den Holocaust ebenfalls leugneten. In Italien waren Gotteswerker Komplicen der CIA und deren faschistischer Putschzentrale Propaganda due (P2), die den Mord an dem christdemokratischen Parteiführer Aldo Moro inszenierte, um ein faschistisches Regime zu errichten.

Die Karriere Echevarrias, der mit 16 Jahren Zögling wurde, förderte Balaguer persönlich. 1953 nahm er ihn als Sekretär in seine Dienste und sorgte für dessen Aufstieg zum Generalsekretär des Generalrates, des höchsten Leitungsgremiums der Organisation. Echevarria zeigte sich dankbar. Schon vor seinem Aufstieg zum Chef des Opus Dei sorgte er als Mitglied der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungen, die der deutsche Kardinal Josef Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI. leitete, für ein rasches Verfahren für Balaguer. Die Dokumente wurden von einer ausschließlich aus Opus Dei-Leuten bestehenden Kommission zusammengestellt. Nach der Seligsprechung 1992 erfolgte zehn Jahre später die Heiligsprechung, die die elitäre Position des Gotteswerkes weiter festigte.

Wie der frühere Dekan der katholisch-theolgischen Fakultät der Wiener Universität, Professor Hubertus Mynarek, in mehreren Büchern, so in Papst-Entzauberung (Norderstedt 2007) enthüllte, konnte das Opus Dei unter Echevarria mit Hilfe des Polen Johannes Paul II. und dessen Nachfolger Benedikt XVI. (Päpste 1978-2005 bzw. 2005-2013) seinen Einfluss im Vatikan und auch in weltlichen Bereichen entscheidend ausbauen. Der polnische Pontifex erhob es 1982 in den Rang einer Personalprälatur, womit es der Kontrolle der örtlichen Bischöfe und Kardinäle entzogen und nur dem Papst unterstellt ist. Opus Dei-Mitglieder gelangten in hohe Regierungs- und öffentliche Ämter, erklommen die Chefsessel in Banken und Konzernen, kamen an die Schalthebel von Massenmedien und in einflussreiche Kirchenämter, erreichten Führungsposten in Lehre und Forschung. In der Bundesrepublik gehörte der langjährige Vizepräsident der FU Berlin und damals Institutsdirektor für Neuropathologie Cervós-Navarro, dazu. Er leitete im Herbst 1989 die "Osterweiterung" des Gotteswerkes, darunter auch in der noch bestehenden DDR. Sein Wirken in der klerikal-faschistischen Bewegung hinderte den damaligen Präsidenten der Bundesrepublik, Roman Herzog, nicht im Geringsten, ihn mit dem Bundesverdienstkreuz zu dekorieren. Den Vorschlag hatte FU-Präsident Johann W. Gerlach unterbreitet und mit "sozialem und beruflichem Engagement" begründet! Lehrer- und Studentenproteste gegen die Verleihung wurden ignoriert.

Als finanzstärkste Organisation der katholischen Kirche hat Opus Dei auch entscheidend die Wahl Kardinal Ratzingers zum Papst beeinflusst. Selbst im engsten Mitarbeiterkreis des Kirchenoberhauptes konnten seine Mitglieder sich postieren, wo sie auch heute noch unter Papst Franziskus sitzen, darunter der Dozent der römischen Opus Dei-Universität Dr. Georg Gänsewein als persönlicher Sekretär des Pontifex.

Die Leitung des Opus Dei hat nach Angaben der Prälatur kommissarisch deren Generalvikar, der Spanier Fernando Ocariz übernommen. Ein Kongress zu seiner Wahl als neuem Prälaten soll in einigen Wochen stattfinden. Der neue Leiter muss vom Papst bestätigt werden, was jedoch als reine Formsache gilt.

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Quelle:
© 2016 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2016

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