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MELDUNG/1094: Auch Alexander Powetkin gibt sich keine Blöße (SB)




WBA-Weltmeister macht mit Andrzej Wawrzyk kurzen Prozeß

Dem hochdotierten Kampf zwischen Wladimir Klitschko und Alexander Powetkin, der im Herbst über die Bühne gehen soll, steht nach Lage der Dinge nichts mehr im Wege. In der Crocus City Hall von Myakinino bei Moskau brauchte Powetkin keine drei vollen Runden, um mit dem polnischen Herausforderer Andrzej Wawrzyk fertig zu werden. Der reguläre Weltmeister der WBA im Schwergewicht gestaltete seine freiwillige Titelverteidigung fast nach Belieben, da ihm Wawrzyk von Beginn an nicht gewachsen war. Während der 33jährige Russe damit in 26 Profikämpfen ungeschlagen ist, mußte sein acht Jahre jüngerer Gegner nach 27 Siegen erstmals die Segel streichen.

Die relativ verhaltene erste Runde dominierte Powetkin gegen den an Größe und Reichweite deutlich überlegenen Wawrzyk mit seinem Jab, was für den Russen recht ungewöhnlich ist. Bereits im folgenden Durchgang rückte der Titelverteidiger seinem Gegner zu Leibe, fand eine Lücke in der Deckung des Polen und schickte den Herausforderer mit einer rechten Geraden auf die Bretter. Wawrzyk kam zwar wieder auf die Beine, doch wußte er sich gegen den nachsetzenden Russen nicht anders zu helfen, als die verbliebene Frist bis zur Pause zunächst an den Seilen stehend durch Klammern und dann durch Weglaufen zu überstehen. Der Kampf war zur dritten Runde freigegeben, als Powetkin seinen Gegner auch schon durch den Ring trieb und ihn schließlich mit einem linken Haken zum Kopf ein zweites Mal von den Beinen holte. Kaum hatte sich der Pole wieder aufgerafft, als ihn eine Rechte des Titelverteidigers erneut niederstreckte. Wawrzyk wollte noch einmal aufstehen, wurde aber von dem US-amerikanischen Ringrichter Russell Mora zu seinem eigenen Schutz aus dem Kampf genommen. [1]

Das Moskauer Publikum, darunter WBC-Weltmeister Vitali Klitschko, der frühere WBA-Champion Nikolai Walujew und der US-amerikanische Schauspieler Steven Seagal, spendeten dem Sieger den verdienten Applaus. Im nachfolgenden Interview zog Alexander Powetkin zufrieden Bilanz, er habe sich anfangs zwar ein wenig schwergetan, doch dann sei der Knoten geplatzt. Alles in allem sei der Kampf so verlaufen, wie er es sich vorgestellt habe.

Wie unterdessen zu erfahren war, soll das Duell zwischen Wladimir Klitschko und Alexander Powetkin am 5. Oktober in Moskau über die Bühne gehen. Der Ukrainer hatte bereits vor zwei Wochen mit einem Sieg über Francesco Pianeta seinerseits die Voraussetzungen für den großen Zahltag geschaffen. Da Powetkins Manager Vlad Chrunow bei der Versteigerung mit dem außergewöhnlichen Gebot von 23,2 Millionen Dollar das Rennen gemacht hatte, können beide Boxer mit der höchsten Börse ihrer Karriere rechnen. Klitschko erhält als Superchampion der WBA 75 Prozent (13,3 Millionen Euro), der reguläre WBA-Weltmeister Powetkin immerhin 4,4 Millionen.

Hinter diesen spektakulären Zahlen treten die sportlichen Aspekte dieses Kampfs seit Wochen in den Hintergrund. Während für den Ukrainer 60 Siege und drei Niederlagen zu Buche stehen, hat sein russischer Gegner 26 gewonnene Auftritte vorzuweisen. Powetkin hat sich gegen Andrzej Wawrzyk überzeugend aus der Affäre gezogen, doch erinnerte der Pole allenfalls von seiner Statur her an Klitschko. Ein harter Prüfstein für den WBA-Champion war er nicht, doch dürfte man im Lager des Russen rundum zufrieden sein, die letzte sportliche Hürde derart problemlos gemeistert zu haben.

Wie immer im professionellen Boxsport kann man erst dann von vollendeten Tatsachen sprechen, wenn die Kontrahenten einander am 5. Oktober im Ring gegenüberstehen und die erste Runde eingeläutet wird. Trainingsverletzungen sind nun einmal nie auszuschließen, zumal Powetkin schon einen im Dezember 2008 angesetzten Kampf gegen den Ukrainer wegen einer Verletzung am Fußgelenk absagen mußte. Aus heutiger Sicht dürfte das Mißgeschick ein Glücksfall für den Russen gewesen sein, der bei seinem damaligen Entwicklungsstand kaum eine Chance gegen Klitschko gehabt hätte. Im Sommer 2010 führte Powetkin dann die IBF-Rangliste an und sollte am 11. September gegen Klitschko antreten, doch ließ er diese Chance ungenutzt verstreichen. Wenngleich der Russe nach wie vor als Außenseiter gilt, ist er doch unter den Trainern Teddy Atlas und Kostia Chou gereift.

Auch in finanzieller Hinsicht ist das letzte Fragezeichen wohl noch nicht aus der Welt geschafft. Vlad Chrunow hat das immense Gebot dem Vernehmen nach im Auftrag eines russischen Baulöwen abgegeben, der diesen Einsatz nicht zuletzt als gewinnbringende Investition einschätzen dürfte. Soweit bekannt, ist Chrunow im Gespräch mit dem Kölner Privatsender RTL, der bislang die Auftritte der Klitschkos übertragen hat. Hinzu kommen die Einkünfte aus der weltweiten Fernsehvermarktung sowie der zu erwartende Erlös aus dem Verkauf der Eintrittskarten, womit die wesentlichen Posten genannt sein dürften. Ob diese Kalkulation eine ausreichende Refinanzierung erwarten läßt, harrt nach wie vor der Bestätigung.

Fußnote:

[1] http://www.boxen.com/news-archiv/newsdetails/article/povektin-bereit-fuer-klitschko/23.html

19. Mai 2013