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MELDUNG/2264: Mittelgewicht - ein Geschenk des Himmels ... (SB)



WBC streicht Saul "Canelo" Alvarez aus der Rangliste

Wie WBC-Präsident Mauricio Sulaiman bestätigt hat, ist Saul "Canelo" Alvarez aus der Rangliste des Verbands gestrichen worden, da er sich nicht in das Dopingtestprogramm eingeschrieben hat. Das World Boxing Council sieht die VADA-Standards vor, nach denen zu jedem beliebigen Zeitpunkt unangekündigte Kontrollen durchgeführt werden können. Dem steht die von anderen Verbänden geduldete Praxis gegenüber, lediglich während der Vorbereitung auf einen Kampf in einem Zeitraum von acht Wochen Dopingkontrollen vorzuschreiben. Dies würde es folglich einem Boxer gestatten, in der übrigen Zeit verbotene Substanzen anzuwenden, sofern diese rechtzeitig vor der Kontrollphase vom Körper restlos abgebaut worden sind. Das wäre beispielsweise bei Clenbuterol der Fall, welches im Februar in zwei Fällen bei "Canelo" nachgewiesen wurde. Seiner Version zufolge hatte er verunreinigtes Fleisch verzehrt, Kritiker sind hingegen der Auffassung, er habe die Substanz nicht rechtzeitig genug vor dem Trainingslager abgesetzt, so daß noch Restspuren nachgewiesen werden konnten, die dann bei einem späteren Test nicht mehr auftraten.

Der Mexikaner wurde von der Sportkommission Nevadas als der zuständigen Aufsichtsbehörde des Bundesstaats für ein Jahr gesperrt, doch erließ man ihm sofort wegen guter Kooperation die Hälfte der Suspendierung. Damit fiel die für Anfang Mai geplante Revanche gegen Gennadi Golowkin ins Wasser, doch kann "Canelo" Mitte September in den Ring zurückkehren und den zweiten seiner jährlichen Standardtermine zu den beiden wichtigsten mexikanische Feiertagen wahrnehmen. Die Sportkommission wurde der Form halber ihrem eigenen Anspruch in Dopingfragen gerecht, ohne deshalb die Bedeutung dieses Boxers für Las Vegas zu ignorieren, der dort mit seinem Auftritten das Geschäft der Hotels und Casinos beflügelt.

Sulaiman fügte hinzu, daß "Canelo" wieder in die Rangliste aufgenommen würde, sobald er sich zur Teilnahme am umfassenden Testprogramm bereiterklärt hat. Das wirft die Frage auf, warum es der Mexikaner bislang versäumt hat, entgegen seiner Ankündigung keine regelmäßigen Tests zuzulassen. Bei der fernmündlichen Anhörung am 18. April hatte der nicht persönlich anwesende Alvarez zugesagt, er werde sich sofort in das Testprogramm der VADA einschrieben, doch seither ist nichts dergleichen geschehen. Dazu zwingen kann ihn die Sportkommission nicht, die mit der relativ milden Sperre ihre Sanktionsmöglichkeiten ausgeschöpft hat.

WBC-Präsident Sulaiman, der den 27jährigen Saul Alvarez lange gegen die Dopingvorwürfe verteidigt hatte, konnte letztlich kaum anders handeln, wollte er nicht gegen die Statuten seines eigenen Verbands verstoßen, was ihm früher oder später auf die Füße gefallen wäre. Zugleich winkte er mit dem Zaunpfahl, indem er die umgehende Aufhebung der Maßnahme in Aussicht stellte, sofern "Canelo" Versäumtes nachholt. Sollte der Mexikaner jedoch dieser Aufforderung nicht nachkommen und gegen Golowkin kämpfen, stünde der WBC-Titel im Mittelgewicht nicht auf dem Spiel. Zwar könnte Sulaiman einlenken, sobald sich Alvarez acht Wochen vor dem Kampf wieder Dopingkontrollen stellt, doch wäre damit ein beträchtlicher Gesichtsverlust des WBC-Präsidenten verbunden, dem man Vetternwirtschaft vorwerfen würde.

Gennadi Golowkin hatte sehr ungehalten auf die Dopingbefunde reagiert und "Canelo" die Erklärung nicht abgenommen hat, er habe verunreinigtes Fleisch zu sich genommen. Der Kasache verlangte eine Art Garantie, daß sich der Mexikaner bis zu ihrem zweiten Aufeinandertreffen nicht abermals verbotener Hilfsmittel bedient. Wäre "Canelo" daran gelegen, sich unbedingt ein zweites Mal mit dem Kasachen zu messen, läge eine Teilnahme an dem VADA-Programm nahe. Die Funkstille seitens des Mexikaners, was regelmäßige Dopingkontrollen betrifft, könnte man natürlich auch dahingehend auslegen, daß er im Grunde Golowkin aus dem Weg gehen möchte und bereits dabei ist, Vorwände dafür zu konstruieren.

Erstens muß Saul Alvarez fürchten, im zweiten Anlauf nicht mehr von den Punktrichtern gerettet und mit einem fragwürdigen Unentschieden beschenkt zu werden, da Golowkin nun vorgewarnt ist. Zweitens müßte sich der Mexikaner im Falle des Sieges dem Pflichtherausforderer Jermall Charlo stellen, der kaum weniger gefährlich als der Kasache eingeschätzt wird. Canelo und sein Promoter Oscar de la Hoya ließen jedenfalls nicht das geringste Interesse an Charlo erkennen, als beide noch im Halbmittelgewicht antraten, und daran dürfte sich nach dem Aufstieg ins Mittelgewicht nichts geändert haben. Daher ist gut möglich, daß der Mexikaner auch aus diesem Grund überhaupt keinen Wert auf den WBC-Titel Golowkins legt,

So gesehen hat ihm der Verband WBC sogar einen großen Gefallen damit getan, ihn aus der Rangliste zu streichen. Dieses Szenario könnte es "Canelo" erlauben, einen Rückzieher zu machen, ohne sich der vollen Wucht neuerlicher Kritik auszusetzen. Da Oscar de la Hoya jüngst in einer Kurzmitteilung auf Twitter behauptet hat, Golowkin habe Angst vor Alvarez, könnte man sogar eine konzertierte Aktion von Promoter und Boxer vermuten, die womöglich längst einen Ausweg ins Auge gefaßt haben und für den 15. September einen weniger gefährlichen Gegner suchen. [1]


Fußnote:

[1] www.boxingnews24.com/2018/05/sulaiman-confirms-canelo-removed-from-wbcs-rankings-for-failing-to-sign-up-for-drug-testing/#more-263129

15. Mai 2018


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