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MELDUNG/921: Peter Quillin neuer WBO-Champion im Mittelgewicht (SB)




Franzose Hassan N'Dam N'Jikam unterliegt nach Punkten

Ob er das Zeug zum neuen Stern am Himmel des Mittelgewichts hat, muß Peter Quillin erst noch unter Beweis stellen. Daß mit dem ungeschlagenen US-Amerikaner künftig zu rechnen sei, munkelte man in der Szene bereits seit geraumer Zeit. Indessen besagt eine makellose Bilanz nicht allzu viel, solange sich der 29jährige nicht mit der hochklassigen Konkurrenz gemessen hat. Wie gefährlich die Schlagwirkung Quillins tatsächlich ist, kann nun der Franzose Hassan N'Dam N'Jikam beurteilen, der bislang Interimsweltmeister der WBO gewesen war. Er traf im Kampf um den vakanten Titel dieses Verbands in Brooklyn auf den US-Amerikaner, der seit seinem Wechsel nach Los Angeles ins Wild Card Gym von Eric Brown und manchmal auch Cheftrainer Freddie Roach betreut wird. Eigenen Angaben zufolge hat dieser Schritt Quillin gutgetan. Er trainiere dort härter und müsse schwierigere Probleme bewältigen als dies in der Vergangenheit der Fall gewesen sei.

Daß Peter Quillin weitere Fortschritte gemacht hat, kann Hassan N'Dam N'Jikam nun bestätigen, der in diesem Kampf nicht weniger als sechs Niederschläge hinnehmen mußte und am Ende einstimmig nach Punkten unterlag (115:107, 115:107. 115:107). Damit verbesserte der US-Amerikaner seine makellose Bilanz auf 28 Siege und darf sich fortan WBO-Weltmeister im Mittelgewicht nennen. Der Franzose hingegen verbuchte im 28. Profikampf die erste Niederlage, wobei er sich in diesem Duell besser hielt, als es seine ausgiebige Bekanntschaft mit dem Ringboden und die Punktwertung vermuten lassen.

In der Anfangsphase machte Hassan N'Dam N'Jikam dank seiner behenden Beinarbeit und schnellen Schläge eine gute Figur und bereitete damit seinem Gegner beträchtliche Probleme. Erst in der vierten Runde schien sich Quillin endlich auf den Franzosen eingestellt zu haben, den ein linker Haken auf die Bretter schickte. N'Dam kam jedoch wieder auf die Beine und gab sich unbeeindruckt, als ihn der New Yorker erneut niederschlug. Warum Quillin im folgenden Durchgang nicht nachsetzte, mutete unverständlich an, da er dem Franzosen damit Gelegenheit gab, sich etwas zu erholen und wieder in den Kampf zu kommen. Vielleicht war sich der US-Amerikaner inzwischen zu sicher, seinen Gegner mit jedem Volltreffer von den Beinen holen zu können, was in der sechsten Runde wiederum geschah. Noch immer klammerte N'Dam nicht, sondern stellte sich dem Schlagabtausch. Das sollte ihm jedoch schlecht bekommen, da er nach einer Rechten Quillins angezählt wurde.

Der zähe Franzose steckte keineswegs auf und schien darauf zu vertrauen, selbst schwere Treffer überstehen zu können. Er boxte aktiver, schlug Kombinationen und ließ Quillin nicht zur Entfaltung kommen. Erst in der zehnten Runde machte der Amerikaner wieder mehr Druck, doch nach einem ausgeglichenen elften Durchgang spielte N'Dam in der letzten Runde seine Konditionsstärke aus. In schwerer Bedrängnis kam Quillin an Seilen wiederum mit einem linkem Haken durch, der den Franzosen niederstreckte, und wenige Sekunden vor dem Ende des Kampfs machte eine rechte Gerade das Maß der sechs Niederschläge voll.

Wenngleich die Wertung der drei Punktrichter etwas zu deutlich ausfiel, war am verdienten Erfolg Peter Quillins natürlich nicht zu rütteln. Er hatte wiederum demonstriert, welche Wirkung seine Schläge anrichten, wobei man seinem französischen Gegner größten Respekt für sein Durchhaltevermögen zollen muß. Er ziehe den Hut vor Hassan, würdigte Quillin im nachfolgenden Interview die Qualitäten des Kontrahenten. Es gehöre eine Menge dazu, in den Hinterhof des Gegners zu kommen und eine derart gute Leistung zu bringen. Indessen habe Brooklyn in diesem historischen Augenblick hinter ihm gestanden, so Quillin, der an seine kubanischen Wurzeln erinnerte. Nun trage er eine große Verantwortung, mit dem Segen des heutigen Tages angemessen umzugehen.

Nach einer Phase relativer Stagnation wird das Mittelgewicht in den letzten Jahren zusehends stärker. Quillin nannte in diesem Zusammenhang neben Hassan N'Dam N'Jikam und dem Australier Daniel Geale den in Deutschland lebenden Kasachen Gennadi Golowkin und natürlich Sergio Martinez. Der Argentinier gilt nach übereinstimmender Meinung der Experten derzeit als weltbester Boxer dieser Gewichtsklasse. Peter Quillin zieht angesichts dieser Situation die Zwischenbilanz, daß es in diesem stark besetzten Limit viele große Kämpfe und folglich eine Menge Geld zu verdienen gebe. Er werde sich nun eine Möglichkeit nach der anderen vornehmen.

Sein Wunschgegner bleibe natürlich WBC-Weltmeister Sergio Martinez, der momentan die größte Geldmaschine im Mittelgewicht sei. Er selbst sei auf alles vorbereitet und bereit für jeden Gegner, den ihm sein Team vorsetze. Früher habe er die Konkurrenz verbal herausgefordert, doch inzwischen sei ihm klar geworden, daß das nichts bedeutet. Entscheidend sei vielmehr, sich auf den nächsten Gegner zu konzentrieren und sicherzustellen, daß man sein Bestes gibt, damit jeder Geld verdient.

21. Oktober 2012