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BUNDESLIGA/534: Männer - 1. und 2. Runde (SB)



Mit dem Start in die neue Bundesliga-Saison an den Spielorten Baden-Baden, Mülheim, Dresden und Solingen stellte sich wieder einmal die alte Frage: Wird der amtierende Champion und Serienmeister Baden-Baden in der Saison 2017/18 vielleicht mehr Gegenwind erhalten als üblich, gar ins Stolpern kommen? Für viele nur eine rein rhetorische Frage, und nach dem Ausgang der ersten Doppelrunde scheint sich am Horizont keine echte Gefahr abzuzeichnen. Das Team von der Oos langte ordentlich zu und schob mit Schwäbisch Hall und Deizisau gleich zwei ernste Kontrahenten ins Abseits.

Anders als erwartet kam es in Runde 1 nicht zu einem großen Kräfteringen zwischen Baden-Baden und Schwäbisch Hall. Zwar konnten die Haller an den vorderen Brettern ganz gut mithalten, aber weiter hinten zeigte sich die Überlegenheit des Gastgebers nur zu deutlich. Der Deutsche Meister setzte sich am Ende mit 5,5:2,5 recht souverän durch. Auch wenn Baden-Baden nicht mit vollem Starensemble antrat - so fehlten die beiden Schlachtschiffe Fabiano Caruana und Levon Aronian -, aber mit Maxime-Vachier-Lagrave, Viswanathan Anand, Peter Svidler, Radoslaw Wojtaszek und Michael Adams war Baden-Baden auch "ersatzgeschwächt" eine Nummer zu groß für Schwäbisch Hall, die zudem ohne Maxim Matlakov, Maxim Rodshtein und Tigran Gharamian auflaufen mußten. An den fünf Top-Brettern konnte der Sieg von Vachier-Lagrave für Baden-Baden immerhin durch den Erfolg von Dmitry Jakovenko gegen Svidler wettgemacht werden, aber dafür kassierten die Haller an den letzten drei Brettern durchweg Niederlagen, so daß der Champion nun dort weitermacht, wo er in der vorigen Saison aufgehört hatte.

Kein Stäubchen scheint das Auge Baden-Badens zu trüben, zumal die Begegnung am Sonntag gegen den starken Aufsteiger Deizisau, der am Vortag Speyer-Schwegenheim mit 6,5:1,5 weggefegt hatte, nichts zu wünschen übrig ließ. Daß beide Mannschaften von der Grenke Leasing AG als Sponsor unterstützt werden und der Klub aus der 6000-Seelen-Gemeinde des Landkreises Esslingen durch den Wechsel von Matthias Blübaum von Werder Bremen und den Zugang von Peter Leko eine kräftige Verstärkung erhielt, änderte nichts an der 2,5:5,5-Pleite gegen Baden-Baden. Eine Backpfeife war es dennoch nicht für den Aufsteiger aus der 2. Bundesliga Süd, schon deshalb nicht, weil Leko und Blübaum an den beiden Top-Brettern Remisen holten und Deizisau zwischenzeitlich dank des Erfolgs von Alexander Graf gegen Michael Adams sogar mit 2,5:1,5 in Führung ging. Gleichwohl war damit das Ende der Fahnenstange erreicht, denn der Deutsche Meister zeigte im weiteren Verlauf seine Extraklasse durch Siege von Rustam Kasimdzhanov, Peter Svidler, Etienne Bacrot und Arkadij Naiditsch. Für Baden-Baden ein glänzender Auftakt in die neue Saison.

Vom tiefen Absturz am Samstag gegen Baden-Baden zeigte sich Schwäbisch Hall in Runde 2 sichtlich erholt, als die Mannschaft gegen Speyer-Schwegenheim, sicherlich kein zu fürchtender Gegner, immerhin einen 6,5:1,5-Kantersieg einfuhr, auch wenn - ein bißchen Galle ist immer mit dabei - Ernesto Inarkiev am Spitzenbrett gegen Toms Kantans den kürzeren zog.

