Schattenblick →INFOPOOL →TIERE → TIERSCHUTZ

INITIATIVE/319: Peter Arras - "Unsere Tiere können nicht piensen" (Timo Leszinski)


"Unsere Tiere können nicht piensen"

Der Biedesheimer Peter Arras kümmert sich um Lebewesen "am Ende der Spendenwurst" - Tierschutzpreis erhalten

Von Timo Leszinski


Platz für über 100 Wasserschildkröten, großzügige Vogelvolieren und in einer Ecke ein eigenes Becken für Alexa, die Kaimandame - das Anwesen von Peter Arras mitten in Biedesheim beherbergt rund 400 Tiere und gleicht einem kleinen Zoo. Doch genau das will der 43-Jährige, der gerade mit dem Tierschutzpreis des Donnersbergkreises ausgezeichnet wurde, nicht sein. Am liebsten würde er seine Tierstation ganz überflüssig machen.

Die Tierstation, die Arras zusammen mit seiner Lebensgefährtin Dorothee Munzinger auf rund 500 Quadratmetern betreibt, sei zwar der kostspieligste Teil seiner gemeinnützigen GmbH mit dem Namen "Aktion konsequenter Tierschutz" (AKT). "Aber die Message dahinter, die ist viel wichtiger", betont der Biedesheimer immer wieder. Er betreibe Tierschutz nicht von einer emotionalen, sondern von einer rationalen Warte aus. Der Mensch müsse allen Tieren gleichermaßen Schutz zubilligen, nicht nur "niedlichen" Hunden oder Katzen, die lediglich zehn Prozent der Haustiere ausmachen. Vor allem Reptilien und Amphibien - meist gefundene oder ausgesetzte Tiere - sind es daher, die auf dem Anwesen von Arras ein Zuhause gefunden haben, aber auch Vögel wie Papageien und einige Säugetiere. Kaimandame Alexa habe er 1999 aus der unbeheizten Halle eines Tierhändlers imbuchstäblich letzten Moment kurz vor dem Erfrieren retten können.

"Unsere Tiere stehen am Ende der 'Spendenwurst'. Sie können nicht piensen oder schnurren, deshalb wird für sie nicht so viel gespendet", bedauert Arras. Ein kleiner, aber treuer Stamm an Förderern sorge mit Spenden dafür, dass die Tierstation weiterbestehen kann. Doch weitere Spenden seien dringend notwendig, weil steigende Kosten - etwa für Energie - der Tierstation zu schaffen machen. Auch räumlich stößt die Tierstation an ihre Grenzen. Derzeit erledigen Arras und Munzinger die anfallenden Arbeiten alleine. Weil die Versorgung der Tiere einen großen Teil des Tages in Anspruch nimmt, suchen die beiden zuverlässige ehrenamtliche Helfer, die sie unterstützen.

Die "Aktion konsequenter Tierschutz" gibt es seit 15 Jahren. Während seiner Tätigkeit für einen Tierschutzverein sei ihm der Handlungsbedarf aufgefallen, sagt der staatlich geprüfte Zootierpfleger. Während sich um Katzen oder Hunde gut gekümmert wurde, seien etwa Schildkröten einfach in einem Kübel gelandet. So habe er seine Einrichtung für notleidende Reptilien - wie er sagt, die erste in Deutschland - gegründet. "Es kann nicht richtig sein, dass sich Hinz und Kunz wild lebende Arten kaufen kann. Die Tierheime sind nicht für solche Tiere ausgestattet, die Tierärzte verstehen nichts davon", ärgert sich Arras.

Diese Schnappschildkröte wurde in einem Vorgarten gefunden, bevor sie zu Peter Arras kam. Die Finder hielten sie zuerst für ein Gürteltier. Foto: © Studenski

Diese Schnappschildkröte wurde in einem Vorgarten
gefunden, bevor sie zu Peter Arras kam. Die Finder
hielten sie zuerst für ein Gürteltier.
Foto: © Studenski
2004 kam der gebürtige Grünstadter, der in Laumersheim aufgewachsen ist, von Karlsruhe zurück in die Pfalz. In Biedesheim fand er schließlich ein geeignetes Domizil für seine Tierstation. Einen ehemaligen Getreidespeicher baute er zu einer Tropenhalle um. Ohne Unterstützung von Handwerksfirmen vor Ort - etwa von der Biedesheimer Heizungsfirma Beyer, die viele Anlagen zum Selbstkostenpreis installierte - sei das alles nicht möglich gewesen, ist Arras noch heute dankbar. 10.000 Liter Wasser stehen den Amphibien und Reptilien dort zur Verfügung. Luft- und Wassertemperatur wird elektronisch reguliert. DieWarmblüter sind im Erdgeschoss untergebracht. Das gesamte Tierhaus verfügt über drei Klimazonen.

Mit den Nachbarn habe er keine Probleme, auch wenn manche Tiere, wie etwa ein Pfau, den Arras seit einiger Zeit beherbergt, durchaus Lärm verbreiten können. 2006 habe er für die Biedesheimer einen Tag der offenen Tür organisiert. "Sonst sind wir aber kein offenes Haus, wir machen auch keine Führungen", sagt Arras.

Neben der Arbeit in der Tierstation ist der gelernte Zootierpfleger beratend in Sachen Tierschutz und Tierhaltung. Außerdem beschäftigt er sich ausgiebig mit ethischen und auch politischen Fragen. Seine Philosophie, die er "Mitweltethik" nennt, gehe "weit über den Tierschutz hinaus" und sei seine "eigentliche Message". Er verurteile jenes Weltbild, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt. In seinen Texten, die er unter anderem auf seiner Internetseite veröffentlicht, finden sich dabei Formulierungen, die den meisten in ihrer Radikalität zu weit gehen dürften. Vom Menschen als "Monster der Evolution" ist da etwa die Rede. Ein Menschenfeind sei er dennoch nicht, beteuert Arras. "Aber man muss manchmal provozieren, um wahrgenommen zu werden."



INFO
Wer Peter Arras unterstützen möchte - als Helfer oder Spender - kann sich unter 06355/955609 mit ihm in Verbindung setzen.
Weitere Infos unter www.akt-mitweltethik.de

Aktion konsequenter Tierschutz (AKT)

*


Quelle:
mit freundlicher Genehmigung des Autors
erstveröffentlicht in:
Publikation: DIE RHEINPFALZ - Nr. 127
Regionalausgabe: Eisenberg / Aus der Region
Datum: Donnerstag, 4. Juni 2009


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juni 2009