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MELDUNG/1515: Bermane Stiverne ist wieder auf dem Damm (SB)




Titelverteidigung gegen Deontay Wilder noch in diesem Jahr?

Am 10. Mai krönte sich der 35 Jahre alte Bermane Stiverne zum ersten in Haiti geborenen Weltmeister im Schwergewicht. Der in Las Vegas lebende Kanadier sicherte sich durch technischen K.o. in der sechsten Runde gegen den US-Amerikaner Chris Arreola den vakanten WBC-Titel und trat damit die Nachfolge Vitali Klitschkos an. Bei ihrer ersten Begegnung im April letzten Jahres hatte Stiverne seinen Gegner in der dritten Runde mit einer wuchtigen Rechten zu Boden geschlagen, ihm dabei die Nase gebrochen und am Ende klar nach Punkten gewonnen. Mit einem nahezu identischen Schlag gewann er auch bei der Revanche vor 3992 Zuschauern im Galen Center auf dem Campus der Universität von Südkalifornien die Oberhand.

Bermane Stiverne verbesserte seine Bilanz auf 24 Siege, eine Niederlage sowie ein Unentschieden. Zu den Siegern des Abends in Los Angeles gehörte auch Don King. Nachdem man den US-Promoter angesichts schwindender Präsenz in den zurückliegenden Jahren bereits abgeschrieben hatte, mischt er nun bei der Vermarktung eines der begehrtesten Titel im aktuellen Boxgeschäft wieder mit.

Einen Ausscheidungskampf, in dem der nächste Pflichtherausforderer Stivernes gekürt wurde, entschied Deontay Wilder für sich, der seinen US-amerikanischen Landsmann Malik Scott bezwang. Wilder ist von riesenhafter Gestalt, hat bei den Olympischen Spielen in Beijing 2008 eine Bronzemedaille gewonnen und im Profilager als "Bronze Bomber" sämtliche Gegner besiegt. Er brauchte dabei nie länger als vier Runden, um seinen Kontrahenten auf die Bretter zu schicken, und gilt gegenwärtig als aussichtsreichster US-amerikanischer Titelaspirant.

Damit nicht genug, beraumte der Verband eine weitere Qualifikation an, deren Sieger das Vorrecht erwarb, gleich im nächsten Schritt gegen den amtierenden Weltmeister anzutreten. Dabei gewann Bryant Jennings mit einem allerdings enttäuschenden Auftritt gegen den Kubaner Mike Perez, so daß die Kette stand und eine zügige Abwicklung möglich schien. Der frische Wind flaute jedoch rasch wieder ab, da der zunächst im Frühherbst geplante Kampf zwischen Stiverne und Wilder auf unbestimmte Zeit verschoben werden mußte, nachdem sich der Kanadier eine Verletzung an der Hand zugezogen hatte, deren Heilung erfahrungsgemäß sehr lange dauern kann.

Inzwischen hat der amtierende WBC-Weltmeister Bermane Stiverne seine Verletzung eigenen Angaben zufolge auskuriert und ist wieder in erstklassiger körperlicher Verfassung. Er sei völlig schmerzfrei und absolut fit. Die Pause habe ihm gutgetan, so der Kanadier. Nun könne Wilder kommen, worauf er sich Wladimir Klitschko vorknöpfen und der einzig wahre Champion im Schwergewicht sein werde.

Das mag hochtrabend klingen, ist aber insofern nicht ganz aus der Luft gegriffen, als der lange unterschätzte Stiverne unter Experten als einer der besten Schwergewichtler der Gegenwart gilt. Er ist ein ausgezeichneter Taktiker und verfügt über eine enorme Schlagwirkung. Beides hatte zuletzt Chris Arreola zu spüren bekommen, der in ihrem Kampf zwar der aktivere Boxer war, jedoch von dem effektiver agierenden Kanadier abgekontert wurde.

Deontay Wilder wird vor allem in den USA als der kommende Superstar des Schwergewichts gehandelt. Seine Serie vorzeitiger Siege ist jedoch mit Vorsicht zu genießen, da Kritiker einwenden, er habe bislang fast ausschließlich Gegner der eher schwächeren Sorte geschlagen. Stiverne ist jedenfalls ein anderes Kaliber und zudem mit sehr guten Nehmerqualitäten ausgestattet. [1]

Um die Wartezeit bis zum Titelkampf gegen Stiverne zu überbrücken, hat Deontay Wilder am 16. August im südkalifornischen Carson einen Auftritt mit dem kurzfristig als Gegner verpflichteten Jason Gavern bestritten. Diesem traute man zumindest zu, den Favoriten etwas länger zu beschäftigen als dessen 31 vorangegangene Opfer. Daraus wurde jedoch insofern nichts, als Wilder nur deswegen vier Runden brauchte, weil er den Kampf wie eine Sparringsübung streckte. Wenngleich er eine überzeugende Leistung bot, bekam er auch diesmal keine Gelegenheit, sein Durchhaltevermögen über eine längere Distanz zu erproben.

Nach dem Willen des World Boxing Council soll der Kampf zwischen Stiverne und Wilder noch in diesem Jahr stattfinden. Die beiderseitigen Promoter werden wohl umgehend Gespräche aufnehmen, wobei Don King jederzeit für eine Überraschung oder Verzögerung gut ist. Ob der Titelkampf, von dem man sich einen der Höhepunkte des Boxjahres 2014 verspricht, tatsächlich in dieser Frist ausgetragen wird, ist daher vorerst mit einem Fragezeichen zu versehen.


Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/news/stiverne-wieder-fit-kampf-gegen-wilder-noch-dieses-jahr-moeglich-32799

27. September 2014