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MELDUNG/1606: Ob er sich das leisten kann? (SB)




Adrien Broner schlägt Vertrag über 40 Millionen Dollar aus

Adrien Broner hat dem Vernehmen nach ein Angebot des Promoters Roc Nation Sports in Höhe von 40 Millionen US-Dollar für einen Vertrag über fünf Jahre ausgeschlagen. Was dem früheren Champion in drei Gewichtsklassen an der für seine Verhältnisse äußerst lukrativen Offerte mißfiel, ist auch einer diesbezüglichen Stellungnahme des 25jährigen nicht zweifelsfrei zu entnehmen. Daß er von den Golden Boy Promotions, an die er noch bis vor wenigen Tagen gebunden war, oder seinem Berater Al Haymon mehr bekam oder an künftigen Börsen zu erwarten hat, ist sehr unwahrscheinlich.

Inwieweit die Ablehnung im Zusammenhang eines Konkurrenzkampfs mit dem aufstrebenden Akteur Roc Nation Sports des Rappers Shawn Carter, besser bekannt als Jay-Z, zu sehen ist, der in jüngerer Zeit verstärkt ins Boxgeschäft drängt, bedarf der Klärung. Die 2013 gegründete Sportsparte des Unternehmens der Unterhaltungsindustrie nahm zunächst eine Reihe prominenter Akteure aus dem Baseball, Basketball und American Football unter Vertrag. Seit August 2014 ist auch das Boxen hinzugekommen, wo mit Andre Ward, dem Superchampion der WBA im Supermittelgewicht, kürzlich der bislang prominenteste Akteur gewonnen werden konnte.

Adrien Broner galt in der Vergangenheit als einer der vielversprechendsten Boxer der leichten Gewichtsklassen und sah sich selbst bereits auf gleicher Augenhöhe mit Floyd Mayweather, den er zu beerben trachtete. Sein Aufstieg vom Leichtgewicht ins Weltergewicht, bei dem er ein Limit übersprang, erwies sich jedoch als überambitioniert. Gegen Paulie Malignaggi behielt er nur mit Mühe die Oberhand, und Marcos Maidana fügte ihm die erste Niederlage zu, die seinen Höhenflug beendete.

Nach diesem Scheitern trat Broner fortan im Halbweltergewicht an, wo er derzeit mit einer Bilanz von 29 Siegen und einer Niederlage in den aktuellen Top 10 der Verbände WBA (3), WBC (4) und IBF (10) plaziert ist. Im Weltergewicht hat er keine Chance, jemals Weltmeister zu werden, und nach den nicht gerade überzeugenden Auftritten gegen Carlos Molina und Emmanuel Taylor in der niedrigeren Gewichtsklasse sind erhebliche Zweifel angebracht, ob er sich dort tatsächlich durchsetzen kann. Wollte er in diesem Jahr einen Champion herausfordern, wäre Danny Garcia (WBA/WBC) höchstwahrscheinlich eine Nummer zu groß. Auch mit IBF-Weltmeister Lamont Peterson, der mit hoher Schlagfrequenz zu kämpfen pflegt, hätte er eine sehr harte Nuß zu knacken.

Broner ist nach wie vor populär genug, um gutes Geld zu verdienen, doch Weltmeister könnte er wohl erst dann werden, wenn Garcia und Peterson den Weg freigemacht haben. Theoretisch wäre natürlich eine Rückkehr ins Leichtgewicht denkbar, in dem er früher den WBC-Titel hielt, doch dürfte er inzwischen außerstande sein, dieses Limit noch einmal zu erreichen: Auf Abbildungen jüngeren Datums wirkt er so füllig wie ein Mittelgewichtler. All das unterscheidet ihn nicht von zahlreichen anderen hervorragenden Akteuren seiner Gewichtsregion, wohl aber der an ihn herangetragene und von ihm selbst überhöhte Anspruch, einer der außergewöhnlichsten Boxer der Gegenwart zu sein. [1]

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Andy Lee will seinen Titel gegen Patrick Nielsen verteidigen

Offenbar plant der frischgebackene WBO-Weltmeister im Mittelgewicht, Andy Lee, seinen Titel am 14. oder 21. März in Dublin gegen den Dänen Patrick Nielsen zu verteidigen. Aus seinem Wunsch, sich als Champion vor heimischem Publikum zu präsentieren, hatte der Ire nie einen Hehl gemacht. Allerdings ging man bislang davon aus, daß er gegen den Briten Billy Joe Saunders antreten müsse, der die WBO-Rangliste anführt. Dieser wird nun wohl bis zum Sommer warten müssen, ehe er die Chance bekommt, den Weltmeister herauszufordern.

Daß Andy Lee, für den 34 Siege und zwei Niederlagen zu Buche stehen, seinen Gürtel zunächst gegen einen überschaubaren Herausforderer verteidigen möchte, ist verständlich. Nielsen, der 23 Auftritte gewonnen und nur einen verloren hat, wirkt auf den ersten Blick wie ein angemessener Gegner. Er hat jedoch in seiner kaum mehr als fünfjährigen Karriere noch keinen namhaften Kontrahenten geschlagen und im Juni 2014 deutlich nach Punkten gegen Dimitri Tschudinow verloren. Es stellt den Weltmeister in kein gutes Licht, sich einen Herausforderer wie den 23jährigen Dänen auszusuchen, der kürzlich einen Kampf verloren hat. Auch der Verband WBO muß sich fragen lassen, warum er dieser Titelverteidigung seine Zustimmung gibt.

Andy Lee hatte im Juni 2014 John Jackson, der nach Punkten in Führung lag, durch K.o. in der fünften Runde besiegt. Dasselbe Kunststück glückte ihm im Kampf um den vakanten WBO-Titel gegen den zuvor ungeschlagenen Matt Korobow, der ihn klar dominierte, doch in der sechsten Runde plötzlich von einem rechten Haken des Iren gefällt wurde. Auch Billy Joe Saunders gilt aufgrund seiner Beweglichkeit und technischen Überlegenheit als Favorit bei einem Duell mit Lee, der wiederum auf einen Niederschlag setzen müßte, um seinen Gürtel zu behalten. Das mag erklären, warum die Wahl auf Nielsen gefallen ist, der nicht über die notwendigen Qualitäten zu verfügen scheint, Andy Lee in ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/01/adrien-broner-turns-down-40-million-5-year-offer-by-roc-nation/#more-186468

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/01/andy-lee-vs-patrick-nielsen-possible-for-march-14th-in-dublin/#more-186463

13. Januar 2015


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