SCHACH-SPHINX/04950: Freveltaten des Gabor Kadas (SB)

Es gibt Eröffnungszüge, die treiben einen Theoretiker schier zum Wahnsinn. Sieht er solche, so möchte er sich am liebsten auf den Frevler stürzen und ihm links und rechts ein Dutzend Ohrfeigen geben. Sittsam ist seine Rache dort, wo er diesen Zügen das schmähende Prädikat "unregelmäßig" verpaßt. Ansonsten übergeht er in seinen heiligen Werken derartige Züge in Erinnerung an Siegbert Tarrasch, der bei derartigen Gelegenheiten gern vom einem "Stümperzug" sprach. Indessen, der ungarische Internationale Meister Gabor Kadas ficht das nicht an, wenn er mit allem Ernst 1.h2-h4 spielt und wie beiläufig dazu meint, daß er sich damit den "Nachzugsvorteil" sichert. Konkurrenz auf diesem Feld der Eröffnungen braucht er nicht zu fürchten, weswegen er sein Geistes Kind mit Stolz Kadas-Eröffnung nennt. Skurrilität kann man ihr jedenfalls nicht absprechen, und zuweilen gelingen Kadas mit ihr sogar schillernde Siege wie im heutigen Rätsel der Sphinx, wo er den ansonsten sattelfesten, das heißt eben "nur" theoriekundigen Internationalen Meister Leon Pliester vom Pferd riß. Also, Wanderer, Weiß verwertete dank einer hübschen Kombination den entfernten Freibauern.

Kadas - Pliester
Budapest 1990

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Die beiden weißen Türmen drängten zum Einsatz. Über die h-Linie mußte die erste Etappe des Sieges gehen. Wolfgang Uhlmann opferte daher mit 1.Lh6-c1!! einen Bauern, gewann ein wertvolles Tempo und konnte nach 1...Ta3xc3 2.Th2xh7 De7xh7 - 2...Sf8xh7 3.Df5xg6+ Kg8-h8 4.Lg4-f5 - 3.Th1xh7 Kg8xh7 4.Df5xf6 auf den entblößten schwarzen König losgehen. Wegen der Schachdrohung auf f7 verlor der Nachziehende ein weiteres Tempo; zuviel, um noch irgend etwas konsolidieren zu können: 4...Te8- e7 5.Lg4-f5! Te7-g7 6.Lc1-d2 Tc3xd3 7.Ld2-b4 c6-c5 8.Lb4xc5 Sf8-d7 9.Df6-h4!! - Uhlmann, der Alchimist der Schachmaterie - 9...Kh7-g8 10.Lf5-e6+ Tg7-f7 11.Le6xf7+ und Schwarz gab auf.

Erstveröffentlichung am 09. Mai 2001

06. Dezember 2013

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