Man wundert sich zuweilen über die Großzügigkeit der Drittweltstaaten. Da leidet das eigene Volk unter den schlimmsten Inflationszuwächsen, eine Wirtschaftskrise jagt die andere, doch wenn es um die Finanzierung von Schachturnieren geht, ist plötzlich Geld in jeder verfügbaren Menge vorhanden. Bestes Beispiel dafür war das alte Jugoslawien. Als die FIDE 1987 nicht mehr wußte, woher sie die Finanzmittel für die Ausrichtung der Interzonenturniere nehmen sollte, meldete sich in allerletzter Minute der Ostblockstaat zu Wort und half dem Weltschachbund aus der drohenden Misere. Die Säckel des nationalen Schachbundes waren offenbar praller gefüllt als die der großen Mutterorganisation. Inzwischen verschlechterte sich die politische und wirtschaftliche Lage Jugoslawiens Jahr um Jahr, bis es zum blutigen Bürgerkrieg kam. Geistige Nahrung mag ihren Reiz haben, Brot und Fleisch ersetzt es aber nicht. Das heutige Rätsel der Sphinx stammt aus der jugoslawischen Meisterschaft des Jahres 1988, die in Pula, dem alten Kriegshafen auf der Halbinsel Istrien, stattfand. Sieger des Mammut-Wettbewerb mit einer gigantischen Teilnehmerzahl von 4000 wurde Ivan Sokolow aus Sarajewo. Gegen die Grünfeldindische Verteidigung seines Landsmannes Mukic fand er eine reizvolle Widerlegung, Wanderer!
Sokolow - Mukic
Pula 1988
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Im Turniersaal war es zwar angenehm warm, aber draußen tobten die
entfesselten Winde, als der seinerzeit 25jährige Isländer Jon
Hjartarson mit 1...Sf4xh3! 2.De3xg5 - 2.Lf1xh3? Dg5-g4! - 2...Sh3xg5+
3.Kh2-g2 Sg5-f3 4.Te1xe4 Te8-f8 5.g3-g4 Th7-h2+ 6.Kg2-g3 Th2-h1 7.Te4-
e2 Sf3-h4 8.Te2-e3 g6-g5 9.Sc6-e7+ Kg8-g7 10.Te3-c3 seinen englischen
Großmeisterkollegen Nigel Short zur Aufgabe zwang. Der weiße Läufer
ging verloren.
Erstveröffentlichung am 23. Juli 2004
17. Juli 2017
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