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SCHACH-SPHINX/04511: Schwatzhafte Zunge am Pranger (SB)


Neid und Mißgunst, Intrigen und Spott, wer in der Literatur der europäischen Kulturgeschichte nachliest, der wird allenthalben auf diese unausrottbaren Untugenden treffen. Der berühmte Schriftpoet William Shakespeare hat daraus seine Dramen und Komödien unnachahmlich- lebensecht in Szene gesetzt. Die Moral und das Besserwissertum der Bildungsanstalten lehrte zwar mit dem Stock Bescheidenheit, das Herz der Menschen blieb davon jedoch unberührt. Wo es Ansehen zu gewinnen gibt, da gibt es auch Nestbeschmutzer. Damit sind nicht jene Köpfe gemeint, die in aller Ernsthaftigkeit Kritik an bestehenden Mißständen üben, sondern jene, die sich aus der billigen Häme gegen Zunftgenossen ihren Strahlenkranz binden und dann gar als gescheite Sprücheklopfer gelten. Vlastimil Hort beispielsweise hatte sich einst zu den Worten hinreißen lassen: "Wenn zum Beispiel ein Ralf Lau glaubt, Großmeister werden zu können, kann ich das kaum ernst nehmen. Selbstüberschätzung und Überbezahlung des Mittelmaßes scheinen in Deutschland gang und gäbe geworden zu sein." Als Lau später den Großmeistertitel trotz aller Unkenrufe erhielt, verhielt sich Hort plötzlich mucksmäuschenstill. Hüte jeder seine Zunge, sie schwatzt ihn sonst an den Pranger! Doch nun zurück zum heutigen Rätsel der Sphinx, und damit zu der Frage, wie es Meister Vukovic mit den weißen Steinen gelang, die Partie mit einem glänzenden Matt zu beenden, Wanderer.

SCHACH-SPHINX/04511: Schwatzhafte Zunge am Pranger
Vukovic - Deutsch
Zagreb 1920

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Meister Awerbach sah weise voraus, daß seine Damenflügelbauern nach 1...Sb5xa3! 2.Lb2xa3 Sd6-b5 3.La3-c1 Sb5xc3 4.Sf4-e2 Sc3-b1 aufgrund der Drohung 5...a4-a3 und 6...b3-b2 mehr Wert hätten als ein passiver Springer. Sein Kontrahent Euwe gab daher die Partie bereits nach 4...Sc3-b1 auf.


Erstveröffentlichung am 18. Dezember 2000

22. September 2012