Das Tragen der Krone empfinden nur jene als die Erfüllung des letzten Versprechens, die die Last der Verantwortung nicht kennen. Die gekrönten Häupter dagegen schweigen sich in diesem Punkte zumeist aus. Für viele begann nach ihrer Thronbesteigung ein Leben voller Strapazen. Verloren sie auf einem Turnier dann eine Partie, so stürzten sich die Pressefüchse auf sich: Der Weltmeister verlor - wankt sein Thron? Man glaubt gar nicht, wie bedroht sich eine Zielscheibe fühlt! So hatte David Bronstein, nachdem er 1951 seinen Wettkampf gegen den Titelverteidiger Michael Botwinnik mit 12:12 verlor, gut reden: "Als ich nach 22 Partien klar sah, daß ich Weltmeister werden kann, da besann ich mich rechtzeitig und sagte mir: 'Wozu habe ich das nötig, wozu diese Last auf mich nehmen?'" Klar, wird man nun erwidern, da windet sich einer aus dem Schlamassel seiner Niederlage heraus. Doch so ganz unwahr waren Bronsteins Worte nicht. Er hatte sich selbst gegenüber etwas bewiesen. Seiner Kunst war damit Genüge getan. So hatte er es nicht mehr nötig, sich von anderen in Billigkeit eine Anerkennung zu verschaffen. Der Mensch im Schatten des Ruhms denkt jedoch anders. So umstrahlt sein von Licht, schwärmt er, welche Wonne! Doch die Kunst handelt anders. Der Erfolg, und mag er noch so golden locken, ist immer der bequemere Weg. Und damit, Wanderer, zurück zum heutigen Rätsel der Sphinx, wo Meister Awerbach als Nachziehender mit einem hübschen Opfer die Drohkraft seiner Bauernphalanx unüberwindlich machte.
Euwe - Awerbach
Zürich 1953
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Alexander Aljechin verkürzte die Litanei des langen Endspielgeschiebes
mit 1.Ta8xa6! Lb6xd4 2.Ta6xf6 Ld4xf6. Er hatte zwar eine Figur
hergegeben, seinen Freibauern dafür jedoch eine freie Schneise
geschlagen: 3.a4-a5 Lf6-e5 4.b4-b5 h5-h4 - 4...Le5-c7 5.b5-b6 Lc7-d8
6.Kd3-d4 nebst 7.Kd4-c5 und 8.a5-a6 - 5.a5-a6 und der Vormarsch der
Bauern war nicht mehr zu stoppen.
Erstveröffentlichung am 03. August 2003
21. Juli 2016
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