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SCHACH-SPHINX/05047: Weltgültigkeit philosophisch (SB)


Viele Meister haben gar nichts anderes vor, als auf Turnieren Partien zu gewinnen und Preisgelder einzustreichen. Dagegen ist nichts einzuwenden, und dann und wann finden sich unter solchen merkantilen Befürwortern sogar Künstlerseelen und ambitionierte Schriftsteller. Die Blüte eines solchen Denkens ist jedoch schon längst verwelkt. Charaktere, auf deren Schultern das Schach wie in früheren Zeiten eine Verfeinerung erfahren hatte, gibt es heute kaum noch. Allzu sehr diktiert der Kommerz das Geschehen. Wer von den heutigen Meistern würde schon auf eine solch wahnwitzige Idee kommen und philosophische Abhandlungen zum Schachgedanken schreiben, und dann noch, so wie der deutsche Ex-Weltmeister Emanuel Lasker, glauben, daß sein Werk "gewißlich einmal von aller Welt gekannt und geschätzt sein" würde. Laskers Philosophiekonzept gründete sich auf den Gedanken des Kampfes als der Urform der schöpferischen Kraft im Universum. Und gerade im Schach, so seine Meinung, sei um die Jahrhundertwende eine kurz aufblühende Renaissance dieses grenzenverspottenden Höhenflugs zu verzeichen gewesen: "Die Kampftheorie, von Männern wie Machiavelli, Napoleon, Clausewitz vorausgeahnt, von Steinitz auf dem Schachbrett präzise gestaltet, von einigen Philosophen sehnsüchtig erstrebt, von mir philosophisch, also weltgültig hingestellt, wird in das Leben der Menschheit sehr tief eingreifen." Nun, die Geschichte erteilte ihm eine kräftige Absage. Ist die Zeit noch nicht gekommen, um den Kernpunkt der Laskerschen Philosophie zu begreifen? Denn Lasker sprach von der Verstärkung des Schaffens in allen Belangen des Lebens und Planens. Er machte nur den Fehler aller Propheten und Weltverbesserer: Er adressierte! Einen weitaus größeren Fehler beging jedoch unser Schachfreund Seyfried in seiner Partie gegen Reinle, als er in einer umstrittenen Variante des Königsgambits zuletzt 1...Sb8-d7? zog. Nun, Wanderer, findest du den netten Widerlegungszug?



SCHACH-SPHINX/05047: Weltgültigkeit philosophisch (SB)

Reinle - Seyfried
Murau 1959

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Nie und nimmer hätte Meister Kristensen 1.Ld4xe5? spielen dürfen. Seltsam nur, daß er die simple Widerlegung 1...Dd8-b6+ 2.Kg1-h1 f7-f6 mit Figurenverlust übersehen hatte!


Erstveröffentlichung am 10. Juni 2001

13. März 2014





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