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MELDUNG/138: Klarer Punktsieg Ruslan Tschagajews gegen Kali Meehan (SB)



Usbeke hat lange Pause besser verkraftet als der Australier

In der Rostocker Stadthalle hat Ruslan Tschagajew vor 3.700 Zuschauern den Ausscheidungskampf der WBA im Schwergewicht gegen den Australier Kali Meehan klar nach Punkten gewonnen (118:110, 117:111, 117:112) und ist damit nächster Pflichtherausforderer von Weltmeister David Haye. Der 31jährige Usbeke aus dem Hamburger Universum-Boxstall hatte seit seiner Niederlage gegen Wladimir Klitschko im Juni 2009 nicht mehr im Ring gestanden, sein 40 Jahre alter Gegner gar seit August 2008.

Nach ausgesprochen verhaltenem Beginn ging Tschagajew in der zweiten Runde beherzter zur Sache und traf den Australier wiederholt am Kopf. Meehan beschränkte sich weitgehend darauf, seine größere Reichweite zu nutzen und mit seiner rechten Schlaghand zum Zuge zu kommen. Dadurch überließ er dem Usbeken über weite Strecken die Initiative. Dieser zog im vierten Durchgang das Tempo an und deckte den Kontrahenten mit einer Serie von Treffern ein. Die folgende Runde verlief ruhiger, worauf Tschagajew in der sechsten wieder den Druck erhöhte.

Im siebten Durchgang zeigte Meehan die beste Leistung in diesem Kampf, als er das Blatt zu wenden versuchte und eine schwere Rechte an den Kopf durchbrachte. Es gelang ihm jedoch nicht, die Oberhand zu gewinnen, zumal sich der Usbeke mit einem linken Leberhaken revanchierte. In der zehnten Runde sorgte der Australier noch einmal mit einem Wirkungstreffer für Gefahr, worauf Tschagajew wieder in die Offensive ging und den Kampf schließlich in einem turbulenten Finale sicher nach Hause brachte.

Ruslan Tschagajew verbesserte dank dieses Erfolgs seine Profibilanz auf 26 Siege, eine Niederlage und ein Unentschieden, während für Kali Meehan nun 35 gewonnene und vier verlorene Kämpfe zu Buche stehen. Wenngleich es am verdienten Sieg des Usbeken nichts zu rütteln gab, muß er sich noch erheblich steigern, um gegen David Haye bestehen zu können. Er brachte zwar seine linke Schlaghand häufig durch, konnte aber keine nachhaltige Wirkung erzielen. Nach seinem Wechsel von Trainer Michael Timm zu Magomed Schaburow boxte er ruhiger als früher und zeigte sich in der Beinarbeit variabler. Dennoch kam er an das Niveau seines bislang besten Kampfs, den Sieg über Nikolai Walujew aus dem Berliner Sauerland-Boxstall im April 2007, nicht heran. Auch der Australier wirkte nach seiner noch längeren Pause reichlich eingerostet und agierte deutlich langsamer als sein Gegner.

Wann es zum Kampf gegen David Haye kommt, ist ungewiß. Der Brite hat zuletzt eine Pflichtverteidigung gegen John Ruiz gewonnen und kann sich seinen nächsten Gegner aussuchen. Dabei steht zum einen ein Duell mit einem der Klitschkos, zum andern eine Revanche gegen Nikolai Walujew im Raum. Vielleicht zieht Haye aber auch irgendeinen anderen Kandidaten vor, um sich nicht sofort den größten Risiken auszusetzen. Das kommt Tschagajew insofern gelegen, als er noch einige Vorbereitung und vielleicht den einen oder anderen Aufbaukampf gut gebrauchen kann. Allerdings rückt dadurch die Chance, gegen den Weltmeister anzutreten, in weite Ferne.

Bei der anschließenden Pressekonferenz sprach Ruslan Tschagajew von einem sehr schwierigen Kampf, der nach seiner mehr als einjährigen Pause eine wichtige Prüfung gewesen sei. Die Premiere mit seinem neuen Trainer sei zufriedenstellend verlaufen, habe aber noch längst nicht sein gesamtes Potential offengelegt. Man habe gemeinsam die taktische Marschrichtung ausgearbeitet und sie erfolgreich umgesetzt. Der Australier sei ein starker Gegner, der allen Respekt verdiene. Heute sei einfach nicht Kali Meehans Tag gewesen. Grundsätzlich freue er sich über die gute Zusammenarbeit mit dem gesamten Team und die gelungene Vorbereitung. Um es mit David Haye aufzunehmen, müsse er jedoch mehr trainieren und beweglicher werden.

Trainer Magomed Schaburow bezeichnete den Australier als richtigen Gegner zu diesem Zeitpunkt, da es ein anspruchsvoller Aufbaukampf gewesen sei. Ruslan habe erfreulicherweise vieles gut umgesetzt, falle allerdings mitunter in seinen alten Stil zurück, weshalb noch eine Menge Arbeit warte. In einigen Phasen des Kampfs habe sich die Chance geboten, den Gegner niederzuschlagen. Da Meehan jedoch stets gefährlich blieb, habe er Ruslan zurückgehalten.

Dietmar Poszwa verlieh seiner Freude darüber Ausdruck, daß Ruslan Tschagajew nach einer sehr schwierigen Zeit erfolgreich zurückgekehrt sei. Er habe eine bravouröse Leistung gezeigt, vor der man den Hut ziehen müsse. Da David Haye aller Voraussicht nach zunächst andere Gegner vorziehen wird, werde man in der Zwischenzeit weitere Aufbaukämpfe realisieren.

Der unterlegene Kali Meehan räumte ein, daß bei ihm nach der langen Pause nicht alles rund gelaufen und er den Kampf womöglich zu heftig angegangen sei. Er habe einfach nicht aktiv genug geboxt und es nicht geschafft, die stabile Deckung seines Gegners zu überwinden und wie erhofft Körpertreffer anzubringen. Der Australier bedankte sich bei seinem Trainer und nicht zuletzt seinen deutschen Gastgebern, die ihn vorzüglich aufgenommen hätten.

Das Schlußwort sei an dieser Stelle Promoter Don King eingeräumt, der noch nie Probleme mit Superlativen hatte, gleich ob sie seinem eigenen Boxer oder dem Gegner gewidmet sind. So versicherte er, daß er noch nie einen so guten Ruslan Tschagajew gesehen habe und sich andererseits ganz sicher sei, daß Kali Meehan erfolgreich in den Ring zurückkehren wird.

23. Mai 2010