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MELDUNG/1839: In manchen sauren Apfel muß man einfach beißen (SB)



Winkt Wjatscheslaw Hlaskow ein Titelkampf gegen Deontay Wilder?

Deontay Wilder verteidigt den WBC-Titel im Schwergewicht im nächsten Jahr gegen den Pflichtherausforderer Alexander Powetkin. Dieser Kampf war ursprünglich für Januar 2016 geplant, mußte aber verschoben werden, da sich der Russe bei seinem zwischenzeitlichen Sieg über den Polen Mariusz Wach eine Rißwunde zugezogen hat, die eine längere Genesungsphase erforderlich macht. Der Verband gestattete daraufhin dem Weltmeister aus Tuscaloosa eine weitere freiwillige Titelverteidigung, die am 16. Januar über die Bühne gehen soll.

Als möglicher Herausforderer ist derzeit Wjatscheslaw Hlaskow im Gespräch, die Nummer drei der WBC-Rangliste. Sollten die bereits eingeleiteten Gespräche von Erfolg gekrönt sein, kommt es im Barclays Center in Brooklyn zu einem attraktiven Duell im Schwergewicht, das vom Sender Showtime übertragen wird. Wilder hat den Titel im Kampf gegen den Kanadier Bermane Stiverne gewonnen und mußte dabei zum ersten und einzigen Mal in seiner Profikarriere über die volle Distanz von zwölf Runden gehen. Davon abgesehen hat er sämtliche Auftritte vorzeitig gewonnen, was auch für die ersten beiden freiwilligen Titelverteidigungen gegen seinen Landsmann Eric Molina und den robusten Franzosen Johann Duhaupas galt.

Der 31 Jahre alte Wjatscheslaw Hlaskow stammt aus Luhansk in der Ukraine, wo er als Jugendlicher mit dem Boxen begann. Er krönte seine erfolgreiche Amateurlaufbahn mit dem Gewinn einer Silbermedaille bei der Weltmeisterschaft 2007 in Chicago und Bronze bei den Olympischen Spielen 2008 in Beijing im Superschwergewicht. Im folgenden Jahr wechselte Hlaskow ins Profilager und erkämpfte dort bislang 21 Siege sowie ein Unentschieden. Heute gehört der 1,90 m große Schwergewichtler aus Fort Lauderdale, Florida, zum Kreis der namhaftesten Kandidaten für einen Titelkampf.

Für Deontay Wilder wäre der Ukrainer ein idealer Gegner zur Vorbereitung auf Alexander Powetkin und in der Folge Wladimir Klitschko, sofern der WBC-Champion die beiden Hürden wie erwartet meistert. Wenngleich der Russe zu den gefährlichsten Titelaspiranten gehört, legt doch seine Niederlage gegen Klitschko nahe, daß es ihm gegen den jüngeren und mit 2,01 m noch größeren US-Amerikaner nicht besser ergehen wird. So dominierte er den statisch boxenden Mariusz Wach zwar auf ganzer Linie, erzielte jedoch gegen den hochgewachsenen und erheblich schwereren Polen mit seinen Treffern keine nennenswerte Wirkung. Wilder ist nicht nur sehr viel schneller und mobiler als Wach, sondern auch für die Wucht seiner Schläge gefürchtet, die bislang 34 Gegner von den Beinen geholt haben.

Wie Hlaskows Manager Egis Klimas bestätigt, sei der Ukrainer offenbar einer der Kandidaten, auf die man im Lager des WBC-Champions ein Auge geworfen hat. Allerdings habe er bislang nichts Schriftliches in Händen, weshalb der weitere Verlauf noch in der Schwebe sei. Promoterin Kathy Duva von Main Events habe ihn davon in Kenntnis gesetzt, daß Gespräche geführt werden, deren erfolgreichen Abschluß er auf jeden Fall sehr begrüßen würde.

Wjatscheslaw Hlaskow und Alexander Powetkin, die wie Klitschko aus Osteuropa stammen, böten Wilder die denkbar beste Einstimmung auf den ultimativen Kampf um sämtliche Titel im Schwergewicht. Der US-Amerikaner gehörte 2012 noch zu den Sparringspartnern Klitschkos vor dessen Kampf gegen Mariusz Wach in Hamburg. Seither hat sich Wilder beträchtlich weiterentwickelt und längst den Ruf abgestreift, er habe seine Serie vorzeitiger Siege lediglich schwachen Gegnern zu verdanken. Hingegen glaubt man bei dem inzwischen 39 Jahre alte Klitschko einsetzende Schwächen zu erkennen, so daß er nicht mehr als unbesiegbar gilt.

Dessen ungeachtet ist Wilder davon überzeugt, daß sich der Ukrainer am 28. November gegen Tyson Fury durchsetzen wird, der in Düsseldorf als Pflichtherausforderer beim Verband WBO auf den Weltmeister trifft. Der US-Amerikaner teilt mit dem Gros der Experten die Auffassung, daß der 2,06 m große Brite angesichts seiner schwach ausgeprägten Schlagwirkung im Kampf mit Klitschko untergehen und vermutlich sogar auf den Brettern landen wird. [1]

Was nun Wjatscheslaw Hlaskow betrifft, stünde diesem insofern auch ein Kampf gegen Wladimir Klitschko offen, als er Pflichtherausforderer bei der IBF ist. Allerdings müßte er darauf bis Ende 2016 oder gar Anfang 2017 warten, weshalb er angesichts der mit einer derart langen Frist verbundenen Unwägbarkeiten vermutlich einen Kampf um den WBC-Titel in nur zwei Monaten vorziehen würde. Sollte Wilders Berater Al Haymon eine Titelverteidigung gegen den Ukrainer favorisieren, läge die letzte Entscheidung bei Hlaskow. Dieser hat sich bei seinem Erfolg gegen den Polen Tomasz Adamek im vergangenen Jahr ausgezeichnet in Szene gesetzt, dann aber beträchtliche Mühe mit Malik Scott und Derric Rossy gehabt, so daß manche Kritiker von Geschenken der Punktrichter munkelten. Daher kann man davon ausgehen, daß er gegen Wilder verlieren wird und gegen Klitschko allenfalls dann eine Chance hätte, sollte der Ukrainer tatsächlich im nächsten Jahr dramatisch abbauen. Das wiederum würde bedeuten, daß Klitschko seine Titel verliert, bevor Hlaskow zum Zuge kommt. Für ihn ist Wilder gewissermaßen ein saurer Apfel, in den er unbedingt beißen muß, sollte sich die Gelegenheit dazu bieten.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/11/deontay-wilder-vyacheslav-glazkov-possible-for-116/#more-201757

13. November 2015


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