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MELDUNG/1523: Nur noch ein Schatten besserer Tage (SB)




Ricky Burns kann auch im Halbweltergewicht nicht überzeugen

Die Zeiten, in denen der Schotte Ricky Burns WBO-Weltmeister im Superfeder- und Leichtgewicht war, gehören endgültig der Vergangenheit an. Zuletzt fiel es ihm immer schwerer, das vorgeschriebene Kampfgewicht zu erreichen, so daß er in seinen letzten vier Auftritten zunehmend weniger überzeugen konnte. Einem mühsamen Erfolg gegen Jose Gonzales folgte ein Unentschieden gegen Raymundo Beltran, der Titelverlust an Terence Crawford und eine Niederlage gegen Dejan Zlaticanin.

Am Wochenende trat Burns in Leeds im Halbweltergewicht an, doch schien er auch in diesem Limit nicht in bester körperlicher Verfassung zu boxen. Sein zweitklassiger Gegner Alexandre Lepelley mußte zwar bereits in der ersten Runde nach einer Kombination zu Boden gehen, entfaltete aber in der Folge fortgesetzt Druck, während der Schotte ausgesprochen träge wirkte. Wenngleich Ricky Burns dank seiner Größenvorteile und Wucht Runde für Runde gewann, machte er einen müden und schwerfälligen Eindruck.

In der siebten Runde wurde Lepelley ein Punkt abgezogen, nachdem die Kontrahenten mit den Köpfen zusammengestoßen waren. Es handelte sich um eine Fehlentscheidung, weil der Schotte mit gesenktem Kopf auf den Gegner losgegangen war, doch spielte das keine nennenswerte Rolle, da Burns die meisten Runden für sich entschieden hatte und klar nach Punkten gewann. Der Ringrichter sah ihn mit 79:71 in Front, so daß der Schotte seine Bilanz auf 37 Siege, vier Niederlagen und ein Unentschieden verbessern konnte. Für Alexandre Lepelley stehen nun 17 gewonnene und zwei verlorene Kämpfe sowie ein unentschieden beendeter Auftritt zu Buche.

Wie Promoter Eddie Hearn hinterher darlegte, seien im heimischen Umfeld Kämpfe gegen Anthony Crolla, Luke Campbell oder Michael Katsidis möglich. Bezeichnenderweise behauptete Hearn gar nicht erst, Burns habe in naher Zukunft Chancen auf einen Titelkampf. Der Schotte selbst redete vor allem über sein Gewicht und erklärte, er wolle sich mit seinem Team über eine Rückkehr ins Leichtgewicht beraten. Sollte das problemlos möglich sein, werde er künftig wieder in seinem angestammten Limit antreten. [1]

Realistisch gesehen hätte Ricky Burns jedoch auch im Leichtgewicht in seiner derzeitigen Verfassung kaum Chancen, sich gegen Terence Crawford, Raymundo Beltran, Omar Figueroa, Mickey Bey oder Richard Abril durchzusetzen. Allenfalls im Superfedergewicht sähe es günstiger für ihn aus, noch einmal einen Titelkampf zu bekommen, doch ist diese Option aus Gewichtsgründen kein Thema mehr.

Im Vorfeld des Auftritts in Leeds hatte Jim Watt, der Kommentator des Senders Sky Sports, seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, Ricky Burns werde sich im Halbweltergewicht wohler fühlen und im Kampf gegen Alexandre Lepelley einen überzeugenden Eindruck hinterlassen. Allerdings neigte Watt zu der Auffassung, daß der Schotte sogar ins Weltergewicht aufsteigen müßte, um seine Gewichtsprobleme dauerhaft aus der Welt zu schaffen. Dort hätte er jedoch erst recht keine Chance, sich gegen namhafte Gegner durchzusetzen.

Jim Watt kam schließlich zu dem Schluß, daß der bloße Wechsel der Gewichtsklasse nicht die Lösung sein könne, sofern es Burns nicht gelinge, die veränderten körperlichen Voraussetzungen in Dynamik, Beweglichkeit und Schlagwirkung umzusetzen. Der Schotte wirke wie ein Boxer, der nach schweren Kämpfen fast über Nacht gealtert ist. Jose Gonzales und Raymundo Beltran hätten ihm so schwere Treffer versetzt, daß er seither wie ein Schatten seiner selbst wirke. Neben seinen körperlichen Problemen suchten ihn offenbar Selbstzweifel heim, wie man sie in seinen Tagen als Weltmeister nie gespürt habe. [2]

Käme Eddie Hearn auf den Gedanken, Ricky Burns im Halbweltergewicht mit Chris Algieri, Lamont Peterson oder Danny Garcia in den Ring zu schicken, wäre ein Debakel absehbar. Allenfalls WBA-Weltmeister Jessie Vargas, der als schwächster der vier Titelträger gilt, wäre eine ferne Möglichkeit. Der Promoter des Schotten scheint indessen selbst diese Option auszuschließen und seinem Boxer vernünftigerweise zum Ausklang der Karriere ein Feld zu bereiten, auf dem Burns sich noch achtbar behaupten und ohne gesundheitliche Schäden aus der Affäre ziehen kann.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/10/burns-lepelley-early-results-rose-stops-fraga/#more-182719

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/10/watt-hoping-ricky-burns-will-be-better-at-140/#more-182693

6. Oktober 2014