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SCHACH-SPHINX/05048: Kein Tor für große Köpfe (SB)


Ein Kauz von einem Denker, der sich vielen liebgewonnenen Menschenschablonen entgegenwarf und darin sogar eine seltene Meisterschaft zustande brachte, war Friedrich Nietzsche. In seinen Werken zu lesen, erweckt zumindest eines zu bunter Leuchtkraft: die fröhliche Kritik. Hören wir ihn selbst: "Und Zarathustra blieb stehn und dachte nach. Endlich sagte er betrübt: 'Es ist alles kleiner geworden! Überall sehe ich niedrigere Tore: wer meiner Art ist, geht da wohl noch hindurch, aber - er muß sich bücken! Oh, wann komme ich wieder in meine Heimat, wo ich mich nicht mehr bücken muß - nicht mehr bücken muß vor den Kleinen!" Auf eine Prise Überheblichkeit konnte auch der Aufrüttler Nietzsche nicht verzichten! Aber erst die Überheblichkeit macht den Unterschied, schafft das Kleine im Kontrast zum Großen. Kein Zufall, daß er sich darüber verwundert: "Sie beißen nach mir, weil ich zu ihnen sage: für kleine Leute sind kleine Tugenden nötig, - und weil es mir hart eingeht, daß kleine Leute nötig sind!" Nicht alles ist zu verwerfen und als Wahn abzutun, was dieser Dichterphilosoph zu sagen hatte. Daß er an den entscheidenden Stellen seines Werkes doch den Weg zurücknahm zum Glauben, die Welt ließe sich besser ertragen mit harmonistischen Augen, ist für sich genommen betrüblich und doch nur der Ausfluß einer unzureichenden Theorie. Was als Abrechnung konzipiert und gedacht werden sollte, entpuppte sich als eine mit vielen Worten aufgebauschte Klage über die menschliche Unzulänglichkeit. Wozu menschlich sich grämen, nur weil die Welt den eigenen Gedanken sprengt? Beim Zonenturnier in Dublin 1993 wurde die folgende Partie des englischen Siegers Michail Adams als beste ausgezeichnet. Mit den weißen Steinen am Zuge zwang er seinen Kontrahenten Matthew Sadler nach einigen wuchtigen Schlägen zur Aufgabe. Findest du den Kopf, Wanderer, der im heutigen Rätsel der Sphinx die Gewinnkombination ersann trotz der vielen Zwergentore?



SCHACH-SPHINX/05048: Kein Tor für große Köpfe (SB)

Adams - Sadler
Dublin 1993

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Unser Schachfreund Seyfried sollte mehr Behutsamkeit an den Tag legen, wenn er sich dem Königsgambit stellt. Eine kurze Vernachlässigung der Vorsicht und schon geht die Partie den Bach herunter, und so konnte sein Kontrahent Reinle nach 1...Sb8-d7? mit 2.Sf3xg5!! materiellen und positionellen Vorteil erzielen. Daß er den Sieg hinterdrein noch geschenkt bekam, lag schlicht und ergreifend daran, daß Seyfried nicht das notwendige 2...f6xg5 zog, sondern sich nach 2...Lg4xd1? mit einem gelungenen Seekadett mattsetzen ließ: 3.Lc4-f7+ Ke8-e7 4.Sc3-d5#


Erstveröffentlichung am 10. Juni 2001

14. März 2014





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