Liam Smith hat allzu leichtes Spiel mit Predrag Radosevic

Liam Smith hat den WBO-Titel im Halbmittelgewicht in Liverpool erfolgreich verteidigt. Er setzte sich in der Echo Arena bereits in der zweiten Runde gegen den überforderten Predrag Radosevic durch, der an Nummer elf der WBO-Rangliste geführt wurde. Der Kampf war so erschreckend einseitig, daß der Weltmeister beinahe zu lachen schien, während er den Herausforderer nach Belieben mit Schlägen eindeckte. Der 27jährige Brite baute seine Bilanz auf 23 Siege und ein Unentschieden aus, für den vier Jahre älteren Montenegriner stehen nun 30 gewonnene sowie zwei verlorene Auftritte zu Buche.

Der Lokalmatador versetzte dem Herausforderer bereits nach wenigen Sekunden der ersten Runde einen schweren Körpertreffer, der Radosevic zurückweichen ließ. Wie sich in der Folge herausstellen sollte, war damit bereits eine Vorentscheidung gefallen, da der Montenegriner fortan auf der Flucht zu sein schien. Bei seiner vorzeitigen Niederlage gegen Felix Sturm im Jahr 2013 war er nach Schlägen zum Körper, mit denen er offensichtlich schlecht zurechtkommt, dreimal zu Boden gegangen. Im Kampf gegen Smith nahm er Kopftreffer unbeeindruckt hin, hütete sich aber sichtlich vor Angriffen zum Körper, ohne ihnen freilich entgehen zu können. In der zweiten Runde landete Radosevic nach einem solchen Schlag auf den Brettern und machte keine Anstalten, rechtzeitig wieder auf die Beine zu kommen, sondern ließ sich nach einer Minute und 34 Sekunden des Durchgangs auszählen. Hatte er schon zuvor den Eindruck erweckt, sich weit weg von diesem mißlichen Ort zu wünschen, so schien er sich nun bei erstbester Gelegenheit zu verabschieden.

Daß es überhaupt zu einem derart einseitigen Titelkampf kommen konnte, ist nicht zuletzt dem Verband WBO anzulasten, der Radosevic unter den Top 15 seiner Rangliste geführt hat. Für Liam Smith war dieser klare, aber allzu leichte Sieg über den schwachen Herausforderer kein Qualitätsnachweis. Der Montenegriner hatte seit der Niederlage gegen Felix Sturm in der vierten Runde drei Kämpfe gewonnen, dabei aber keine namhaften Gegner in die Schranken gewiesen. Wenngleich der Brite durchaus berechtigt war, gegen Radosevic anzutreten, stellt sich doch die Frage, warum er sich keinen stärkeren Kontrahenten ausgesucht hat.

Dieses Mißverhältnis trat in seiner Widersprüchlichkeit vollends zutage, als der Weltmeister im Anschluß an seinen mühelosen Erfolg Kämpfe gegen die namhaftesten Akteure seiner Gewichtsklasse einforderte. Wenngleich er in diesem Zusammenhang keine Namen nannte, meinte er offensichtlich Rivalen wie Saul "Canelo" Alvarez, Miguel Cotto und die Brüder Jermall und Jermell Charlo. Dem Vernehmen nach hat der IBF-Champion im Weltergewicht, Kell Brook, ein hochdotiertes Angebot ausgeschlagen, gegen seinen Landsmann Liam Smith anzutreten. Das wiederum kann nicht überraschen, da er es mit einem Gegner zu tun bekäme, der ihm in körperlicher Hinsicht ebenbürtig ist. Brook bevorzugt Kontrahenten, die ihm physisch unterlegen sind, und wird früher oder später Probleme damit bekommen, das Limit des Weltergewichts einzuhalten. Träte er jedoch im Halbmittelgewicht an, wäre sein üblicher Vorteil dahin. [1]

Liam Smith, dessen drei Brüder Paul (Supermittelgewicht), Callum (Supermittelgewicht) und Stephen (Superfedergewicht) ebenfalls recht erfolgreiche Profiboxer sind, hatte den vakanten WBO-Titel im Halbmittelgewicht im Oktober durch einen Sieg über den US-Amerikaner John Thompson in der siebten Runde gewonnen. Bereits im Dezember setzte er sich bei seiner ersten Titelverteidigung wiederum in Manchester gegen Jimmy Kelly in der siebten Runde durch.

Sein Name wurde bei der Frage nach dem kommenden Gegner des Mexikaners Saul "Canelo" Alvarez genannt, der im September seinen nächsten Auftritt geben wird. Dieser hat den WBC-Titel im Mittelgewicht niedergelegt, was nur bedeuten kann, daß er Gennadi Golowkin aus dem Weg gehen will, der unter anderem Pflichtherausforderer bei diesem Verband war und nun sein Nachfolger ist. Der Kasache firmiert als Weltmeister der Verbände WBA, WBC und IBF, so daß ihm nur noch der WBO-Gürtel zur Komplettierung seiner Sammlung fehlt, den der Brite Billy Joe Saunders an ihn verlieren würde, sollte er sich zum Kampf stellen. "Canelo" könnte gegen Liam Smith entweder wie für ihn üblich bei 155 US-Pfund und damit im Mittelgewicht oder bei 154 US-Pfund in der Gewichtsklasse des Briten antreten, der wohl in jedem Fall in die USA reisen müßte. [2]

Wie Smiths Promoter Frank Warren ausführte, plane er für seinen Weltmeister einen bedeutenden Kampf im Herbst. Noch länger auf Kell Brook zu warten, mache absolut keinen Sinn. Er habe jedenfalls nicht die Absicht, sich von dessen Entscheidungen abhängig zu machen und solange die Hände in den Schoß zu legen. Liam Smith gehöre definitiv zu den drei besten Akteuren seiner Gewichtsklasse und werde Ende des Jahres allein an der Spitze stehen. Wenn ihn einige Leute noch immer für das schwache Glied in der Kette der Weltmeister hielten, sei es ihr Problem, den WBO-Champion sträflich zu unterschätzen, bis er sie eines Besseren belehre. Sowenig man dem Promoter vorwerfen kann, die Fahne seines Boxers hochzuhalten, so große Zweifel sind doch angebracht, seine Einschätzung unbesehen für bare Münze zu nehmen.