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TIERVERSUCH/416: Aktuelle Entwicklungen (tierrechte)


tierrechte 1.09 - Nr. 47, Februar 2009
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Daten und Fakten
Tierversuche - aktuelle Entwicklungen

Von Stephanie Elsner


Im November legte die EU-Kommission den seit einem Jahr angekündigten Entwurf einer geänderten EU-Richtlinie zum "Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere" vor. In Deutschland ist die Zahl der "Versuchstiere" indessen erneut gestiegen. Und auch bei der Bundeswehr werden noch immer wehrlose Tiere in Experimenten missbraucht.


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EU-Tierversuchs-Richtlinie - keine drastische Wende

Bislang gilt die EU-Richtlinie 86/609, die Mindeststandards für Tierversuche vorgibt. Doch diese über 20 Jahre alte Richtlinie musste dringend überarbeitet werden, da bestimmte Gebiete, wie z. B. die Gentechnik, nicht enthalten sind. Die Richtlinie entscheidet über Leben und Tod von Millionen von Tieren in der EU. Bei ihrer Änderung besteht die Chance, Verbesserungen für die Tiere und Einschränkungen von Tierversuchen aufzunehmen - solange ein vollständiges Tierversuchsverbot noch nicht umsetzbar ist. Das Fazit des Bundesverbandes zum Entwurf: Die vorgesehene Verschärfung der Genehmigungsbedingungen und die Erhöhung der Transparenz sind Fortschritte, eine drastische Wende zugunsten tierversuchsfreier Verfahren fehlt jedoch. In einer ausführlichen Stellungnahme und in einer Pressemitteilung beanstandete der Bundesverband, dass die EU-Kommission nicht einmal die Affenversuche vollständig verbieten will. Immerhin sieht der Richtlinienentwurf vor, die ethische Bewertung der Tierversuche deutlich aufzuwerten. Die Genehmigungsbehörden sollen hierzu Sachverständige einsetzen. Insbesondere die rückwirkende Bewertung von Versuchen bedeutet einen gewaltigen Fortschritt. Sie soll bei Primatenversuchen zwingend erfolgen, bei anderen Tierarten entscheidet dies die jeweilige Genehmigungsbehörde. Auch die vorgesehene Informationspflicht gegenüber der Öffentlichkeit über durchgeführte Tierversuche ist ein wichtiger gesellschaftspolitischer Meilenstein. Allerdings handelt es sich bei allen Änderungen um Vorschläge, die in Forschung und Industrie auch auf Ablehnung stoßen. Der Bundesverband setzt sich in der nun folgenden Diskussion (EU-Ministerrat und -Parlament müssen dem Entwurf zustimmen) dafür ein, dass vorgesehene Änderungen des Entwurfs übernommen sowie weiter verbessert werden.


Erneuter Anstieg der Tierversuchszahlen

Die Zahl der in Experimenten eingesetzten Tiere ist auch im Jahr 2007 weiterhin gestiegen. Nach offiziellen Meldungen des Bundeslandwirtschaftsministeriums wurden in 2007 insgesamt 2.609.483 Wirbeltiere in Versuchen verwendet. Gegenüber 2006 ist die Gesamtzahl der Tiere um 3,6 Prozent gestiegen; dies entspricht 91.216 Tieren. Zunehmend kommen genetisch veränderte Tiere zum Einsatz, was offenbar stark zum Anstieg der Tierversuchszahlen beiträgt. Die am häufigsten verwendeten Tiere sind Nagetiere (82 Prozent). Hinzu kamen Affen, deren Zahl von 1.851 in 2006 auf 2.487 Tiere gestiegen ist. Aber auch mehr Hunde (4.794 gegenüber 4.260), Katzen (802 gegenüber 566) und Pferde (2.546 gegenüber 641) mussten in den Versuch. Die Zahlen zeigen, dass die Bundesregierung noch immer kein erfolgreiches Programm für Ersatzverfahren hat.

Zudem kritisiert der Bundesverband die von Bundesministerin Ilse Aigner angekündigte Expertengruppe, welche die Zahlen 2007 zwecks zukünftiger Reduzierungsmaßnahmen auswerten soll. Begründung: Eine solche Expertengruppe war bereits ergebnislos tätig. Hingegen fordert der Bundesverband die Einrichtung einer Statistik, die die Entwicklung und Anwendung tierversuchsfreier Verfahren in den einzelnen Bereichen dokumentiert. Nur so kann die Zunahme von Ersatzverfahren verfolgt werden.


Tierversuche bei der Bundeswehr

Auch bei der Bundeswehr finden noch immer Tierversuche statt. Seit 2004 hat sie Tausende Tierversuche durchführen lassen, um Auswirkungen von biologischen und chemischen Waffen zu erforschen. Mindestens 3.300 Tieren, darunter 18 Makaken-Affen, hat dies das Leben gekostet. Diese Versuche sind noch weniger transparent als sonstige Tierexperimente, da für die Durchführung des Tierschutzgesetzes in diesem Bereich "die zuständigen Stellen" der Bundeswehr selbst verantwortlich sind. Erfreulicherweise griff Anfang Dezember 2008 die Bild-Zeitung dieses Thema auf und bat den Bundesverband dazu um eine Stellungnahme. In dieser haben wir die Geheimhaltung kritisiert und einen Verzicht der Tierversuche gefordert.


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Quelle:
tierrechte - Nr. 47/Februar 2009, S. 16
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. März 2009