Schattenblick → INFOPOOL → SCHACH UND SPIELE → SCHACH


SCHACH-SPHINX/06243: Anstand durch Abstand (SB)


Im Vergleich zur Schachliteratur des Mittelalters tauchen seit dem 19. Jahrhundert die Damen praktisch nur noch auf dem Brett auf. Das holde Geschlecht, einst eng verflochten mit dem Königlichen Spiel, wurde regelrecht aus dem Leben der Meister verbannt. Eine Ausnahme bildete der kubanische Weltmeister José Capablanca. Sein charmantes Lächeln galt weniger den Herren mit der zerwühlten Stirn, als vielmehr den Damen, die gekommen waren, um den eleganten Weltmann zu bewundern. Auch die Biographen der berühmten Meisterspieler hielten zum Thema Frauen und Liebschaften Abstand. Die persönliche Sphäre wurde nicht angetastet. Nun war das 19. Jahrhundert ein biederes Nest. Anstand und Schicklichkeit beherrschten die Gedanken, und eine Regenbogenpresse gab es noch nicht in diesem Sinne. Mit derselben Distanziertheit schwieg man sich bei schachspielenden Frauen aus, zumal in Deutschland. Die Engländer waren in dem Punkt ein wenig konzilianter. Von den Weltmeistern bis auf unsere Tage ging lediglich Adolf Anderssen keine Ehe ein. Als Junggeselle wurde er geboren und als solcher starb er auch. Max Lange schrieb einmal über dessen Verhältnis zum weiblichen Geschlecht: "Ihn belebte die Gegenwart von Damen, sobald er ihnen aus besonderen Rücksichten Aufmerksamkeit schuldete, zu interessantem Gespräch und sogar zu galanten Wendungen, gewöhnlich aber suchte er dem gesellschaftlichen Umgange mit dem schönen Geschlecht, welches ihn nur vorübergehend interessierte, fernzubleiben." Inzwischen ist auch der einstige Viswanathan Anand in den Ehehafen eingelaufen. Doch im heutigen Rätsel der Sphinx mußte er sich noch auf seine hölzerne Dame verlassen. Die jedoch konnte ihren schwarzen Gemahl nicht vor Ungemach bewahren, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/06243: Anstand durch Abstand (SB)

Kasparow - Anand
Tilburg 1991

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Zwei Türme auf der sechsten Reihe, das kann nicht gutgehen, und in der Tat, der Internationale Meister Beat Züger aus Siebnen nahm seinem Großmeister-Kontrahenten Nemet mit 1.Td6-g6+! Kg8-f8 - 1...f7xg6 2.Ta6xg6+ Kg8-f8 3.Tg6-f6+ Kf8-e8 4.Dc7-f7# - 2.Dc7-e5! f7xg6 3.De5- f6+ - hier versäumte Züger in Zeitnot 3.De5-h8+ mit vierzügigem Matt - 3...Kf8-e8 4.Df6xg6+ Ke8-e7 5.Dg6-f6+ Ke7-e8 6.Ta6-e6+ Dc8xe6 7.d5xe6 die Freude an der Partie.


Erstveröffentlichung am 02. Juli 2004

26. Juni 2017


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang