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SOZIALES/146: Wohnort und Situation beeinflussen, wie stark wir uns mit anderen vergleichen (idw)


Universität zu Köln - 17.09.2018

Wohnort und Situation beeinflussen, wie stark wir uns mit anderen vergleichen


Sozialpsychologen zeigen, dass die menschliche Neigung sich mit anderen zu vergleichen in bestimmten Situationen und in manchen US-Bundesstaaten weiter verbreitet ist als in anderen.

Eine aktuelle Reihe von sozialpsychologischen Studien an der Universität zu Köln und der London Business School hat erstmals gezeigt, dass die menschliche Tendenz, sich mit anderen zu vergleichen, von zwei grundlegenden kulturellen Merkmalen abhängt. Dr. Matthew Baldwin (Social Cognition Center Cologne) and Professor Dr. Thomas Mussweiler (London Business School) fanden heraus, dass Menschen sich zum einen in Situationen, in denen strenge soziale Normen herrschen und ein Abweichungen von diesen bestraft wird, stark mit anderen vergleichen. Zum anderen ist die Neigung zum sozialen Vergleich in Situationen höher, in denen sich Menschen mit anderen stark verbunden fühlen. Eine strenge soziale Situation, in der das richtige Verhalten klar definiert ist, kann beispielsweise ein Vorstellungsgespräch sein. Eine weniger strenge soziale Situation, in der man sich mit jedoch mit anderen Menschen stark verbunden fühlt, ist beispielsweise eine Party.

Dieses Phänomen ist in unterschiedlichen Situationen und Kulturen zu beobachten. Die Ergebnisse aus drei Studien wurden nun unter dem Titel "The culture of social comparison" in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.

In den ersten beiden Studien, die Baldwin und Mussweiler online mit dem Tool MTurk von Amazon durchgeführt haben, befragten sie insgesamt rund 1.000 Amerikaner und Amerikanerinnen zu ihrem Verhalten in Alltagssituationen der sozialen Strenge (Vorstellungsgespräch) und der sozialen Verbundenheit (Party). Dabei stellten sie fest, dass besonders in diesen beiden Arten von Situationen die Neigung zum sozialen Vergleich besonders hoch ist. "Die Reaktionen von Menschen, die viele Kilometer voneinander entfernt lebten und sich nicht kannten, sind dabei bemerkenswert ähnlich", sagt Baldwin. "Das bedeutet, dass soziale Vergleiche zum Teil in der sozialen Welt verankert ist: es ist nicht nur eine Frage der individuellen Wahrnehmung."

In der letzten Studie analysierten die beiden Psychologen öffentlich zugängliche Daten von Google mit dem Online-Tool Google Correlate. Für jeden Bundesstaat in den USA schauten sie sich die Suchfrequenzen für eine Vielzahl von Emotionswörtern an, die auf soziale Vergleich hinweisen (z.B. Eifersucht, Stolz). Ein hoher Wert für einen Bundesstaat zeigt, dass Menschen dort öfter nach den Wörtern suchen als Menschen in anderen Staaten. Menschen in Staaten, die kulturell und sozial strenger und kollektivistischer sind, neigen demnach stärker dazu, nach Emotionen des gesellschaftlichen Vergleichs zu suchen. Eine interaktive Karte zu den Forschungsergebnissen in verschiedenen US-Bundesstaaten ist unter [1] verfügbar.

Sich mit anderen zu vergleichen ist gesellschaftlich weit verbreitet und ein grundlegender Aspekt der menschlichen Kognition. Die Tendenz des Menschen, durch das Denken, Fühlen und Verhalten anderer Informationen zu erhalten, trägt maßgeblich zum Funktionieren der hochkomplexen und vernetzten globalen Welt bei. Allerdings weiß die Wissenschaft noch sehr wenig über den Zusammenhang von kulturellen Unterschieden und sozialen Vergleichen. Die Studie trägt zu einem besseren Verständnis der Ursprünge sozialer Vergleiche und seiner Rolle im menschlichen Zusammenleben bei.


Publikation:
https://doi.org/10.1073/pnas.1721555115

Anmerkung:
[1] www.mattwbaldwin.com/blog/the-culture-of-social-comparison-map

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution19

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität zu Köln, 17.09.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. September 2018

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