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MELDUNG/1925: Manche Avancen bleiben unerwidert (SB)



Kell Brook muß kleine Brötchen backen

Wenngleich das Weltergewicht durch den Abschied Floyd Mayweathers den herausragenden Akteur verloren hat, ist es nach wie vor eine der am attraktivsten besetzten Gewichtsklassen. Manny Pacquiao trifft am 9. April im letzten Kampf seiner Karriere zum dritten Mal auf Timothy Bradley, um sich danach voll und ganz der Politik auf den Philippinen zu widmen, für deren Senat er kandidiert. Im Januar hatte sich Danny Garcia im Kampf gegen Robert Guerrero den vakanten WBC-Titel gesichert, und Anfang März tat es ihm Jessie Vargas gleich, der durch einen Sieg über Sadam Ali neuer WBO-Weltmeister wurde. Keith Thurman trifft als WBA-Champion am 25. Juni auf den ehemaligem IBF-Champion Shawn Porter, und der aufstrebende Errol Spence bekommt es im bislang anspruchsvollsten Duell seiner Karriere am 16. April mit dem erfahrenem Chris Algieri zu tun. Das größte Los hat Amir Khan gezogen, der sich am 7. Mai in einem lukrativen Auftritt mit dem WBC-Champion im Mittelgewicht, Saul "Canelo" Alvarez, messen will.

Übrig bleibt wieder einmal IBF-Weltmeister Kell Brook, der unablässig große Namen und bedeutende Kämpfe im Munde führt, sich aber am 26. März in seiner Heimatstadt Sheffield mit dem wenig bekannten Pflichtherausforderer Kevin Bizier abgeben muß. Setzt sich der in 35 Auftritten ungeschlagene Lokalmatador durch, wird man das als selbstverständlich abhaken. Verliert er überraschend gegen den 31jährigen Kanadier, für den 25 Siege und zwei Niederlagen zu Buche stehen, käme das einer Katastrophe gleich. [1]

Brook, der am 3. Mai seinen 30. Geburtstag feiert, hat sich im Laufe seine zwölfjährigen Profikarriere mit Siegen über zweit- und drittklassige Gegner eine weiße Weste bewahrt und nach oben vorgearbeitet. Nachdem er Lovemore Ndou, Matthew Hatton, Alvaro Robles und Wiatscheslaw Senschenko in die Schranken gewiesen hatte, bekam er im August 2014 in Carson, Kalifornien, eine Titelchance gegen den IBF-Weltmeister Shawn Porter. In einem langweilig anzusehenden Kampf klammerte der Brite mindestens zehnmal pro Runde, während sich der Titelverteidiger an die Regeln hielt und jedesmal abwartete, bis Ringrichter Pat Russell das Trennkommando gab. Offenbar ging Porter davon aus, daß der Referee den Briten früher oder später mit einem Punktabzug bestrafen würde, was jedoch aus unerfindlichen Gründen nicht geschah. Nach zwölf quälenden Runden setzte sich Brook umstritten nach Punkten durch und entführte den Gürtel nach England.

Auch nach dem Titelgewinn stand der von Verletzungen geplagte Kell Brook mit keinem hochklassigen Kontrahenten im Ring. Er verteidigte seinen Gürtel gegen den Pflichtherausforderer Jo Jo Dan aus Kanada sowie seinen britischen Landsmann Frankie Gavin und forderte stets aufs Neue seine hochklassigen Rivalen zum Kampf, doch blieb sein Ruf unerhört. Sein Wunschgegner Amir Khan dachte nicht im Traum daran, sich zum innerbritischen Duell zu stellen, sondern jagte zunächst Floyd Mayweather und dann Manny Pacquiao vergeblich hinterher. Nun hat er endlich doch seinen großen Kampf gegen den prominenten Mexikaner Saul Alvarez bekommen, während Brook wie so oft leer ausgeht. [2]

Wie der Brite erklärt, faszinierten ihn die großen Namen im Weltergewicht, was sicher nicht minder für die Fans gelte. Er mache keine langweiligen Kämpfe und sei nur zu gern bereit, in den USA oder in einem britischen Stadion anzutreten und die Besten auf die Bretter zu schicken. Mit dem Pflichtherausforderer werde er sich auf angemessene Weise befassen, um dann später im Jahr daranzugehen, die Titel zusammenzuführen. Er habe sich nun im Grunde genommen zehn Monate lang auf den kommenden Auftritt vorbereitet und brenne darauf, endlich wieder in den Ring zurückzukehren und dort eine großartige Vorstellung zu geben.

So verständlich Brooks Wunsch sein mag, bei seinem Auftritt die Ränge eines britischen Fußballstadions zu füllen, wäre dies wohl nur mit Amir Khan oder Manny Pacquiao möglich, die jedoch unerreichbar für den IBF-Weltmeister sind. Danny Garcia und Jessie Vargas dürften dem Publikum auf der Insel nicht bekannt genug sein, um massenhafte Nachfrage auf den Plan zu rufen.

Was den Außenseiter Kevin Bizier betrifft, sollte Brook tatsächlich auf der Hut sein, da der Kanadier mit gehöriger Wucht zuschlagen kann. Bei seinem letzten Auftritt besiegte er im November Fredrick Lawson in der zehnten Runde, der dabei einen Kieferbruch davontrug. Will der Brite eine überzeugende Vorstellung geben, darf er nicht wie gegen Shawn Porter unablässig klammern. Er muß sich dem Herausforderer zumindest phasenweise zum Schlagabtausch stellen, so daß man einen Glückstreffer des Kanadiers zumindest nicht ausschließen kann.


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/blog/dan-rafael/post/_/id/15532/brook-wants-big-fight-but-stuck-with-mandatory-defense

[2] http://www.boxingnews24.com/2016/03/brook-wants-unification-fight-next-stadium/#more-206599

15. März 2016


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