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SCHACH-SPHINX/06537: Wieviele Züge lassen sich vorausberechnen? (SB)


Was ist dran an der vielbeschworenen vielzügigen Kombination? Vorteile positioneller Art lassen sich vielleicht durchaus über fünf, sechs Züge oder mehr berechnen. Derartige Stellungen sind zumeist durch gravierende Felderschwächen gekennzeichnet, die der Kontrahent nicht kontrollieren kann. So sind die Aufmarschpläne auf soliden Voraussetzungen gebaut. Doch in komplizierten Positionen mit einer Tausendfalt an Möglichkeiten eine taktische Lanze hineinzustechen, die dann auch noch genau berechnet sein will, können Schachmeister dies im Kopf bewältigen, oder verlassen sie sich doch eher auf ihr Gespür in Verbindung mit jahrelanger Erfahrung. Profi-Champion Garry Kasparow hat einmal in einem Interview auf die Frage, wieviele Züge er vorausberechnen könne, geantwortet: drei, vier Züge, mehr sei nicht möglich. Anders dagegen die Schachliteratur, die nicht müde wird, wahre Wunderwerke an kapriziöser Berechenbarkeit hochzujubeln, wo Meister bis zu zehn Zügen voraus ein klares kombinatorisches Ziel vor Augen gehabt haben sollen. Hinterher läßt sich natürlich alles behaupten, was während der Partie ein Spiel mit Prognosen gewesen sein könnte. Empirische Wahrscheinlichkeiten geben sich in der Regel wohl die Hand mit Wagemut und Glück. Sicher ist jedoch, daß ein ambitionierter Angriff gegen den gegnerischen König mehr Aussicht auf Erfolg hat, zumal in einer augenblicklichen Entscheidungssituation. Wie anders wäre es zu erklären, daß oftmals Turnierpartien, die mit einem Sieg der angreifenden Seite endeten, später in einer Neuauflage, durch entsprechende Verteidigungszüge verstärkt, ein spiegelverkehrtes Ergebnis brachten. Im heutigen Rätsel der Sphinx konnte der Porzer Lutz mit den weißen Steinen einen Angriff lostreten, dessen Erfolg nicht allein in den Sternen geschrieben stand, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/06537: Wieviele Züge lassen sich vorausberechnen? (SB)

Lutz - Kuczynski
Bundesliga 1993

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Unser amerikanischer Fernschachfreund Holliman war brav den Theoriepfaden des Lettischen Gambits gefolgt. Sein letzter Zug 1...b7- b5?? indes war ein tragischer Abweg, der mit 2.Dg5xe7! sofort bestraft wurde. Auf 2...Sg8xe7 wäre nun Matt durch 3.Sa4-c5# gefolgt und 2...b5xa4 scheiterte an 3.Lg6-d3# Holliman ließ sich das alles jedoch nicht mehr zeigen. Nach 2.Dg5xe7! wählte er eine ehrenvolle Kapitulation.


Erstveröffentlichung am 20. April 2005

17. April 2018


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