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INTERNATIONAL/275: Peru - Sechs weitere Morde an Shipibo-Indigenen im Kampf um Landtitel (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Peru
Uyacali: Shipibo-Indigene noch immer ohne Landtitel - sechs weitere Morde

Von Vigilante Amazónico


(Lima, 06. September 2017, servindi-poonal) - Am vergangenen 1. September sind sechs Bauern des indigenen Volkes der Shipibo im Distrikt Nueva Requena nahe der Amazonas-Stadt Pucallpa (Department Ucayali) erschossen worden. Hintergrund der Morde war nach Angaben von Vigilante Amazónico die Weigerung der Bauern, ihr in nachhaltiger Agroforstwirtschaft betriebenes Territorium zum Zweck des Monokulturanbaus an Investor*innen abzutreten, wie aus Santa Clara de Uchunya [1] verlautete.


Morde für illegalen Monokulturanbau

Das indigene Territorium um den Weiler Bajo Rayal, das die ermordeten Shipibo in einer Art nachhaltiger Agroforstwirtschaft (Bosque de Producción Permanente - BPP) bewirtschafteten, hatte die Begehrlichkeiten des illegalen Handels mit Grund und Boden [2] geweckt. Investor*innen wollten den Monokulturanbau von Reis und Kakao dorthin ausdehnen und stünden hinter den Verbrechen, heißt es weiter. Auch die Polizei schließt einen Zusammenhang der Morde mit illegaler Landnahme nicht aus.

Bei den mit Kopfschüssen in der Nähe der Siedlung Bello Paraíso regelrecht hingerichteten Bauern, deren Leichen gefesselt in einem nahen Fluss gefunden wurden, handelt es sich um Elías Gamonal Mozombite (31), Jorge Calderón Campos (33) und Orlando Burillo Mendoza (53) aus Juanjuí sowie um den 71-jährigen Feliciano Córdova Abad und seine beiden Söhne Alcides Córdova López (37) und José Edil Córdova López de (41), berichtet die peruanische Tageszeitung El Comercio.


Fehlende Kartierung und Registrierung der Territorien durch die Behörden

Die Bewohner*innen vor Ort machen die Landwirtschaftsbehörde der Regionalregierung in Ucayali für die Morde verantwortlich. Denn die seit langem von den indigenen Gemeinschaften geforderte Demarkation ihrer Territorien geht nicht voran, während der Verlust von Primärwäldern (Urwald) zugunsten des Monokulturanbaus mit enormer Geschwindigkeit voranschreitet und riesige Flächen, auch indigener Territorien, betroffen sind. Dies geschieht auch auf Gebieten, die indigenen Gemeinschaften zugeordnet sind. Dass die indigenen Territorien nicht in einer Art "Kataster" genau registriert sind, erschwert den Indigenen den Kampf um ihr Land noch zusätzlich.

Immer wieder werden in Peru Menschen ermordet, weil sie sich illegalem Land- oder Holzhandel in den Weg stellen. Im Jahr 2014 wurde Edwin Chota Valera [3] von den indigenen Ashaninka ermordet, weil er sich dem illegalen Holzhandel in den Weg stellte. Auch damals wurde deutlich, dass der Staat die Indigenen mit der existentiellen Bedrohung durch illegale Machenschaften in ihren Territorien völlig allein lässt.


Extensive Landwirtschaft mit schweren Maschinen

Ein weiteres Problem in der ganzen Region Ucayali ist zudem, dass extensive Landwirtschaft mit schweren Maschinen betrieben wird. So beklagen Indigene der Gemeinschaft Ceylan in Masisea, dass der Bewässerungsanbau von Reis sich stark ausweitet und Aussaat und Ernte mit Maschinen erfolge, was nicht nachhaltig sei.

Die Föderation der Indigenen Gemeinschaften des Ucayali und seiner Nebenflüsse FECONAU sowie weitere zivilgesellschaftliche Organisationen verurteilten die Morde in einer Erklärung [4] (Spanisch, am Ende des Artikels).


Anmerkungen:
[1] http://www.infostelle-peru.de/web/regenwald-ein-dorf-wehrt-sich/
[2] http://www.forestpeoples.org/en/featured-topic/struggle-shipibo-community-santa-clara-de-uchunya-against-expansion-oil-palm
[3] https://www.npla.de/poonal/die-50-todesopfer-von-praesident-humala/
[4] https://www.servindi.org/actualidad-noticias/05/09/2017/trafico-de-tierras-detras-de-la-muerte-de-seis-agricultores-shipibos


URL des Artikels:
https://www.npla.de/poonal/uyacali-shipibo-indigene-noch-immer-ohne-landtitel-sechs-weitere-morde/


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https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. September 2017

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