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SCHACH-SPHINX/05331: Wenn alles zur Nebensächlichkeit wird (SB)


Erzählungen über die Weltvergessenheit, in die ein Spieler während einer Partie Schach fallen kann, sind gerne mit geschichtlichen Personen ausgeschmückt worden. So geht beispielsweise die Kunde, daß der letzte große Mongolenführer Timurlenk in seinem Feldlager Schach mit einem seiner Unterführer spielte, als man ihm die Nachricht von der Einnahme einer Stadt am Jaxartes überbrachte. Zur gleichen Zeit meldete ihm ein anderer Bote die Geburt seines vierten Sohnes. So zerstreut, wie er war, denn in seinem Kopfe jagten sich die Kombinationen wie Irrlichter, gab er den Befehl, die Stadt 'Schâch rochia' und seinen Sohn 'Schâchroch' taufen zu lassen. Natürlich ist nichts dergleichen geschichtlich anders zu belegen als mit dem Siegel einer Anekdote. Dies gilt ebenso für die zweite Geschichte: Es heißt, der Kalif Al Amîn habe einst in seinem Zelte bei einer Wasserpfeife gegessen und mit seinem Vertrauten Kutar eine Partie Schach gespielt, während sein Heereswurm gerade die Stadt Bagdad eroberte. Mit eiligen Füßen flog nun ein Bote zum Kalifen und meldete ihm die Einnahme der Stadt. Statt sich erfreut zu zeigen, scheuchte Al Amîn den unerwünschten Störenfried mit den Worten, "laß mich mit Kutar allein, ich werde ihn bald schachmatt machen", aus dem Zelt. Diese netten Geschichten ohne den geringsten Wahrheitsanspruch sollen eben zeigen, daß ein Schachspieler, vom leidenschaftlichen Feuer einer Partie erfaßt, auch den größten Sieg noch dem Schach hintanstellt. Man könnte es auch einfacher sagen, ohne kriegerischen Schmelz und Prominenten- Cocktail: Störe keinen Schachspieler bei seiner Partie! Unser finnischer Schachfreund Kortelainen hatte mit seinem letzten Zug 1...Dc7xc2? aber durchaus eine solche Störung in die Welt gesetzt, und sollte sich daher nicht wundern, daß er im heutigen Rätsel der Sphinx entsprechend abgekanzelt wurde, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/05331: Wenn alles zur Nebensächlichkeit wird (SB)

Pirttimäki - Kortelainen
Helsinki 1983

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Wer dem ungarischen Großmeister Lajos Portisch eine solche Stellung an die Hand gibt, der darf sich nicht wundern, wenn er bald untergeht, und so mußte Meister Berger mit 1.Sg5xh7! der Niederlage ins Gesicht sehen, weil es nach 1...Kg8xh7 2.Td5-h5+ Kh7-g7 - kurios wäre 2...Kh7- g8 3.Dc2xg6# gewesen - 3.Lf4-e5+ f7-f6 4.Th5-g5! keinen Widerstand mehr gab und 4...Lc8-f5 an 5.Dc2xf5! scheiterte. Diese Mehrfach- und Um-die-Eck-Fesselungen haben ihren eigenen Reiz.


Erstveröffentlichung am 18. Januar 2002

22. Dezember 2014





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