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MELDUNG/896: Zwangspause Emanuel Stewards nach einer Magenoperation (SB)




Wladimir Klitschko muß vorerst ohne seinen Trainer auskommen

Am 10. November verteidigt Wladimir Klitschko seine Titel im Schwergewicht in Hamburg gegen Mariusz Wach. Der Herausforderer aus Polen ist in 27 Kämpfen ungeschlagen und hat zuletzt sieben Gegner in Folge vorzeitig besiegt. Dessen ungeachtet gilt er gegen den Weltmeister als Außenseiter, wenngleich Klitschko bei seinem Trainingslager möglicherweise ohne Emanuel Steward auskommen muß. Der Ukrainer wird derzeit von Sugar Hill betreut, da sich der Besitzer und Cheftrainer der legendären Boxschule Kronk in Chicago diese Woche in seiner Heimatstadt einer Magenoperation unterziehen mußte und vermutlich für längere Zeit ausfällt.

Wie seine Schwester Diane Steward-Jones mitgeteilt hat, litt ihr Bruder unter Problemen mit einem nervösen Magen, was dann zu einer Diverticulosis geführt habe. Er habe den Eingriff gut überstanden und erhole sich nun wieder. Sich auszuruhen sei ein Fremdwort für ihren Bruder, der jedoch erkannt habe, daß es in seiner Situation weise ist, auf den Arzt zu hören und sich die Auszeit zu nehmen, die er verdient. Der 68jährige führt als Cheftrainer seines Gyms, Experte beim Sender HBO und Trainer Wladimir Klitschkos sowie weiterer Boxer ein sehr strapaziöses Leben, zumal er häufig zwischen den Kontinenten hin- und herpendeln muß.

Der 1944 in West Virginia geborene Emanuel Steward gewann als Amateurboxer 1963 die National Golden Gloves im Bantamgewicht. Er bestritt 97 Kämpfe, von denen er nur drei verlor, wechselte als aktiver Boxer jedoch nie ins Profilager. Steward war daran interessiert, Amateure zu trainieren, doch wurde er zunächst Elektriker, um mit einer festen Anstellung seine Familie zu ernähren. Im Jahr 1971 brachte Steward seinen Halbbruder James ins nahegelegene Kronk Gym und begann, dort in Teilzeit als Trainer zu arbeiten. Da das Kronk in den 1970er Jahren als Hochburg des Amateurboxens galt, formte er zahlreiche erfolgreiche Akteure.

Schließlich ging er dazu über, Profiboxer zu trainieren, und konnte am 2. März 1980 mit Hilmer Kenty, der im Leichtgewicht antrat, seinen ersten Weltmeister feiern. Weltruhm errang er jedoch mit Thomas Hearns, den er zu einem gefürchteten Puncher formte. Hearns stand mit Sugar Ray Leonard im Ring, schickte Roberto Durán auf die Bretter und forderte in einem der spektakulärsten Duelle jener Tage Marvelous Marvin Hagler heraus. Bis in die 1990er Jahre betreute Steward vor allem schlagstarke Boxer in den unteren Gewichtsklassen, aber auch Mike McCallum. Erst mit Michael Moorer nahm er einen bekannten Schwergewichtler unter seine Fittiche, der ihn jedoch nach seinem Sieg über Bert Cooper verließ. Steward stand in der Ecke Evander Holyfields, als dieser Riddick Bowe besiegte, und hatte Oliver McCall unter seiner Obhut, als dieser in London sensationell Lennox Lewis vom Thron stieß. Nach diesem Kampf wechselte der Trainer allerdings die Seiten und arbeitete mit dem Briten bis zu dessen Karriereende zusammen. Derzeit ist Wladimir Klitschko sein bedeutendster Schützling.

Die Liste der von Steward dauerhaft oder zeitweise betreuten Boxer ist lang und enthält zahlreiche prominente Namen: Unter anderem wurden oder werden Dennis Andries, Wilfred Benítez, Julio César Chávez, Kermit Cintron, Miguel Cotto, Oscar de la Hoya, Domonique Dolton, Naseem Hamed, Evander Holyfield, John David Jackson, Hilmer Kenty, Ole Klemetsen, Lennox Lewis, Michael Moorer, Oliver McCall, Mike McCallum, Milton McCrory, Steve McCrory, Gerald McClellan, Miguel Angel Gonzalez, Jimmy Paul, Jermain Taylor, Duane Thomas, James Toney, Yuriorkis Gamboa und Wladimir Klitschko von ihm trainiert.

Emanuel Steward fand Aufnahme in die International Boxing Hall of Fame, erwarb das Kronk und legte sich eine spektakuläre Rolls-Royce-Sammlung sowie diverse Immobilien zu. Er öffnete einen Ableger des Kronk in Tucson und veranstaltet gemeinsam mit dem Dodge Theater in Phoenix einmal im Monat Boxkämpfe.

22. September 2012