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MELDUNG/1574: Werbung in eigener Sache sieht anders aus (SB)




Jean Pascal fällt Roberto Bolonti nach dem Trennkommando

Der kanadische Halbschwergewichtler Jean Pascal hat seine Chance auf die Herausforderung des Weltmeisters der Verbände WBA, WBO und IBF, Sergej Kowaljow, gewahrt, die am 14. März über die Bühne gehen soll und vom Sender HBO übertragen wird. Der Verlauf seines eingeschobenen Aufbaukampfs gegen Roberto Bolonti in Montreal war jedoch denkbar ungeeignet, eine Empfehlung für den ehemaligen WBC-Champion abzugeben.

Nachdem der 32 Jahre alte Pascal den Argentinier, der als Kanonenfutter verpflichtet worden war, bereits in der ersten Runde dominiert hatte, gelang ihm im zweiten Durchgang ein Niederschlag. Bolonti befand sich offensichtlich auf der Verliererstraße, doch als sich die Kontrahenten wenig später im Clinch ineinander verhakten und Ringrichter Michael Griffin ein Trennkommando gegeben hatte, nutzte der Lokalmatador diese Gelegenheit zu einem weiteren Schlag. Da sich sein Gegner in diesem Moment nicht verteidigte, traf ihn die Rechte Pascals voll am Kopf und ließ ihn vornüber zu Boden stürzen. Dort blieb er liegen und mußte mit einer Trage aus dem Ring gebracht werden.

Der Kampf wurde nach 2:29 Minuten der zweiten Runde offiziell beendet und ohne Wertung eingestuft. Jean Pascal konnte also von Glück reden, trotz seiner klaren Regelwidrigkeit ohne Disqualifikation davongekommen zu sein. Seine Bilanz steht damit weiterhin bei 29 Siegen, zwei Niederlagen sowie einem Unentschieden, während Roberto Bolonti nach wie vor 35 gewonnene und drei verlorene Auftritte vorzuweisen hat.

Da der Argentinier dem früheren Weltmeister lediglich als leichte Zwischenetappe auf dem Weg zum angestrebten Titelkampf dienen sollte und klar unterlegen war, weiß wohl nur Pascal selbst, warum er in dieser Situation nachgeschlagen hat. Gemessen am Kampfverlauf hatte er es überhaupt nicht nötig, da ihm der Sieg bereits sicher schien. Natürlich ist nicht ganz auszuschließen, daß der Kanadier im Eifer des Gefechts weder den lauten Ruf des Referees hörte noch dessen Hand an seiner Schulter spürte, als ihn der Ringrichter von seinem Gegner trennen wollte. Allzu wahrscheinlich ist das freilich nicht. [1]

Unmittelbar vor der fraglichen Situation hatte ihm der Argentinier einen regelwidrigen Schlag in den Nacken versetzt. Möglicherweise ließ sich Pascal zu einer Revanche hinreißen, als sich ihm sofort die Gelegenheit dazu bot. In der Ecke des Kanadiers wurde die Auffassung laut, Bolonti habe eine Schwalbe gemacht, wie man sie aus dem europäischen Fußball kenne. Der Ringarzt, so hieß es aus anderer Quelle, habe die Szene mit einem Ausdruck des Abscheus verlassen. Allem Anschein nach gab die Verfassung des Argentiniers zu keinen ernsthaften Sorgen Anlaß. [2]

Sofern kein konkreter Befund einer ärztlichen Untersuchung vorgelegt wird, dürfte also im Dunkeln bleiben, was genau sich bei diesem bizarren Ende des Kampfs abgespielt hat. Für Jean Pascal ist dieser Ausgang jedenfalls kein Ruhmesblatt. Da er nicht verloren hat, dürfte er nach wie vor eine Titelchance bekommen, doch regen die Ereignisse von Montreal das Publikumsinteresse an seinem Duell mit Kowaljow nicht gerade an. Offenbar war bislang im Gespräch, diesen Kampf im Bezahlfernsehen zu vermarkten. Wie man den Fans in den USA nun schmackhaft machen will, dafür tief in die Tasche zu greifen, steht in den Sternen. Zum einen ist Pascals Zeit als Champion längst verblichen, zum andern hat er sich nun auf denkbar ungünstige Weise in Erinnerung gebracht. Daher geht man wohl nicht fehl in der Annahme, daß Kowaljows Titelverteidigung gegen den Kanadier allenfalls im kostenlosen Fernsehen auf eine halbwegs ansehnliche Zuschauerquote kommen kann.

Sergej Kowaljow hat mit seinem ungefährdeten Punktsieg gegen Bernard Hopkins, bei dem er seinen eigenen WBO-Gürtel um die Trophäen der WBA und IBF ergänzte, ein Zeichen gesetzt. Er steht an der Schwelle, allein mit seinem Namen einen Auftritt im Bezahlfernsehen zu rechtfertigen. Bevor es jedoch soweit ist, braucht er weitere Kämpfe, die beim US-Publikum auf reges Interesse stoßen. Jean Pascal ist in dieser Hinsicht eher ein Rückschritt für den Russen, da der Kanadier seit seiner Niederlage gegen Hopkins im Jahr 2001 mit vier Gegnern im Ring gestanden hat, die in den USA weniger bekannt sind. Zudem lag sein letzter Auftritt, bei dem er im Januar 2014 den in Kanada lebenden Rumänen Lucian Bute besiegte, schon sehr lange zurück. Roberto Bolonti spektakulär zu besiegen, mußte daher das Ziel Pascals sein, da er nur auf diese Weise seinen Ruf aufpolieren konnte. Ein Spektakel ist ihm in der Tat gelungen, doch ganz gewiß nicht im gewünschten Sinn.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2014/12/pascal-fouls-bolonti-fight-ruled-a-no-contest/#more-185356

[2] http://www.badlefthook.com/2014/12/6/7346827/jean-pascal-vs-roberto-bolonti-ends-in-strange-no-contest

9. Dezember 2014