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MELDUNG/1508: Bescheidenheit ist seine Sache nicht (SB)




George Groves will noch vor Weihnachten Weltmeister werden

George Groves trifft am Samstag in der Londoner Wembley Arena auf den Europameister im Supermittelgewicht, Christopher Rebrasse. Da es sich um einen Ausscheidungskampf des WBC handelt, wird der Sieger neuer Pflichtherausforderer dieses Verbands, dessen Weltmeister der US-Amerikaner Anthony Dirrell ist. Während der Brite 19 Kämpfe gewonnen, zuletzt aber zweimal vorzeitig gegen seinen Landsmann Carl Froch verloren hat, stehen für den Franzosen 22 Siege, zwei Niederlagen sowie drei Unentschieden zu Buche.

Vor drei Monaten mußte sich Groves vor 80.000 Zuschauern im Wembley-Stadion und einem weltweiten Fernsehpublikum auch bei der Revanche gegen Froch durch K.o. geschlagen geben. Er braucht im Duell mit Rebrasse, der noch nie vorzeitig verloren hat, nicht nur einen Erfolg, sondern möchte sich zudem mit einer überzeugenden Leistung rehabilitieren. Wenngleich man dem Franzosen angesichts einer durchschnittlichen Schlagwirkung nicht zutraut, aus diesem Kampf als Sieger hervorzugehen, dürfte er dem Briten mit seiner Standfestigkeit doch einige Probleme bereiten.

Es fehlte nicht an kritischen Einwänden, da schwer nachzuvollziehen ist, wieso ein Boxer wie Groves nach zwei solchen Niederlagen sofort einen Ausscheidungskampf bestreiten darf. Offenbar trug das WBC mit seiner Entscheidung dem Umstand Rechnung, daß der Brite zumindest in England sehr populär und stets für eine turbulente Darbietung gut ist. Auch ist es Groves gelungen, sich immer wieder ins Gespräch zu bringen, wie im letzten Duell gemeinsam mit Carl Froch eine gewaltige Kulisse im Londoner Fußballstadion zu versammeln und dabei eine enorme Börse einzustreichen.

George Groves steht seit einiger Zeit beim Berliner Promoter Sauerland Event unter Vertrag, der ihm jene zuverlässige Unterstützung gewähren dürfte, die der Brite in der Vergangenheit mitunter vermißte. Auch Sauerland profitiert von dieser Verpflichtung, da sich der Boxstall nach Auslaufen des hochdotierten Fernsehvertrags mit der ARD zum Ende des Jahres verstärkt im Ausland positionieren will. Wenngleich Groves erst 26 Jahre alt ist, hat er doch in jungen Jahren mehr gute und schlechte Erfahrungen gesammelt als mancher altgediente Champion. Da er frühzeitig in seiner Karriere gegen namhafte Kontrahenten angetreten ist und sie besiegt hat, stieg er rasch in die Spitze seiner Gewichtsklasse auf.

So setzte er sich gegen Charles Adamu, den zähen Schotten Kenny Anderson und seinen britischen Erzrivalen James DeGale durch. Für Paul Smith, der schon einmal um den WBO-Titel gekämpft hat, brauchte er nur zwei Runden, Noe Gonzalez war nach fünf Durchgängen am Ende, und der Veteran Glen Johnson unterlag ihm nach Punkten. Wie immer die Kämpfe des jungen Briten ausgehen, sie sorgen stets für gute Unterhaltung, weshalb die Zuschauer bei seinen Auftritten in jedem Fall auf ihre Kosten kommen. [1]

Bescheidenheit ist seine Sache nicht, und so erklärte Groves jüngst, er werde nach dem kommenden Wochenende wieder voll im Geschäft und womöglich schon vor Weihnachten neuer WBC-Champion sein. Wenn alles laufe wie erhofft, werde er als Weltmeister ins neue Jahr gehen. Er halte Anthony Dirrell für einen leichteren Gegner als Sakio Bika, dem der US-Amerikaner im August den Gürtel abgenommen hat. Das sieht der Champion natürlich ganz anders, der es schon auf dem Vorwege abgelehnt hat, seinen Titel gegen den Briten zu verteidigen. Groves hat es seines Erachtens nicht verdient, gegen ihn anzutreten, woran auch ein Sieg gegen den zweitklassigen Franzosen nichts ändern würde, so Dirrell. In England antreten werde er schon gar nicht, da ihm die unverdiente Niederlage seines Bruders Andre gegen Carl Froch im Jahr 2009 eine Lehre sei.

Die Einschätzung des Briten, daß Dirrell ein leichterer Gegner als dessen Vorgänger Sakio Bika sei, steht auf tönernen Füßen. Bei seinem Titelgewinn im August bearbeitete der US-Amerikaner den Kontrahenten zwölf Runden lang mit schweren Treffern, die der Titelverteidiger nur dank seiner außergewöhnlichen Nehmerqualitäten verkraften konnte. Zudem hielt Dirrell sein relativ hohes Tempo lange durch, so daß konditionelle Einbrüche bei ihm kaum zu erwarten sind.

Demgegenüber hat sich George Groves bei seinen beiden Niederlagen gegen Carl Froch als recht anfällig für Wirkungstreffer erwiesen. Im Grunde genommen wäre er gut beraten, sich mehr Zeit für den Wiederaufbau seiner Karriere zu nehmen und tunlichst nicht den Schlägen eines Anthony Dirrell auszusetzen. Vielleicht gelänge es dem Briten, wie schon gegen Froch mit einer beherzten und mobilen Kampfesweise in der Anfangsphase eine gute Figur zu machen. Brenzlig würde es für ihn jedoch, sobald ihn der US-Amerikaner mit den ersten schweren Treffern erwischt. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/09/george-groves-looking-to-bounce-back/#more-181897

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/09/groves-wants-dirrell-fight-in-december-sees-him-easily-beatable/#more-181910

19. September 2014