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SCHACH-SPHINX/06638: Überall lauert Verrat (SB)


Trau dem Frieden einer sternenvollen Nacht nicht, trau auch den Schluchten nicht, die in die Tiefe gähnen, und wo viel grüner Wald sich aus den Hügeln hebt, verweile nicht - Gefahr, Gefahr birgt jeder Augenblick. Wieviele Partien gingen schon zugrunde aus allzu großem Selbstvertrauen. Mag auch die Stellung selig-dumpf wie ein erschöpftes Meer darniederliegen, so schläft der Funke zum Sturm doch unter einer rauhen Oberfläche. Nirgends Gewißheit, nur diese: Traue am wenigsten dir selbst. Dein Kontrahent wird redlich gegen dich opponieren, wird mit allen Mitteln der List und Täuschung aus abscheulichsten Gedankensümpfen nach deinem Niederfall trachten. Nur du selbst bist dir der Stolperstein. Traue daher niemandem weniger als dir selbst. Schau dich auch in ruhigen Stubenwinkeln nach einem lauernden Dolch um. Auch das schönste Gewand verbarg schon den tödlichen Stoß. Wenn Cäsar sprechen könnte, er spräche von seiner eigenen Gutgläubigkeit, nicht von Verrat. So war denn auch im heutigen Rätsel der Sphinx Wolfgang Unzicker sich selbst am untreuesten, als er zuletzt mit 1...Sc8-b6? einen ruhigen Zug wählte, statt dem Gebot der Umsicht Folge zu leisten. Er hätte dann wohl keinen Verrat an seinem eigenen König begannen, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/06638: Überall lauert Verrat (SB)

Ribli - Unzicker
Bundesliga 1995

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Das Wesen einer Schachpartie scheint das Ausnutzen von Fehlern zu sein. Ob man damit dem Geheimnis des menschlichen Geistes näherkommt? Jedenfalls kam Weiß seinem Sieg ein deutliches Stück näher, als sein Kontrahent ihm mit 1...f7xg6? Tür und Tor öffnete: 2.Lf5xe6+ Tf8-f7 3.De2-c4! Sd7-e5 4.Le6xf7+ Se5xf7 - Alles überstanden? Aber nein! - 5.Th1-h8+! Kg8xh8 6.Dc4xf7 und Schwarz gab auf. Die doppelte Mattdrohung auf g7 und h1 ließ sich nicht mehr abwenden.


Erstveröffentlichung am 30. Juli 2005

29. Juli 2018


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