Ebenso erfolgreich wie Baden-Baden meldete sich Hockenheim in die neue Saison zurück. Zwar verlor der Vize-Meister der vorigen Saison seinen Hauptsponsor, doch die Renn- und Schachstadt, wie sich Hockenheim gerne betitelt, konnte ihren Kader dennoch mit dem Ex-Weltmeister Ruslan Ponomariov und dem indischen Großmeister Sasikiran Krishnan in ausreichendem Maße verstärken, um zum Auftakt an Mühlheim Nord, gegen den man in der letzten Saison überraschend die Pechkarte gezogen hatte, klar mit 6,5:1,5 Revance zu üben. Ungleich schwerer war für Hockenheim dagegen das Sonntagspiel gegen Bremen. Doch die Rolle als Mitfavorit auf den Titel wollte man sich auf keinen Fall nehmen lassen, was sich dann auch im hartumkämpften 4,5:3,5-Sieg gegen das starke Nordteam niederschlug. Zunächst jedoch brachte Romain Edouard durch seinen Sieg gegen Dennis Wagner Bremen in Führung, aber David Baramidze glich gegen Vlastimil Babula wieder aus. Dann war es Laurent Fressinet, der gegen Krishnan Sasikiran die Hansestädter erneut zum Aufjubeln brachte. Doch währte die Freude nur kurz, weil Ivan Saric und Arik Braun den knappen Sieg für Hockenheim letztgültig sicherstellten. Mit zwei Siegen zum Saisonstart wie im letzten Jahr kann Hockenheim erwartungsfroh in die nächsten Runden blicken.

Mülheim Nord, ohnehin geschwächt durch den Abgang zweier Großmeister, hoffte am nächsten Tag, gegen Aufsteiger Hofheim Land gutzumachen. Hofheim war nach zwölf Jahren wieder ins Oberhaus zurückgekehrt, hatte allerdings zum Saisonauftakt eine 2:6-Niederlage gegen Bremen kassiert. Umso größer war die Überraschung, als der Aufsteiger aus der 2. Bundesliga West gegen den wettererprobten Bundesligisten mit 4,5:3,5 einen knappen, aber wohlverdienten Sieg feiern konnte. Aus Mülheimer Sicht war der Saisonauftakt eine einzige Katastrophe.

Der Dritte im Bunde der Tabellenführer mit einer tadellosen Bilanz und je elf Brettpunkten war Solingen. Der Meister der Saison 2015/16 mußte sich zum Auftakt gegen die MSA Zugzwang München trotz zweiter Garnitur nicht sonderlich anstrengen und verbuchte einen 6,5:1,5-Routinesieg. Doch die Favoritenrolle wankte am Sonntag gegen den FC Bayern München erheblich. Sieben Unentschieden konnten die Bayern den Klingenstädtern abnehmen, und wäre Erwin L'Ami nicht gewesen, hätten die Hausherren möglicherweise den Anschluß an die Spitze verpaßt.

Meißen, traditionell die Heimstätte des USV TU Dresden, hatte am Wochenende neben Reisepartner Berlin die beiden Nordlichter Hamburger SK und SK Norderstedt zu Gast. Am Samstag ging es für Dresden gegen Hamburg, und das Erstaunen war auf allen Kanälen groß, als die Gastgeber dank der Siege von Mateusz Bartel und Liviu-Dieter Nisipeanu zwischenzeitlich mit 2,5:0,5 in Führung gingen. Echter Frust herrschte im hanseatischen Lager dennoch nicht vor, da die restlichen Partien für sie gut liefen. So leitete Jan-Krzysztof Duda die Aufholjagd ein und Dorian Rogozenco sorgte schließlich für den Ausgleich. Mehr war an diesem Tag für Hamburg nicht zu holen. Trotz besserer Stellungen mit zum Teil deutlichem Vorteil endeten die übrigen Partien unentschieden. Für Hamburg gewiß ein Schmerz ob des verpaßten Sieges, für Dresden nichtsdestotrotz ein wertvoller Mannschaftspunkt.

Im Parallelduell konnten sich die Schachfreunde Berlin gegen Aufsteiger Norderstedt ohne größere Hürden mit 5:3 durchsetzen. Anderntags mußten die Schleswig-Holsteiner erneut Federn lassen gegen Dresden (2,5:5,5). Überhaupt hatten die Nordteams am Wochende nicht viel Grund zur Freude. Das galt vor allem für Hamburg, das am Sonntag gegen die Hauptstädter mit 3,5:4,5 scheiterte. Trotzdem die Hanseaten favorisiert galten, strauchelten sie, als Ilja Schneider, der Jonas Lampert zur Aufgabe zwang, weil er seine Stellung rechtzeitig konsolidieren und seinen entfernten Freibauern verwerten konnte, zum Matchwinner avancierte. Berlin auf Platz 4, das sieht man nicht alle Tage.

