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SCHACH-SPHINX/06124: Arabische Anekdoten V (SB)


Am Hofe eines Kalifen gab es zumeist auch einen Schachlehrer, denn die Meister dieser Kunst wurden weithin gepriesen als Männer wachen Verstandes. So lebte denn in den Palästen des Kalifen al-Muktafi ein gewisser al-Maswardi. Sein Ruf war untadelig. Auch hatte al-Maswardi mit geschmeidiger Zunge das Seinige dazu getan, um in den Augen seines Kalifen an Wertschätzung zu gewinnen. Als nun ruchbar wurde, daß in Bagdad ein weiterer Schachspieler mit außergewöhnlichem Talent lebte, da schickte der Kalif sogleich einen Boten aus, um diesen al-Suli an seinen Hof zu bringen. Zwei Meister hohen Ranges beim Spiel bestaunen zu können, das schien für al-Muktafi eine seltene Freude und Zerstreuung vom tristen Alltagsleben zu sein, die er sich auf keinen Fall entgehen lassen wollte. Außerdem schien ihm der Augenblick günstig, zu sehen, ob die Gunst, die er dem al-Maswardi gewährte, verschwendet war oder nicht. An seinem Hofe wollte er schließlich nur die Besten der Besten wissen. So kam es denn, daß sich beide Meister der Schachkunst im strengen Wettkampf gegenübersaßen. Das Spiel begann, und der Kalif, umgeben von seinem ganzen Hofstaat, pries die vorzügliche Spielweise seines Favoriten so überschwenglich, daß sich al-Suli zunächst ganz klein vorkam. Als er jedoch merkte, daß al- Maswardi zwar ein hervorragender Schmeichler und Lächler war, in der Schachkunst dagegen nur ein aufgeblasener Scharlatan, da schmetterte er ihn mit einer Folge kraftvoller Züge regelrecht vom Brett. Der Kalif, beschämt, daß er sein Lob an den falschen Spieler gerichtet hatte, lief krebsrot an und sagte mit kalter Stimme zu al-Maswardis: "Dein Rosenwasser hat sich in Urin verwandelt." Auch Meister Beilin hatte im heutigen Rätsel der Sphinx recht tölpelhaft gespielt und seinen schwarzen Monarchen in eine aussichtslose Lage gebracht. Wie gut, daß keine feinriechende Nase zugegen war, als sein Kontrahent Liskow zum Angriff blies. Nun, Wanderer, auf den Riecher kommt es trotzdem an!



SCHACH-SPHINX/06124: Arabische Anekdoten V (SB)

Liskow - Beilin
UdSSR 1953

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Meister Bielicki nahm seine Dame nicht zum Holz- oder Schädelspalten, sondern verwendete sie einzig und allein zum Mattsetzen. Dazu mußte er sie freilich mit 1...Dc5xc2+! opfern. Kummer hatte er deswegen nicht, denn nach 2.Kc1xc2 Lc6xe4+ gab es für den weißen Monarchen nur zwei Alternativen, und beide waren gleich mißlich: 3.Kc2-d2 Tc8-c2# oder 3.Kc2-b3 Le4-c2#


Erstveröffentlichung am 07. März 2004

27. Februar 2017


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