Schattenblick →INFOPOOL →SCHACH UND SPIELE → SCHACH

SCHACH-SPHINX/04626: Graue Eminenzen des Großhirns (SB)


Verrisse der Schachmeister durch die Presse halten sich in Grenzen. Die grauen Eminenzen des Großhirns sind auf schachlicher Ebene vor journalistischer Häme weitgehend sicher. Viel lieber greift die ironische Feder daher die Physiognomie an, aber weil dies beim denkenden Volk nicht viel Sinn macht, schließlich zeugen verhärmte Gesichtszüge von angestrengter Gedankentätigkeit, bleibt im wesentlichen nur noch das Erscheinungsbild für den Spott übrig. Mokiert wird sich besonders gern über das jeden Schick vermissende Modebewußtsein der Kopfakrobaten. Schlacksige Gestalten mit zotteligem Haar und Kleidern wie zur letzten Jahrhundertwende werden dann in den Gazetten karikiert. Und läßt es ein Meister dann doch nicht an modischer Eleganz fehlen, wird kurzum sein Verhalten an den Pranger gestellt. Daß er die ganze Zeit die Hände in den Hosentaschen hält, scheint darauf zu verweisen, daß er seine abgekauten Fingernägel versteckt. Ein anderes Mal wird das gelegentliche Zucken seines linken Augenlids zur nervösen Misere verklärt. Eine schlechte Kinderstube entlarvt wohl auch das Knabbern an Bleistiften. Überhaupt wird jede Kleinigkeit ins Groteske gewendet, um dem Geschmack eines bestimmten Lesepublikums neue Nahrung zu geben. Was hilft es da, daß renommierte Blätter mit kühlem Unterton die Durchschnittlichkeit ihrer Galionsfiguren hervorheben. In jeder Beteuerung wird ein wunder Punkt vermutet, in die die Federkiele am liebsten hineinstechen. Nun aber zurück zum heutigen Rätsel der Sphinx und damit zur Frage, wie es Meister Becker fertigbrachte, seinem Kontrahenten Jung die Dame abzujagen, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/04626: Graue Eminenzen des Großhirns (SB)

Becker - Jung
Eberstadt 1948

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Leicht hätte Polugajewski mit 1.Tf4-h4! Tf6-g6+ 2.Kg3-h3 Tb4xh4+ 3.Kh3xh4 das Remis halten können. Bedauerlich, daß ein Meister seines Formats dies bei einem so wichtigen Wettkampf übersehen hatte.


Erstveröffentlichung am 24. Januar 2001

16. Januar 2013





Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang