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MELDUNG/1099: Das Ende ist oft schwerer als der Anfang (SB)




Audley Harrison macht schon wieder einen Rückzieher

Der britische Schwergewichtler Audley Harrison hat gegen seine Landsleute David Haye und David Price wie auch jüngst gegen den US-Amerikaner Deontay Wilder desaströse Niederlagen bezogen. Im Kampf mit Haye brachte er bis zum vorzeitigen Ende in der dritten Runde nur einen einzigen Schlag ins Ziel, gegen die beiden andern genannten Kontrahenten verlor er jeweils in der ersten Runde. Lediglich beim Gewinn des Prizefighter-Turniers im Februar hatte der 41jährige einen guten Eindruck hinterlassen. Nach dem Debakel gegen Wilder Anfang Mai gab Harrison seinen Rücktritt mit folgenden Worten bekannt: Scheitere man zu oft, wäre es töricht, keinen Schlußstrich zu ziehen. Nachdem er in seinem Leben oftmals nach Niederlagen zurückgekommen sei, habe er angenommen, körperlich und mental in guter Verfassung zu sein und diese jungen Wilden durchschauen zu können. Nun sei seine letzte Chance, dies unter Beweis zu stellen, ungenutzt verstrichen.

Leider zieht Audley Harrison keine Konsequenzen aus dieser Einsicht, hat es sich der ehemalige Europameister doch nur drei Wochen nach seiner Rücktrittserklärung wieder einmal anders überlegt. Wäre der frühere Olympiasieger mit fliegenden Fahnen untergegangen, könnte man seinen Wunsch nachvollziehen. Da er bei den drei erwähnten Niederlagen jedoch einen ausgesprochen ängstlichen Eindruck gemacht hatte, steht nicht zu erwarten, daß sich das künftig ändern wird.

Harrison, der 31 Kämpfe gewonnen und sieben verloren hat, berichtet nun, wie schwer ihm die Entscheidung gefallen sei, die Karriere zu beenden. In den darauffolgenden Tagen sei ihm klargeworden, daß er mit einem solchen Abgang nicht leben könnte. Er habe mit sich gerungen, mit der Boxkommission, Lennox Lewis, David Haye, seinem Vater, seiner Frau und vielen anderen gesprochen. Am Ende habe die Geburt seines Sohnes die Entscheidung bekräftigt, die Boxhandschuhe doch noch nicht an den Nagel zu hängen.

Er wolle seinem Sohn später auf keinen Fall sagen, daß er aufgegeben habe, weil er sich nicht ein weiteres Mal aufraffen und den Berg erklimmen wollte. Er befinde sich jetzt in der besten Form seiner Karriere und schaffe Dinge, die ihm seit Jahren nicht gelungen seien. Daher habe er sich wieder in den Sport verliebt, so der Olympiasieger des Jahres 2000. Wie könne er unter solchen Umständen zurücktreten, fragt Harrison, und dankt allen Leuten, die sich Sorgen um seine Gesundheit machen. Er lebe jedoch in einer freien Gesellschaft, und der Wunsch nach Freiheit und Autonomie sei sein universelles Recht. [1]

Indessen mag man weder Harrisons Selbsteinschätzung, wonach er sich in der Form seines Lebens befinde, noch seine eigenwillige Auslegung der gesellschaftlichen Verhältnisse in Britannien nachvollziehen. Daß ihn niemand daran hindern kann, in den Ring zurückzukehren, dürfte zwar zutreffen, doch fällt es schwer, in seiner Interpretation von Freiheit und Autonomie wenigstens ein kleines Fünkchen emanzipatorischen Strebens zu erkennen, ohne das diese Konzepte vollends inhaltsleer werden und zu Schablonen der Beliebigkeit verkommen.

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Treiben Geldprobleme Antonio Margarito in den Ring zurück?

Ein anderer Fall bedauerlicher Uneinsichtigkeit angesichts drohenden physischen Schadens ist Antonio Margarito. Dem Vernehmen nach drängt ihn die bevorstehende Scheidung von seiner Frau Michelle, die Margarito mehrere Millionen kosten könnte, zurück in den Ring. Sollte das zutreffen, wäre er jedenfalls nicht der erste Boxer, der wegen Unterhaltszahlungen ein Comeback bestreiten will. Rekordhalter scheint auch in dieser Hinsicht Evander Holyfield zu sein, dem nach diversen Ehen und Beziehungen, aus denen elf Kinder hervorgingen, offenbar die vielen verdienten Millionen durch die Finger geronnen sind.

Margarito, der früher Champion im Weltergewicht war und 38 Kämpfe gewonnen sowie acht verloren hat, stand zuletzt im Dezember 2011 im Ring. Damals mußte er im Rückkampf gegen Miguel Cotto wegen einer Augenverletzung in der zehnten Runde aufgeben. Aufgrund seines beeinträchtigten rechten Auges würde der 35jährige Mexikaner wohl allenfalls in seinem Heimatland oder in Texas eine Lizenz bekommen. Der drohenden Gefahr ungeachtet, auf einem Auge zu erblinden, will Antonio Margarito angeblich in kurzer Zeit möglichst viel Geld verdienen. Da ihn Aufbaukämpfe finanziell nicht weiterbrächten, müßte es folglich schon ein namhafter Gegner wie seine Landsleute Julio Cesar Chavez jun. oder Saul Alvarez sein. Ob die beiden überhaupt gegen ihn antreten würden, ist natürlich ungewiß, doch hätte Margarito gerade in solchen Duellen mit schwersten Treffern und damit dauerhaften Folgeschäden zu rechnen. [2]

Fußnoten:

[1] http://www.boxen.de/news/ruecktritt-vom-ruecktritt-harrison-macht-weiter-26661

[2] http://www.boxen.de/news/geldprobleme-margarito-angeblich-vor-comeback-26644

24. Mai 2013