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MELDUNG/1493: Personifizierter Aufstiegsmythos in Zeiten der Not (SB)




Floyd Mayweathers Taschen quellen über

Mehr als jedem anderen Sportler weltweit ist es Floyd Mayweather jun. gelungen, vermittels der Ausbeutung zahlloser Hungerleider in seiner Branche wie auch der konsumistischen Neigungen eines Massenpublikums die eigenen Taschen zu füllen. Seine beiden letzten Kämpfe gegen Saul "Canelo" Alvarez und Marcos Maidana brachten ihm zusammengenommen mehr als 72 Millionen Dollar ein, und bei der Revanche gegen den Argentinier am 13. September kann er mit weiteren 30 Millionen rechnen. Angesichts solcher Erträge nimmt nicht wunder, daß der ungeschlagene Großverdiener davon träumt, noch vier weitere Auftritte zu gewinnen und sich danach mit einer beispiellosen Bilanz von 50 Siegen aus dem Geschäft zu verabschieden.

Macht er so weiter wie bisher, verschmelzen die sportlichen Ambitionen mit seinem Status als Krösus des Boxens vollends zu einem blendenden Aufstiegsmythos, wie er angesichts einer millionenfachen Verelendung der US-Gesellschaft dringender denn je als Pseudolegitimation der herrschenden Verhältnisse herhalten muß.

Bei der Wahl seiner Gegner steht die Frage an erster Stelle, mit wem sich das meiste Geld verdienen läßt. Wenn Mayweather wie üblich Anfang Mai Hof in Las Vegas hält, um den mexikanischen Feiertag Cinco de Mayo bestmöglich zu verwerten, der insbesondere in den USA begangen wird, könnte Amir Khan der Wunschkandidat sein. Zwar fehlt es nicht an kritischen Stimmen, die in den letzten Auftritten des klammernden Briten keine Glanzleistungen zu erkennen vermochten, doch dürfte diese Option aus Sicht Mayweathers für weitere 35 Millionen Dollar gut und Khan zudem ein handhabbarer Herausforderer sein.

Da der Superstar das Feld schon weitgehend abgeräumt hat, muß er danach eben nehmen, was übrigbleibt. Das wäre beispielsweise sein Landsmann Keith Thurman oder der Brite Kell Brook, der sich jüngst durch einen Sieg über Shawn Porter in Carson den IBF-Titel im Weltergewicht gesichert hat. Den Gürtel der WBO hält der Philippiner Manny Pacquiao, mit dem sich Mayweather bekanntlich niemals messen wird, obgleich dieses Duell jahrelang im Gespräch war. Würde Floyd Mayweather Brook besiegen und damit die Titel der Verbände WBA, WBC und IBF zusammenführen, könnte er in der Folge wieder im Halbmittelgewicht auf die Jagd gehen, wo er WBA- und WBC-Weltmeister ist. Dort böte sich eine Revanche mit Saul "Canelo" Alvarez oder ein weiterer Kampf gegen Miguel Cotto an, die jeweils für rund 40 Millionen Dollar gut sein dürften. [1]

Will man den Faden weiterspinnen, auf welche Weise Floyd Mayweather die 50 Siege komplettieren und dabei große Kasse machen könnte, kommt einem Bernard Hopkins in den Sinn. Falls der älteste Weltmeister in der Geschichte des Boxsports dann noch zugegen und so populär wie heute ist, ließe sich ein Gewicht irgendwo in der Mitte zwischen ihm und dem wesentlich leichteren Mayweather vereinbaren. Hopkins boxt normalerweise im Halbschwergewicht, wo er immer noch die Mission verfolgt, wie einst im Mittelgewicht alle vier maßgeblichen Titel zu vereinen. Er ist bereits Superchampion der WBA und Weltmeister der IBF, hat aber am 8. November mit WBO-Champion Sergej Kowaljow einen gewaltigen Brocken vor sich, den zu verschlingen an ein Wunder grenzen würde.

Fragt man Marcos Maidana, ist das alles pure Spekulation, da seines Erachtens Floyd Mayweather nach dem 13. September weder ungeschlagen noch Weltmeister im Weltergewicht sein wird. Aber das ist eine andere Geschichte, die ihrerseits die Gemüter erhitzt. Die Kontroverse, ob der bezeichnenderweise in Las Vegas lebende und ausschließlich im dortigen MGM boxende "Money" Mayweather den ersten Kampf hoch verdient oder im Gegenteil zu Unrecht nach Punkten gewonnen hat, ist seither nie völlig verstummt und beflügelt die Mutmaßungen, wie die Revanche ausgehen wird.

Wie viele andere Boxer mögen sich wünschen, wenigstens einen klitzekleinen Bruchteil jenes Ruhms und Reichtums abzubekommen, den Mayweather wie selbstverständlich einheimst! Wer jedoch meint, da sei eine gerechtere Verteilung vonnöten, hat übersehen, daß hier wie überall in dieser Gesellschaftsordnung und Verwertungsnot allenfalls Zuteilung und damit etwas ganz anderes als Teilhabe aller vorgesehen ist.

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Sergej Kowaljow träumt vom entscheidenden Durchbruch

Im August letzten Jahres reiste Sergej Kowaljow nach Wales, um sich mit Nathan Cleverly zu messen. Der Russe überrollte den amtierenden Weltmeister der WBO im Halbschwergewicht und schickte ihn in der dritten Runde zweimal auf die Bretter. Statt den einseitigen Kampf abzubrechen, schleppte Ringrichter Terry O'Connor den schwer angeschlagenen Waliser nach dem Pausengong in seine Ecke. Die kurze Erholungszeit reichte jedoch bei weitem nicht aus, um Cleverly vor dem frühzeitigen Ende in der nächsten Runde zu bewahren.

Am 18. November möchte Kowaljow in Atlantic City sein nächstes Meisterstück abliefern, indem er die Legende Bernard Hopkins bezwingt. Der 49jährige ist Weltmeister der WBA und IBF, so daß der Sieger drei der vier maßgeblichen Gürtel in Händen halten wird. Dem 31 Jahre alten Russen, der 25 Kämpfe gewonnen und einen unentschieden beendet hat, winkt die Riesenchance, durch den vom Sender HBO übertragenen Auftritt seinen Bekanntheitsgrad in den USA schlagartig zu steigern.

Wenngleich die physischen Voraussetzungen für Kowaljow sprechen, steigt der in 63 Profikämpfen erprobte Hopkins keineswegs aussichtslos in den Ring. Sofern er nicht wuchtigen Treffern des ansonsten nicht allzu versierten Russen zum Opfer fällt, könnte er dem 18 Jahre jüngeren Kontrahenten ein Schnippchen schlagen. Hopkins versteht sich wie kaum ein anderer Boxer darauf, aus der Defensive zu kämpfen und den Gegner mit einem Arsenal an zulässigen bis grenzwertigen Manövern zu neutralisieren. Der bald 50jährige schlägt längst nicht mehr so schnell wie in seiner Ära als Weltmeister aller vier Verbände im Mittelgewicht. Gelingt es ihm jedoch, einen Abtausch nicht allzu häufiger Schläge wie zuletzt gegen Beibut Schumenow in die Wege zu leiten, könnte er auch Sergej Kowaljow das Nachsehen geben. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/08/mayweather-shows-off-checks-worth-72-million/#more-180831

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/08/kovalev-happy-to-be-facing-hopkins-on-november-8th-in-atlantic-city-nj/

27. August 2014