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MELDUNG/696: Werbetrommeln für Hucks Abenteuer mit Powetkin (SB)



Held oder Aufschneider - das ist bald die Frage

Am 25. Februar will Marco Huck das Unmögliche möglich machen. Ohne einen einzigen Kampf im Schwergewicht bestritten zu haben, fordert der WBO-Weltmeister im Cruisergewicht den amtierenden WBA-Champion in der Königsklasse heraus. Natürlich nicht Wladimir Klitschko, der eine Nummer zu groß für ihn wäre und vom genannten Verband als dessen Superchampion geführt wird. Aber immerhin Alexander Powetkin, den man derzeit als besten Schwergewichtler nach dem ukrainischen Brüderpaar einstuft. Als habe er sich ein Vorbild an dem Briten David Haye genommen, redete Huck den Kampf gegen Powetkin buchstäblich herbei, wobei ihm natürlich zugute kam, daß auch sein Widersacher beim Berliner Promoter Sauerland Event unter Vertrag steht. Das kürzte die Verhandlungen erheblich ab und trug maßgeblich dazu bei, das Duell zeitnah über die Bühne zu bringen.

Wie es möglich ist, daß ein Boxer auf Anhieb den Weltmeister einer höheren Gewichtsklasse herausfordern darf, ohne daß es zu unlösbaren Widersprüchen mit längst bestehenden Anwartschaften auf den Titelkampf kommt, sollte man besser nicht fragen. Veranstaltet wird mehr oder weniger bedenkenlos, was sich vermarkten läßt, und das gilt für diesen Kampf allemal. Die Deutschen wollen den eingebürgerten Marco Huck siegen sehen, der sich den Triumph des Außenseiters ans Revers heften könnte. Die Russen schwören auf ihren Champion Powetkin, der dem vorwitzigen Herausforderer eine Lektion erteilen und der Welt klarmachen soll, wo die wirklich harten Jungs herkommen.

Während Huck 34 Kämpfe im Cruisergewicht gewonnen und nur einen verloren hat, ist Powetkin in 23 Auftritten ungeschlagen. Der 27 Jahre alte Herausforderer erhält vor seinem Prestigekampf in Stuttgart, der ihn entweder den hiesigen Boxfans endgültig ans Herz wachsen läßt oder im ungünstigsten Fall als Aufschneider desavouiert, prominente Unterstützung beim Sparring. Angeblich hat Evander Holyfield bereits zugesagt, sich als Partner zur Verfügung zu stellen, und überdies verhandelt man offenbar auch mit David Haye. Bei skeptischen Nachfragen kann Huck ohnehin auf Promoter Kalle Sauerland verweisen, der die Organisation in Händen hält. Der mögliche Einwand, es mache im Grunde wenig Sinn, sich mit Holyfield vorzubereiten, dessen Stil sich erheblich von dem Powetkins unterscheidet, ficht den Herausforderer nicht an. Die bloße Tatsache, daß eine lebende Legende wie Holyfield komme, um ihn bei der Vorbereitung zu unterstützen, sei eine große Ehre.

Der frühere Schwergewichtsweltmeister Nikolai Walujew drückt seinem russischen Landsmann Alexander Powetkin kräftig die Daumen. Vordem als boxender Riese bestaunt, sitzt Walujew mittlerweile in der Duma. Er wird eigenen Angaben zufolge in diesem Jahr mit Sicherheit nicht mehr kämpfen und aller Voraussicht nach nie wieder in den Ring zurückkehren. Auch er ein langjähriger Akteur Sauerlands, sind seine Sympathien doch eindeutig verteilt. Er gibt Powetkin den dringenden Rat mit auf den Weg, es nicht auf eine Entscheidung die Punktrichter ankommen zu lassen.

Marco Huck sei schnell genug, um zu gewinnen, zugleich aber auch ein schmutziger Kämpfer, meint Walujew. Da er nicht über die Schlagwirkung Powetkins verfüge, werde er natürlich versuchen, den Gegner mit seiner Beinarbeit und Beweglichkeit zu ärgern. Mit dieser Taktik könnte er sich einige Punkte sichern und seine Chance wahren, denn mit einer anderen Strategie hätte er keinen Erfolg. Er wolle nicht ausschließen, daß Huck, weil er jung und frisch sei, einige der frühen Runden gewinnt. Sein Team habe sicher den Kampf zwischen Alexander Powetkin und Ruslan Tschagajew ausgewertet, in dem der reguläre Titel der WBA vergeben wurde.

Sich auf eine Punktwertung zu verlassen, sei für Powetkin nicht erstrebenswert, da Huck eine engere Beziehung zum Promoter habe. Dieser favorisiere wegen des deutschen Publikums vermutlich Marco Huck. "Wir erinnern uns alle noch an den Ausgang des Kampfes zwischen Huck und Lebedew. Eine Wiederholung davon ist nicht wünschenswert." Mit dieser Äußerung spielte Nikolai Walujew auf die umstrittene Niederlage Denis Lebedews an, der sich am 18. Dezember 2010 in der Berliner Max-Schmeling-Halle knapp und umstritten nach Punkten geschlagen geben und damit in seinem 21. Profikampf die erste Niederlage hinnehmen mußte.

20. Januar 2012