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MELDUNG/442: Eklat nach Disqualifikation - Khoren Gevor unterliegt Robert Stieglitz (SB)



Nach Angriff auf den Ringrichter drohen Gevor Konsequenzen

Robert Stieglitz hat den WBO-Titel im Supermittelgewicht erfolgreich verteidigt. Der Weltmeister setzte sich vor heimischem Publikum in Magdeburg gegen den 32 Jahre alten Armenier Khoren Gevor durch, der in der zehnten Runde disqualifiziert wurde. Die beiden Kontrahenten waren zusammengestoßen und zu Boden gegangen, wobei sich Stieglitz, der zu diesem Zeitpunkt nach Punkten in Führung lag, durch einen Kopfstoß eine stark blutende Rißwunde zuzog. Danach kam es zum Eklat, da Gevor auf Ringrichter Manfred Küchler einprügelte und von Sicherheitskräften aus dem Ring geführt werden mußte.

Vor rund 5.000 Zuschauern in der Bördelandhalle und im Schnitt 3,26 Millionen Fernsehteilnehmern beim übertragenden Sender Sat.1 feierte der 29jährige Stieglitz in seiner Heimatstadt den 40. Sieg im 42. Kampf seiner Profikarriere, wobei er seinen Gürtel zum vierten Mal erfolgreich verteidigen konnte. Gevor, der nach der schweren Knieverletzung des eigentlich als Gegner vorgesehenen WBA-Weltmeisters Dimitri Sartison kurzfristig eingesprungen war, konnte auch seine vierte Titelchance nicht nutzen. Während er nach seinen Niederlagen gegen Arthur Abraham (2007) und Felix Sturm (2009) noch von den Experten gelobt wurde, hat er nun mit seinen Ausrastern vermutlich alle Sympathien verspielt.

Nach einer beiderseits zurückhaltend geführten ersten Runde war es zunächst Gevor, die sich besser in Szene setzen konnte. Dank einer behenden Beinarbeit war er schwer zu treffen, während er seinerseits mit einigen Schlägen zum Körper des Titelverteidigers durchkam. Auf Grund der Aktivität des Herausforderers dürfte auch die dritte Runde an ihn gegangen sein, doch im folgenden Durchgang wendete Stieglitz erstmals das Blatt, der sich nun auf seinen Gegner eingestellt zu haben schien. Gevor wirkte statischer als in der Anfangsphase, lief immer häufiger in die Schlaghand des Lokalmatadors und mußte ein ums andere Mal dessen Konter einstecken.

Der Weltmeister ging nun diszipliniert zu Werke und dominierte das Geschehen im Ring, so daß Gevor nicht mehr zum Zuge kam und zunehmend frustrierter agierte. Was ihm mit boxerischen Mitteln nicht gelang, versuchte der Armenier mit regelwidrigen Aktionen wettzumachen, so daß die letztendliche Disqualifikation keinesfalls aus heiterem Himmel kam. So rang er seinen Gegner in der neunten Runde regelrecht zu Boden und schlug wenig später nach erfolgtem Trennkommando Stieglitz auf den Hinterkopf. Die kampfentscheidende Szene folgte im zehnten Durchgang, als die Kontrahenten mit den Köpfen zusammenstießen. Wieder mißachtete Gevor ein Trennkommando und drückte seinen Gegner erneut zu Boden, der daraufhin stark von der rechten Augenbraue blutete. Gevor bekam zunächst einen Punkt abgezogen und wurde schließlich vom Ringrichter wegen einer vorsätzlichen Regelwidrigkeit disqualifiziert.

Nach dem Urteil stürzte sich Khoren Gevor auf den Referee und prügelte auf ihn ein, bis er von den herbeieilenden Sicherheitskräften weggezerrt und unter einem gellenden Pfeifkonzert der Zuschauer aus dem Saal gebracht wurde. In der Kabine wütete der unterlegene Herausforderer weiter und zerlegte seinen Umkleideraum, bis er von seinem Manager Peter Schulze zur Ruhe gebracht wurde. Auch am folgenden Tag rang sich Gevor kein Wort des Bedauerns ab und erklärte lediglich, er werde nie wieder in Deutschland boxen.

Der Armenier hatte im Vorfeld des Kampfs eine Umbesetzung des Kampfgerichts verlangt, da er monierte, Stieglitz trete wiederholt vor denselben Punktrichtern an. Dies wurde jedoch mit dem Hinweis zurückgewiesen, die Offiziellen seien bereits benannt worden, als man von Dimitri Sartison als Gegner ausging und der Name Gevor noch gar nicht im Spiel war. Manager Peter Schulze entschuldigte sich nach dem Eklat bei den Magdeburgern für das Verhalten seines Boxers, fügte jedoch hinzu, er wolle nicht kommentieren, wie es dazu gekommen war. In Khoren sei in dem Moment ausgebrochen, was sich in all den Jahren mit vielen Fehlentscheidungen gegen ihn angestaut habe.

Robert Stieglitz sagte im anschließenden Interview, er habe ein solches Benehmen von Gevor nicht erwartet und wisse nicht, was mit ihm los sei. Was den Kampfverlauf betraf, habe man als taktische Marschroute vereinbart, zunächst die Kräfte zu sparen und erst in der neunten oder zehnten Runde richtig loszulegen. "Ich hätte auch noch länger boxen können", unterstrich der alte und neue Weltmeister.

Sein Trainer Dirk Dzemski hatte für Gevors Verhalten während und nach dem Kampf kein Verständnis. So etwas habe im Ring nichts zu suchen. Der Herausforderer habe versucht, den Kampf mit schmutzigen Tricks zu drehen. Dafür müsse man die Rote Karte zeigen. Dem schloß sich Promoter Ulf Steinforth mit den Worten an, ein derartiges Verhalten gehöre nicht in den Ring. Gevor habe gemerkt, daß er nicht mehr gewinnen konnte, und die Nerven verloren. Robert habe hingegen wie ein Weltmeister geboxt. Axel Schulz, der als Experte für Sat.1 kommentierte, fügte hinzu, der Kampf sei Gevor irgendwann aus den Händen geglitten, worauf der Herausforderer durchgedreht sei.

Für Khoren Gevor dürfte der Angriff auf den Ringrichter weitreichende Konsequenzen bis hin zu einem weltweiten Berufsverbot haben. "Der Mann gehört lebenslang gesperrt. Dafür werde ich sorgen", sagte Jean-Marcel Nartz, der für den Kampf angesetzte technische Delegierte des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB). Auch Trainer Dirk Dzemski war der Auffassung, daß man diesem Sportler keine zweite Chance geben sollte.

10. April 2011