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SCHACH-SPHINX/02899: Reigen aus Wiederholung und Zufall (SB)


"Die Figuren erkennen nicht die sie führende Hand des Spielers, der ihr Schicksal bestimmt ... Doch auch der Spieler ist Gefangener seines Tuns ... Gott bewegt den Spieler, dieser die Figur. Doch welcher Gott hinter Gott eröffnet den Reigen aus Staub und Zeit und Traum und Agonie?" So steht es bei J.L. Borges geschrieben. Allzu bekannt wurden seine Worte nicht. Schließlich trifft weder der Analogiecharakter des heraufbeschworenen Bildes noch die Hinwendung zu religiösen Inhalten das Selbstverständnis eines Schachspielers. Gerade im Ringen mit der Vernunft begreift sich der Spieler nicht als Gegenstand einer höherwertigeren Macht, die sich hierhin oder dorthin positionieren ließe. Die Problematik ist zudem zu kurz gefaßt. Ein Zählwerk wie das Schachspiel mit der ständigen Prämisse der Entscheidungen läßt Gedanken an eine ominöse Hintergrund-Wesenheit gar nicht erst aufkommen. Religiosität ist selten bei Schachspielern, Skeptizismus nicht. Denn der Schachspieler stellt sich die Frage: Wie beende ich den Reigen, der mich gefangenhält, aus Wiederholung und Zufall. Im heutigen Rätsel der Sphinx hatte Weiß zuletzt 1.Sc3-a4? gespielt. Sicherlich wollte er damit nicht den Tanz der schwarzen Figuren eröffnen, der gleich darauf über seine Stellung hinwegfegte, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/02899: Reigen aus Wiederholung und Zufall (SB)

Votava - Morosewitsch
Bundesliga 1999

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
In José Capablancas Worten liegt Trost, nicht Rat. Am meisten lernt man eben doch beim Siegen: 1.Sh6-f5! Le7-f8 - die Annahme des Springers führt noch rascher in den Abgrund nach 1...g6xf5 2.e4xf5 De6xf5 3.Lf3xb7 usw. - 2.Td1-d6! Lf8xd6 - oder 2...De6-c4 3.Lf3-e2 nebst 4.Lg5xf6 - 3.Sf5-g7+ Ke8-e7 4.Sg7xe6 f7xe6 5.Dh4-h6 Ke7-f7 6.Lf3- g4 Ld6-e7 7.Dh6-h3 h7-h6 - auch 7...Sd7-f8 war über kurz oder lang hoffnungslos - 8.Lg4xe6+ Kf7-g7 9.Le6xd7 h6xg5 10.Dh3-e6 Td8xd7 11.Tf1xf6 und Schwarz gab auf.


Erstveröffentlichung am 18. Juli 1999

09. Mai 2010