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MELDUNG/168: Arena ärgert Universum mit einer Handvoll Euro (SB)



Kuriose Versteigerung der Europameisterschaft im Schwergewicht

Welchen Wert ein Boxer dem Titel des Europameisters im Schwergewicht beimißt, hängt in hohem Maße davon ab, in welchem Stadium seiner Karriere er sich befindet. Im Zuge eines schrittweisen Aufbaus ist diese Trophäe eine attraktive Option, die man gern als Etappenziel ansteuert, bevor man höhere Weihen ins Auge faßt. Anders verhält es sich jedoch, wenn ein europäischer Akteur auf dem Weg zum Thron des Weltmeisters ins Stolpern geraten ist und Ausschau nach einer Zwischenlösung hält: In einem solchen Fall ist die Europameisterschaft eher eine Abzweigung des Karrierewegs oder mitunter sogar ein Notbehelf.

Der Brite Audley Harrison war als Olympiaheld vor seiner Profilaufbahn mit enormen Vorschußlorbeeren bedacht worden, denen er später allenfalls bedingt gerecht werden konnte. Als man kaum noch mit ihm rechnete, sicherte er sich durch einen Glückstreffer im Kampf gegen seinen Landsmann Michael Sprott den Titel des Europameisters, legte ihn aber bald darauf nieder, ohne ihn auch nur ein einziges Mal verteidigt zu haben. Harrison hofft, gegen David Haye oder einen der beiden Klitschkos um die Weltmeisterschaft boxen zu dürfen, was für ihn zweifellos weit interessanter und lukrativer ist, auch wenn seine sportlichen Aussichten bei diesem Unterfangen äußerst gering sein dürften.

Um den vakanten Titel streiten sich in Kürze Alexander Dimitrenko aus dem Hamburger Universum-Boxstall und der Russe Denis Bachtow. Dimitrenko hatte sich im vergangenen Jahr einen unverhofften Ausrutscher gegen den US-Amerikaner Eddie Chambers geleistet, der sich an seiner Stelle zum Herausforderer des Weltmeisters qualifizierte und später Wladimir Klitschko unterlag. Bachtow hatte sich durch seinen Sieg über Steffen Kretschmann aus dem Arena-Boxstall am 27. März 2010 in der Sporthalle Hamburg für den Kampf um die Europameisterschaft qualifiziert.

Kurios verlief die Versteigerung der Austragungsrechte am bevorstehenden Kampf, da Arena den alten Rivalen Universum dabei um genau 200 Euro übertraf. Weil die Interessenten ihre Gebote einmalig und ohne Kenntnis der anderen Summen abgeben, hat diese Art der Vergabe ihren eigenen Reiz, der nicht zuletzt in der fehlenden Möglichkeit einer nachträglichen Steigerung des ursprünglichen Einsatzes besteht. Während Universum 156.800 Euro geboten hatte, was vermutlich Resultat der Umrechnung eines Dollarbetrags war, lag Arena mit glatten 157.000 Euro einen Hauch darüber.

Das freute Promoter Ahmet Öner, dessen Streit mit Klaus-Peter Kohl zwar aus den bekannten Gründen nahezu eingeschlafen, aber sicher nicht vergessen ist. Wie er auf der Website des Arena-Boxstalls nicht ohne Behagen anmerkt, müsse sich Universum nun für seine Veranstaltung am 31. Juli in der Hansestadt einen anderen Hauptkampf suchen.

Gewonnen hat bei der Versteigerung der russische Arena-Partner German Titow, dem die Sache 260.000 Euro Wert war. Wie Ahmet Öner berichtet, war Titow wohl davon ausgegangen, daß seine Konkurrenten mehr bieten würden, und deshalb überrascht, als er plötzlich die Nase vorn hatte. Titow sei sich jedoch nicht sicher, ob er die Veranstaltung in dem von der EBU gesetzten relativ engen Zeitplan organisieren kann. Sollte es ihm nicht gelingen, die Veranstaltung in Rußland auf die Beine zu stellen, springt Arena mit dem zweithöchsten Gebot ein.

24. Juni 2010