Auf Rang 5 plazierte sich der DJK Aachen. Mit dem Neuzugang Vassily Ivanchuk enorm verstärkt, auch wenn dieser am Wochenende nicht am Brett saß, gehören die Aachener nicht nur auf dem Papier zum oberen Mittelfeld der Liga. Gegen Bayern München am Samstag erzielten die Kaiserstädter einen problemlosen 6:2-Sieg. Am Sonntag indes kam die westlichste Großstadt Deutschlands gegen das andere Münchner Team nicht über ein 4:4-Mannschaftsremis hinaus. Für Zugzwang München ein völlig überraschender Mannschaftspunkt, zumal sie an allen Brettern elomäßig im Hintertreffen waren. Dennoch konnte Markus Lammers die Schachakademie früh in Führung bringen. Falko Bindrich sorgte dann für den Aachener Ausgleich, ehe Christian Schramm wieder Siegesstimmung im Münchner Lager entfachte. Erst Florian Handke bewahrte Aachen an diesem Tag vor einer Blamage. Für die MSA Zugzwang nicht nur ein Prestigegewinn, der erbeutete Punkt verbürgte zugleich den ersten Nichtabstiegsplatz vor vier Mannschaften ohne bisherigen Punktgewinn.

Nun, da sich der Rauch auf den verschiedenen Schlachtfeldern verzogen hat, führen dieselben drei Spitzenmannschaften die Tabelle an, die schon in der vergangenen Saison den Ton angaben. Baden-Baden, Hockenheim und Solingen haben die Nase mit jeweils vier Mannschafts- und elf Brettpunkten vorn, gefolgt von den Schachfreunden Berlin, die einen Traumstart hinlegten und mit ebenfalls weißer Weste, aber mit nur 9,5 Brettpunkten, Platz 4 hinter dem Führungstrio einnehmen. Die nächste Doppelrunde datiert auf den 11. und 12. November, wobei Schwäbisch Hall, Aachen, Bremen und München (MSA Zugzwang) als Gastgeber fungieren.


Runde 1, am 21.10.2017

SV Mülheim Nord - SV Hockenheim 1,5:6,5
SV Werder Bremen - SV Hofheim 6:2
OSG Baden Baden - SK Schwäbisch Hall 5,5:2,5
Speyer-Schwegenheim - SF Deizisau 1,5:6,5
SG Solingen - MSA Zugzwang 6,5:1,5
DJK Aachen - FC Bayern München 6:2
USV Dresden - Hamburger SK 4:4
Schachfreunde Berlin - SK Norderstedt 5:3


Runde 2, am 22.10.2017

SV Hockenheim - SV Werder Bremen 4,5:3,5
SV Hofheim - SV Mülheim Nord 4,5:3,5
SK Schwäbisch Hall - Speyer-Schwegenheim 6,5:1,5
SF Deizisau - OSG Baden Baden 2,5:5,5
MSA Zugzwang - DJK Aachen 4:4
FC Bayern München - SG Solingen 3,5:4,5
Hamburger SK - Schachfreunde Berlin 3,5:4,5
SK Norderstedt - USV Dresden 2,5:5,5


 Stand nach der 2. Runde: 
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
SV Hockenheim
OSG Baden Baden
SG Solingen
Schachfreunde Berlin
DJK Aachen
USV Dresden
SV Werder Bremen
SK Schwäbisch Hall
SF Deizisau
SV Hofheim
Hamburger SK
MSA Zugzwang
FC Bayern München
SK Norderstedt
SV Mülheim Nord
Speyer-Schwegenheim
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
2
4
4
4
4
3
3
2
2
2
2
1
1
0
0
0
0
11  
11  
11  
9,5
10  
9,5
9,5
9  
9  
6,5
7,5
5,5
5,5
5,5
5  
3  

24. Oktober 2017


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