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SCHACH-SPHINX/06534: Antipoden von Grund auf (SB)


Noch ist nicht abzusehen, wie sich die Rivalität zwischen Garry Kasparow und Anatoli Karpow weiterentwickeln wird. Daß sie der Schachszene ganz allgemein schadet, ist unbestritten. Als Wortführer der beiden großen Schachverbände könnte man von ihnen zwar ein größeres diplomatisches Geschick verlangen. Dagegen spricht jedoch ihre menschlich auseinanderdriftende Sicht der Dinge. Beide sind in ihrer Art hartschädelig und nur zu geringen Konzessionen bereit. Karpows Rücktrittserklärung vom Frankfurter Giants-Turnier, als er erfuhr, daß Kasparow ebenfalls daran teilnehmen wollte, spricht in diesem Konflikt Bände. Früher oder später werden sich beide an einen Tisch setzen müssen. Beide haben das Schach der 1990er Jahre geprägt, der eine durch Innovationen, der andere durch beharrliches Festhalten am Geist der alten Zeit. Karpow selbst hatte in seinem Buch "Karpow on Karpow" versucht, die Hintergründe ihrer Anfeindung aufzuhellen: "Kasparow und ich haben nichts gemeinsam. Wir sind in unterschiedlichen Zeitepochen großgeworden, ich in den Jahren der sozialen 'Renaissance' und in der Emanzipation des Volkes, und er in der Zeit der Stagnation. Ich stamme aus einfachen Verhältnissen und lange lebte ich auch so. Er hingegen wurde schon als Kind ausgewählt, so daß elitäres Denken ein grundlegender Bestandteil seiner Welt wurde. Für mich bedeutet Schach Zweck, für ihn ist es hauptsächlich ein Mittel." Wird es da nicht Zeit für eine 'Renaissance der Friedensabsichten'? Im heutigen Rätsel der Sphinx ging es hingegen recht kriegerisch zu. Kasparow hatte mit seinem letzten Zug 1...Dd8- a5? einen der größten Fehler seiner Schachkarriere gemacht. Karpow war so verwundert, daß er ganze 25 Minuten nachdachte, ob hinter dem Damenzug nicht doch eine raffinierte Falle steckte. Aber 1...Dd8-a5? war und blieb ein großmeisterliches Eigentor, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/06534: Antipoden von Grund auf (SB)

Karpow - Kasparow
New York 1990

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Mit 1.Sa3-c4? kitzelte Hübner Kasparows grünfeldindische Angriffswut hervor, was er nicht hätte tun sollen, aber Reue ist bekanntlich ein später Heimkehrer: 1...Sg4xh2+ 2.Kf1-g1 Sh2-g4 3.Tb1-f1 Lg7-d4! 4.Ld6- c5 - 4.Td1xd4? Sf4-e2+ - 4...Tf3-g3+ 5.Kg1-h1 Tg3-h3+ 6.Kh1-g1 Sg4-h2! und vor die Wahl gestellt, das Matt mit 7...Sh2-f3# zuzulassen, oder mit 7.Td2-d3 einen Turm zu verlieren, gab Hübner lieber sofort auf.


Erstveröffentlichung am 17. April 2005

14. April 2018


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